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Rethener Informationstafel aus dem Jahre 1970 vor dem Sperrmüll gerettet

  • Bild 1: Linker Teil der Informationstafel der Gemeinde Rethen/Leine aus dem Jahre 1970
  • hochgeladen von Klaus Hoffmeister

Im Laatzener Ortsteil Rethen ist eine Informationstafel aus dem Jahre 1970 gefunden worden, die aus der Zeit der damals noch selbständigen Gemeinde Rethen/Leine stammt. Die 1,57 m breite und 1,13 m hohe Tafel hing früher in der Gemeindeverwaltung (heute Hildesheimer Str. 343) in Rethen. Im Zuge der Gebietsreform 1974, bei der sich mehrere Gemeinden zusammenschlossen, ging Rethen/Leine in der Stadt Laatzen auf und somit wurde die Laatzener Stadtverwaltung Eigentümerin der Tafel. So verstaubte sie auf dem Dachboden eines Kindergartens bis sie vor wenigen Wochen dort bei Aufräumarbeiten wiederentdeckt wurde. Da sich das Archiv der Stadt Laatzen an der inzwischen 43 Jahre alten Rethen-Tafel uninteressiert zeigte, sollte sie im Sperrmüll landen. Als der Rethener Ratsherr Tobias Münkner davon hörte, handelte er sofort und nahm die Tafel vorläufig in seine Obhut.

Ich hatte Gelegenheit die Tafel zu fotografieren, so dass ich sie hier vorstellen kann. Die Tafel ist in zwei Bereiche unterteilt. Auf der linken Seite (Bild 1) wird die Geschichte Rethens wie folgt geschildert:

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Gemeinde Rethen/Leine

Die geschichtliche Entwicklung

Die Deutung des Namens Rethen (ret = Ried = Schilfrohr und hen = Heim) läßt den Schluß zu, daß sich im Unterlauf der Bruchriede, einem Nebenbach der Leine, schon sehr früh Menschen angesiedelt haben. Funde aus vorgeschichtlicher Zeit bestätigen diese Annahme. Urkundlich wird Rethen erstmalig 1250 als Filialgemeinde von Gleidingen erwähnt, das zum Fürstbistum Hildesheim gehörte. Ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein Gotteshaus vorhanden war, ist nicht bekannt. Eine Kapelle ist erst 1448 verzeichnet. Aus der Überlieferung geht hervor, daß sie im 30-jährigen Krieg als Verbandsplatz gedient haben soll. Durch den Quedlinburger Vertrag (1523) fiel das Amt Coldingen und damit auch Rethen an das Herzogtum Calenberg.

Im Laufe der Jahrhunderte wechselte der Landesherr mehrfach. Damit verbunden war die Zuordnung der Kapelle zur Kirche in Grasdorf. Die Einwohner lebten in der Hauptsache von der Landwirtschaft. Im 16. Jahrhundert waren 6 Vollmeier-, 6 Halbmeier-, 27 Vollkötner-, 8 Halbkötner und einige Brinksitzerstellen vorhanden. Ein Teil davon war noch bis 1847 der Domäne Coldingen zinspflichtig.

Die Schule, ständig den Erkenntnissen einer fortschrittlichen Erziehung und Ausbildung angepaßt, befindet sich seit 1592 - der erste hauptamtliche Lehrer seit 1716 – am Ort. Die Einwohnerzahl blieb bis Mitte des 19. Jahrhunderts mit ca. 500 konstant.

Mit dem Bau der Eisenbahnlinie Hannover-Kassel, eröffnet am 30.4.1853, und der Straßenbahnlinie Hannover-Hildesheim, eröffnet am 22.03.1899, setzte eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung ein. 1876 wurden die Zuckerfabrik, 1899 die Überlandwerke (Energieversorgung) und 1902 das Kohlensäurewerk errichtet. In das gleiche Jahr fällt die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr. 1914/1915 wurde die Kapelle durch Anbau von Turm und Sakristei zur Kirche umgebaut.

Um die durch den 1. Weltkrieg, ihm fielen 62 Männer zum Opfer, entstandene Wohnungsnot zu mildern, gründeten Einwohner mehrere Bauvereine, die vornehmlich im Steinfeld – westlich der Bahnlinie – neue Wohngebiete erschlossen. Seit dem 15.9.1937 wird die Gemeinde hauptamtlich verwaltet. Der 2. Weltkrieg, die Gemeinde zählte 1939 ca. 1.700 Einwohner, forderte erneut erhebliche Opfer.

Ein Bombenangriff am 22./23.9.1943 zerstörte nicht nur mehrere alte Bauernhöfe, sondern auch Kirche und Schule. Durch Flucht und Vertreibung als Kriegsfolge stieg die Einwohnerzahl auf 3.200. Wieder galt es Wohnungsnotstände zu beheben.

Die Gemeinde stellte für den Wohnungsbau das notwendige Land zu günstigen Bedingungen zur Verfügung. So entstanden die neuen Siedlungsgebiete im Steinfeld und auf dem Galgenberg.

Die verkehrsgünstige Lage im Süden von Hannover (2 Bundesstraßen und Autobahn berühren eben elektrifizierter Eisenbahn und Straßenbahn den Ort) hat Rethen zu einem bevorzugten Standort für Wohnen, Handel und Gewerbe werden lassen. Der Auf- und Ausbau der kommunalen Einrichtungen trägt dieser Entwicklung Rechnung.

Im Jahre 1970

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Dieser Text ist vom damaligen Gemeindedirektor der Gemeinde Rethen/Leine, Herrn Jürgen Herwig verfasst worden, der inzwischen wieder in Rethen zu Hause ist. Nicht alles, so sagt er heute, würde er nochmals so formulieren.

Die Rethen-Tafel ist sicherlich kein besonders aufregender historischer Fund. Trotzdem enthält sie einige bemerkenswerte Elemente: So wird auf ihr die Rethener St. Petri-Kirche zeichnerisch so dargestellt, wie sie zwischen 1915 und 1943 existiert hat. Markantester Unterschied zur heutigen Ansicht ist der damals barock anmutende Turmhelm mit (4?) Turmuhren (siehe Bild 2).

Bild 3 zeigt die Rethener Gemeindeverwaltung, die 1955 vom Grafiker und Heraldiker Alfred Brecht (verstorben 1983) gezeichnet worden ist. Alfred Brecht hat nach dem 2. Weltkrieg auch das Rethener Wappen entworfen, das ebenfalls auf der Tafel abgebildet ist.

Die Rethen-Tafel ist im Jahre 1970 von den Firmen finanziert worden, die sich auf ihrer rechten Seite verewigt haben (siehe Bild 4). Über mehr als der Hälfte dieser Firmen ist die Zeit hinweggegangen; sie existieren nicht mehr. So zum Beispiel die in Bild 5 dargestellte Maschinenfabrik Wilhelm Strate, die gerade abgerissen wird. Andere Firmen, wie zum Beispiel die 1950 gegründete Adler Apotheke (Bild 6), erfreuen sich bester Gesundheit.

Wie sieht nun die Zukunft der Rethen-Tafel aus dem Jahre 1970 aus? Der Ratsherr Tobias Münkner ist stolz darauf, die Rethen-Tafel gerettet zu haben. Mit ihm sind viele Rethener der Meinung, dass die Tafel, die ein kleines Stück Ortsgeschichte repräsentiert, optimal im neuen Familienzentrum aufgehoben wäre. Herr Münkner hat deshalb die Ortsbürgermeisterin, Frau Helga Büschking, gebeten, diesen Vorschlag, der auch auf der Ortsratssitzung vom 18.02.2013 thematisiert worden ist, an die Laatzener Verwaltung heranzutragen. Leider bisher ohne jede Resonanz von dort. Darüber ist allerdings kein Rethener wirklich überrascht, denn zu oft ist über die Interessen Rethens nach Gutsherrenart hinwegregiert worden. Falls sich die Stadtverwaltung mit vorgeschobenen formalen Gründen gegen die Verbringung der Tafel in das Familienzentrum aussprechen sollte, was zu erwarten ist, wird für sie ein würdiges Asyl in Rethen gesucht. Vielleicht haben Sie ja eine Idee, wo die Tafel aufgehängt werden kann. Ihre Vorschläge sind willkommen!

Laatzen, 19.03.2013
Klaus Hoffmeister

  • Bild 1: Linker Teil der Informationstafel der Gemeinde Rethen/Leine aus dem Jahre 1970
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  • Bild 2: Links die Zeichnung der St. Petri-Kirche mit dem Turmhelm, wie er zwischen 1915 und 1943 existiert hat. Rechts St. Petri heute.
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  • Bild 3: Zeichnung von Alfred Brecht aus dem Jahre 1955
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  • Bild 4: Rechter Tafelbereich, auf dem die Firmen verewigt sind, die die Tafel 1970 finanziert haben.
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  • Bild 5: Zeichnung mit der Maschinenfabrik Wilhelm Strate. Ironie der Geschichte: In diesen Tagen werden die Gebäude abgerissen.
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  • Bild 6: Zeichnung mit der Adler Apotheke Rethen, die 1950 gebaut wurde.
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4 Kommentare

Ich bin wirklich entsetzt,
aber eigentlich doch wieder nicht, wie in Laatzen mit historischem Kulturgut, oder Baudenkmälern und Ehrenmalen umgegangen wird.Ich mag es kaum sagen , aber das ist wirklich eine Schande....
Diese gehören doch den Bürgern, und zwar allen , Neubürgern sowie Alteingesessenen, und diese sollten entscheiden, was damit passieren soll.Und es ist gut , das es weiterhin aufmerksame Bürger gibt, nicht nur in diesem Fall.
Wer nicht weiß, wo er herkommt, weiß auch nicht , wohin er geht.....

> "Naja, in der Kita sollte sowas eh nicht rumgammeln..."

Wieso Kita? Das ist doch ein Familienzentrum, in dem auch eine Kita integriert ist. Und da sollte es in der Tat nicht hin, sondern sozusagen in die Erwachsenenabteilung.

> "wie wäre es mit einer Schule?"

Die Tafel wäre in der Grundschule Rethen sicher gut aufgehoben. Zwei Gründe sprechen dagegen: Mir wurde gesagt, dass der Platz nicht da ist. Und außerdem wird der oberste Gutsherr, der sowohl für diese Schule als auch für das Familienzentrum zuständig ist, das Ansinnen wiederum ablehnen.

> "Oder gibt es nicht eine Heimatstube o.ä."

Gab es mal, soweit ich weiß damals von der Zuckerfabrik gesponsert. Mit der Zuckerfabrik starb auch die Heimatstube. Unwahrscheinlich, dass sie wiederkommt. Mir schwebt so eine Art "digitale Heimatstube" vor.

> "Das geht nicht nur Rethenern so ;)"

Ich weiß, sehr viele leiden unter den autokratischen Verhältnissen. Die Seilschaften nehme ich da mal aus. Wie ich gerade gehört habe, soll der oberste Gutsherr gerade von der Kommunalaufsicht wegen seines undemokratischen Verhaltens gemaßregelt worden sein. Das aber wird ihn nicht weiter stören.

In Pattensen haben wir einen "Förderverein Heimatstube Pattensen" in dem ich auch Mitglied bin. Wir versuchen auch "historische Überbleibsel" zu archivieren. So eine Tafel wäre auch dort gut untergebracht worden.
Noch etwas zur Rethener Geschichte. Wir Koldinger mussten dort lange Zeit immer zum Standesamt. Meine Eltern sind dort z. B. 1945 getraut worden.

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