Königsbrunn - Eine Stadt zäunt sich ein
Am Anfang stand die Mauer. Sie schützte eine Gemeinschaft gegen Feinde von außen. Die Verteidigung wurde wesentlich erleichtert, auf der anderen Seite hatten es Angreifer schwer, ein durch Mauern geschütztes Gemeinwesen zu erobern.
Die Gemeinschaften wuchsen. Es entstanden Dörfer und Städte. Wo viele Menschen zusammen leben entpuppen sich Einzelne als Außenseiter oder nur dem eigenen Wohl verpflichtet, ohne Achtung vor dem Eigentum anderer. So fing man an, auch innerorts Mauern zu bauen. Einerseits um seinen Besitz zu sichern, andererseits um Straftäter einzusperren. Bis heute sind Gefängnisse durch meterhohe Mauern geschützt. Als Schutz wurden auch die Chinesische Mauer, die Berliner Mauer und die Mauer auf den Westbanks gebaut.
Irgendwann entdeckte der Mensch seine Individualität und Intimsphäre. Anstatt sie durch Mauern abzuschirmen, suchte man nach einfacheren Mitteln. Mit Hecken und Zäunen wollte man sich vom Nachbarn abgrenzen und neugierigen Blicken entziehen. Und man schützte nun alles was einem schützenswert erschien: Kinder, Haus, Garten, Rinder, Geflügel und das Tagungshotel in Heiligendamm.
Die zunehmenden Probleme mit Vandalismus veranlassten Gemeinden, sogar Schulhöfe und Spielplätze einzuzäunen. In Königsbrunn wurde vor einigen Jahren auch der Kunstrasen-Sportplatz mit einem hohen Zaun umgeben. Jemand hatte durch ein Lagerfeuer einen Teil des teuren Rasens schmelzen lassen. Als der Skaterplatz am Rande des Sportparks West eröffnet wurde, war schon nach wenigen Tagen der hölzerne Pavillon durch Vandalismus in Mitleidenschaft gezogen. Teile davon fand man im angrenzenden Weiher wieder. Der Stadtrat beschloss, den Schaden nicht zu beheben und den Pavillon zu belassen wie er war, ohne Zaun.
Immer wieder beschwerten sich Königsbrunner Bürger, dass das Kneippbecken durch Glasscherben zeitweise unbenutzbar war. Ein Wunder, dass sich niemand ernsthafte Verletzungen zuzog. Erst als man rund um das Kneippbecken den „Pfad der Sinne“ anlegte, wurde das gesamte Gelände eingezäunt. Der Eindruck eines großen Laufstalls ist dabei nicht ganz abwegig. Abends um 22 Uhr wird das Tor abgesperrt und früh morgens wieder aufgeschlossen. Der jüngste Zaun schützt unser wertvolles Globium. Aber nicht allein ein Zaun, sondern wie im Mittelalter auch ein Wassergraben, soll Vandalen, Spraykünstler und sonstige unwillkommene Besucher fern halten.
Könnte es sein, dass künftig alle städtischen Einrichtungen eingezäunt werden? Oder wäre es möglich, neue Errungenschaften so zu gestalten, dass sich eine partielle Einzäunung Königsbrunns vermeiden lässt? Mir graut, wenn ich an die zentrale Bushaltestelle und spätere Endhaltestelle der Straßenbahn denke. Denn geht es so weiter, muss sie durch einen Zaun geschützt werden, abends nach dem letzten Bus abgesperrt und morgens vor dem ersten wieder zugänglich gemacht werden. Und dann kommt irgendwann das Kulturhaus, vielleicht ein neues Rathaus usw. Wollen wir überall Zäune aufstellen? Nein, wir müssen Königsbrunn so gestalten, dass Zäune zum Schutz vor unseren eigenen Bürgern überflüssig sind.
Hallo,
mein Name ist Ralph Axiomakarou und ich bin seit Mai 2009 neuer Streetworker in Königsbrunn.
Ich weiß, dass diese Beiträge schon eineinhalb Jahre alt sind, möchte sie aber doch kommentieren.
Auch ich fände es schön, wenn eine Stadt wie Königsbrunn sich nicht einzäunen müsste. Zumal auch ich Zäune nicht als wirkliche Hindernisse betrachte, sondern eher als Überwindung des Gewissens.
Seit ich vor drei Monaten in Königsbrunn angefangen habe, habe ich sehr viele Jugendliche auf der Strasse kennen gelernt. Die meisten von ihnen sind weder Vandalen noch wollen sie irgend etwas zerstören!
Aber leider gibt es auch in der großen Gruppe der Jugendlichen ein paar wenige "Unverbesserliche", die manchmal auch unter Alkoholeinfluß Allgemeingut zerstören und alle Jugendliche leiden darunter.
Ich bin der Meinung, Glasscherben und Zigarettenkippen haben auf Kinderspielplätzen und vor Schulen oder Kindereinrichtungen nichts, gar nichts verloren. Ebenso verurteile ich Vandalismus und die Zerstörung von Gemeingut wie Bänken und Parkanlagen.
Aber ich glaube, dass wir in der heutigen Zeit in einer Stadt in der Größe Königsbrunns leider nicht wirklich alle Menschen (jugendlich oder erwachsen) dazu bekommen, dass sie Gemeingut schützen und pfleglich behandeln. Die Grillplätze am Ilsesee werden nicht nur von Jugendlichen vermüllt hinterlassen, viele erwachsene Raucher schmeißen ihre Kippe einfach weg... Wo lernen die Jugendlichen denn ihr Verhalten?
Dies ist weniger eine Frage der privaten, familiären Erziehung, sondern vor allem eine Frage der Gesellschaft. Natürlich spielt die private Erziehung eine große Rolle in der Entwicklung eines jungen Menschen, aber viele andere Umstände (Freundeskreis, aktuelle Trends...) lassen sich durch die Familie nur schwer beeinflussen.
Wenn aber in unserer Gesellschaft beispielsweise die Alkoholindustrie die Jugendlichen als Konsumenten entdeckt und bewirbt, und wir dies zulassen, brauchen wir nicht zu erwarten, dass die Jugendliche nicht trinken. Wenn wir vielen Jugendlichen keine oder nur eine schlechte Zukunftsperspektive bieten, brauchen wir uns über eine negative Grundstimmung unserer Gesellschaft gegenüber nicht wundern. Dies sind nur einige Beispiele, wie die Gesellschaft und ihr Umgang mit jungen Menschen, die unsere Zufunft sind umgehen.
Trotz alledem bin ich überzeugt, dass wir im Gespräch und mit Geduld und einem menschlichem Umgang gemeinsam viele dieser Probleme in den Griff bekommen können. Aber wie schon in einem der Beiträge erwähnt, funktioniert dies nur, wenn wir zusammen arbeiten.
Deshalb biete ich Ihnen allen (auch der Sicherheitswacht) an, gerne mit mir Kontakt auf zunehmen, um gemeinsam zu agieren.
Ich bin zwar alleine unterwegs und kann auch keine Wunder bewirken, aber ich glaube, dass ich ein Mittelsman zwischen den Jugendlichen und den Erwachsenen sein kann und gegenseitige Erwartungen und Bedürfnisse übermitteln kann.
Zumal viele Jugendliche nicht so schlecht sind, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt werden und sie sich auch leider selber darstellen.
Meine Handynummer ist 0151 / 58 12 00 50
Meine E-Mail r.axiomakarou@kjr-augsburg.de
Ich freue mich auf Reaktionen von Ihnen
Liebe Grüße
Ralph Axiomakarou