Milchpreis

Überproduktion führt zu Preisverfall

Milchpreis

Das GK berichtete am 24.04.2009 in zwei Beiträgen „Milchbauern weiten ihre Proteste aus“ und „Dramatischer Verfall der Milcherzeugerpreise lässt Milchbauern um ihre Existenz fürchten – Betriebsaufgaben sind möglich“.
Die Milch bringt der deutschen Landwirtschaft rund ein fünftel ihrer Einnahmen. Es gibt rund 100.000 Milchbauern und rund 4,1 Millionen Milchkühe, die rund 28,4 Millionen Tonnen Milch produzieren, das sind rund 41 Milchkühe je Milchbauern und rund 7 Tonnen/Jahr und Milchkuh. Von dieser Inlandsproduktion werden rund 11 Millionen Tonnen (rund 44 Prozent) exportiert. Diesem Export steht ein Import von rund 10 Millionen Tonnen gegenüber. Bezogen auf den Inlandsbedarf haben wir also im Saldo eine Milchüberproduktion von rund 1 Million Tonnen (rund 3 Prozent) – und diese Überproduktion drückt die Erzeugerpreise.
Die EU versucht die in der EU erzeugten Milchmengen durch die „Milchquote“ zu steuern. Diese ist zur Zeit auf 145 Millionen Tonnen festgesetzt, steigt bis 2013 jährlich um 1 Prozent und soll in 2015 abgeschafft werden. Von dieser Milchquote bekommt jedes der 27 EU-Mitgliedsländer einen Teil zugeteilt, der dann weiter auf die einzelnen Milchbauern aufgeteilt wird.
Am Jahresende addieren die Molkereien die von jedem Bauern abgelieferten Milchmengen. Liegt die Gesamtmenge unter der dem EU-Mitgliedsland zugeteilten, dann geschieht nichts. Liegt die Gesamtmenge aber über dieser Landesquote, dann werden 15 bis 18 Cent je zu viel geliefertem Kilogramm Milch fällig. Das ist die so genannte „Saldierung“, deren Abschaffung vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter gefordert wird.
Bei dieser ganzen Rechnerei wird die Menge der Milch nach Gewicht, also in Kilogramm, gemessen, dabei gilt der „Umrechnungsfaktor“, der bei uns 1,02 ist, also 1 Liter Milch = 1,02 Kilogramm Milch. In anderen EU-Ländern gilt ein Umrechnungsfaktor von 1,03. Unsere Milchbauern fordern nun, diesen höheren Umrechnungsfaktor auch hier einzuführen. Dies würde praktisch einer Preiserhöhung von rund 1 Prozent entsprechen.
Diese komplizierten Regelungen können die Überproduktion nicht verhindern. Mit Wegfall der Milchquote will die Bundesregierung als neue Subvention den „Milchfond“ zugunsten der Milchbauern einführen, der den Steuerzahler mit rund 350 Millionen Euro belasten soll. Das Problem der Überproduktion wird damit aber auch nicht gelöst.
Man ließt, die Milchbauern fordern als kostendeckenden Erzeugerpreis 43 oder doch wenigstens 40 Cent pro Liter. Aber dann steht auch gleich dabei, der tatsächlich von den Molkereien seit Jahren gezahlte Preis läge bei 35 oder 30 ja seit kurzem bei nur noch 20 Cent oder gar noch darunter. Warum, wenn doch der erlöste Preis nicht kostendeckend ist, produzieren die Milchbauern noch? Gut, eine Kuh ist kein Lichtschalter, der in Sekunden nach belieben ein- und ausgeschaltet werden kann. Aber es ist auch bekannt, dass alljährlich rund 20 Prozent der Milchkühe ersetzt werden müssen, das sind bei unserem Bestand von 4,1 Millionen Milchkühen alljährlich rund 800.000 Kühe. Wenn nur alljährlich 100.000 weniger „erneuert“ werden, ist das Problem der Überproduktion sehr schnell erledigt – und noch schneller wird der Erzeugermilchpreis auf die gewünschten und angeblich erforderlichen Höhen steigen! Allerdings, unsere Milchkuh wurde seit Jahrzehnten auf eine immer größere Milchleistung mit immer höherem Fettgehalt gezüchtet – nun sind wir Opfer unseres eigenen Zuchterfolges (und das alles ganz ohne moderne Gentechnik!).
Der Erzeugermilchpreis ist kein Problem der Verbraucher, die wären bereit, einen höheren, angemessenen Preis zu zahlen. Er ist auch kein Problem des Handels oder der Molkereien und schon gar nicht der Politik. Er ist allein ein Problem der Milchbauern, die gegen den Markt kämpfen und dort nur verlieren können.
Richtig, es wird Betriebsaufgaben geben. Und jetzt können wir gemeinsam darüber nachdenken, wie den – nicht mehr erforderlichen – Milchbauern ohne Subvention und Straßenprotest ein neues Einkommen verschafft werden kann. Die Erzeugung von „Energiepflanzen“ ist eine Sackgasse, denn diese Idee ist schon vom Ansatz her falsch. Noch mehr Lebensmittel erzeugen, ist auch ein Irrweg, denn der subventionierte Export als „Hilfsgüter“ führt nur in den beschenkten Gebieten zu weiteren Hungersnöten, weil diese „Geschenke“ deren eigene Landwirtschaft zerstören. Wir werden also für rund 10.000 heutige Milchbauern sehr individuell eine neue Aufgabe und Erwerbsquelle im Inland suchen müssen, denn nur ein Teil von ihnen wird in die verdiente Altersruhe gehen können, für andere könnte die Landschaftspflege eine Lösung sein.

Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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