Abschied vom Sommer

so nah, so fern

der August geht zu Ende,

und damit der letzte Monat im Jahr ohne "R"

am 1. September beginnt der meteorologische Herbst, und da der September ein "R" im Namen trägt, soll man es sich nun gemäß einer alten Empfehlung nicht mehr auf der grünen Wiese bequem machen,

wir sollen Abschied nehmen von einer den Sommer über vielleicht gern praktizierten Gewohnheit, die Seele ein bisschen baumeln zu lassen

ein eher kleiner Abschied, den man verkraften kann, doch er ist nicht der einzige

daran wurde ich vor ein paar Tagen wieder eindringlich erinnert,

etwas war anders als sonst

es gab die ersten Morgennebel

und die ersten Spinnweben waren zu sehen

es war ein schöner Tag,

doch es war nicht mehr das gleiche Licht, wie noch die Tage zuvor

und die Mauersegler waren fort, und da heute am 30.August wieder mal der "Tag der verschwundenen" ist, kann man das ja mal erwähnen

man vermutet, dass Mauersegler das veränderte Licht erkennen,
und es als Zeichen deuten, die Rückreise anzutreten

Mauersegler wissen offenbar, was zu tun ist, wenn die Zeit dafür gekommen ist

viele waren es in diesem Jahr leider nicht, die schnell und elegant am Himmel ihre Kreise zogen,

etwa vier Monate waren sie hier, und etwa zwei Monate werden sie brauchen, um ihre zweite Heimat, südlich des Äquators, wieder zu erreichen,

im nächsten Jahr kommen sie wieder,

jedes Jahr zwei anstrengende Reisen,

und niemand hat sie gefragt, ob sie gern "gehen",

aber sie müssen nach Süden fliegen, um zu überleben, wie alle Zugvögel

Im Oktober werden die Schwalben ihnen folgen

doch sie werden zurück kommen

aber das war nicht alles,

die Vögel, die geblieben sind, singen nicht mehr

ein Hauch von Herbst liegt in der Luft,

und der Mai des Herbstes macht ernst damit, denn Ende des Monats wird der Tag etwa zwei Stunden kürzer sein als heute

doch Amseln, Meisen und andere sehen wir weiterhin in den Gärten,

vor einigen Wochen hatten sie noch ihre Jungen gefüttert, jetzt kommen sie nur noch, um für sich selbst ein paar Haferflocken zu holen,

allen voran Fritz und Heidi, Fritz ist eine schwarze Amsel, hat einen gelben Schnabel, und demzufolge ein Männchen,

Heidi, auch eine Amsel, und immer in seiner Nähe, trägt mehr braun, und hat einen dunklen Schnabel,

und so sind sie leicht zu unterscheiden,

manchmal kommen auch andere Amseln, und manchmal sogar, ohne sich gegenseitig zu beharken,

doch nur Fritz und Heidi kommen wie immer ganz nah, um ein paar Haferflocken zu frühstücken, und machen sich bemerkbar, wenn ihr Schälchen leer ist,

auch ein paar Meisen fliegen auf die Terrasse, und bedienen sich, einigen Fachleuten zum Trotz, gern aus der auf dem Boden stehenden Futterquelle,

aufgrund ihrer Verhaltensweise ist davon auszugehen, dass es immer dieselben sind, wir würden sie wiedererkennen, auch wenn sie längere Zeit verschwunden wären,

sofern sie ihre Gewohnheiten beibehalten

was aber ist, wenn Menschen verschwunden sind, würde man sie auch wiedererkennen nach langer Zeit

sollten sie sich verändert haben, ist das denkbar, aber nicht wahrscheinlich,

denn Menschen bleiben irgendwie immer dieselben

vielleicht haben sie ein paar Falten im Gesicht, bei näherem Hinsehen wissen wir, wen wir vor uns haben,

wobei es offenbar leichter ist von einem jüngeren Gesicht auf ein älteres zu schließen, als umgekehrt

ab und zu kann man das bei Schauspielern im Fernseher mal überprüfen

aber sollte es doch passieren, ist eine Situation entstanden, mit der man erst mal fertig werden muss

bei Wolken ist das anders

sie verändern sich ständig,

solange wir sie noch sehen,
können wir ihre Entwicklung miterleben,

und wenn sie schön ist, schauen wir ihr gern hinterher, und sie bleibt uns vertraut

wenn wir sie aus den Augen verloren haben, und sei es nur für ein paar Minuten, kann sie schon völlig anders aussehen,

schon eine kurze Zeit hat sie verändert,
vielleicht so sehr, dass es gar nicht mehr "unsere" Wolke ist,

es gibt sie nicht mehr

unsere Erinnerung an sie ist sinnlos geworden

bei Menschen, die verschwunden sind, kann unser Bild von ihnen kleiner werden,
sollten sie wieder vor uns stehen, ist auch die Erinnerung wieder da, egal, wie lang sie fort waren, 

da bin ich sicher

die Zeit, die vergangen ist, kann das nicht ändern

Menschen sind eben keine Wolken

Bürgerreporter:in:

Gerd Szallies aus Laatzen

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