"Königsbrunn hat ein neues Gesicht bekommen"
Ein Interview mit Königsbrunns 1. Bürgermeister Franz Feigl
myheimat: Herr Feigl, wieder liegt ein ereignisreiches kommunalpolitisches Jahr hinter Ihnen. Lassen Sie uns mit Königsbrunns Hauptverkehrsachse beginnen. Die Baumaßnahmen zur Umgestaltung im zentralen Bereich der Bürgermeister‐Wohlfarth‐Straße konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Am 13. September 2024 stand die feierliche Wiedereröffnung auf dem Programm. Wie haben Sie diesen Tag erlebt und welche Bedeutung hat er auf dem Weg zu einem neuen urbanen Zentrum?
Feigl: Der Tag war für mich geprägt von Dankbarkeit und Erleichterung. Diese unzähligen rot-weißen Absperrvorrichtungen waren weg. Man konnte wieder von Nord nach Süd und umgekehrt durchfahren. Wenn eine Stadt ihre innere Hauptverkehrsachse grundlegend umgestaltet und davor die Sparten (Wasser, Strom, Telekommunikation, Gas) sanieren lässt, sind die Anwohner und vor allem die anliegenden Geschäfte unmittelbar betroffen und in ihrer Existenz gefährdet. Aufgrund der Lage und Bedeutung dieser Straße für die ganze Stadt Königsbrunn waren durch diese Maßnahme alle Königsbrunnerinnen und Königsbrunner betroffen.
Königsbrunn hat jetzt erstmals eine Mitte, die jeder sofort erkennt. Man könnte auch sagen, Königsbrunn hat ein Stück weit neues Gesicht bekommen. Nach der Verlängerung der Straßenbahnlinie nach Königsbrunn und der Eröffnung des Bürgerservicezentrums ist das der dritte große Meilenstein für die Entwicklung eines Zentrums, auf das die Königsbrunnerinnen und Königsbrunner – zugegebenermaßen etwas ungewohnt – ein bisschen stolz sein können. Das ist der Auftakt für die weiteren Entwicklungen rund um die neu gestaltete Straße. Als nächster Schritt steht in den nächsten Jahren an, den Europaplatz neu zu gestalten, um auch hier das bisherige gute gastronomische Angebot mit einer noch ansprechenderen Platzqualität zu versehen und dem neuen Platz einen Rahmen zu geben.
myheimat: Ebenfalls zentraler Bestandteil von Königsbrunns „Vision Zentrum 2030" sind die Pläne für das neue Forum. Die steigenden Baukosten und die Inflation schienen dieses Projekt in weite Ferne rücken zu lassen. Doch plötzlich kam überraschende Unterstützung aus Berlin. Eine Innovationsklausel macht dies möglich. Die Förderung des Bundesbauministeriums könnte bis zu 28 Millionen Euro abdecken. Das Forum wird somit zum „Pionier‐Projekt“, wie Bauamtsleiter Werner Lohmann formuliert. Allerdings muss sich die Stadt beeilen, um an die Förderung zu kommen. Bis 2030 muss das moderne Forum im Wesentlichen stehen. Kann dieser ehrgeizige Zeitplan eingehalten werden?
Feigl: Der Zeitplan kann funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen und Naturkatastrophen ausbleiben. Dazu müssen die Beschlüsse des Stadtrates termingerecht möglich sein, die geplante Refinanzierung muss funktionieren, alle Planer und alle am Bau Beteiligten müssen leistungsfähig und termingerecht möglichst mangelfrei zusammenarbeiten.
myheimat: Können Sie unseren Leserinnen und Lesern in ein paar Sätzen erklären, wie das neue Forum aussehen wird und welchen „Mehrwert“ die Königsbrunner Bürgerinnen und Bürger von diesem Pionier‐Projekt haben werden?
Feigl: Sowohl im Freibereich als auch im Innenbereich werden Räume mit einer anderen Art von Aufenthaltsqualität geschaffen. Entlang des derzeitigen Restbestandes der ehemaligen Königstherme wird ein Foyer entstehen, von dem aus künftig Stadtbücherei, Musikschule, Kulturbüro, Stadtarchiv samt aller Museen und auf der Südseite ein Café/Bistro erschlossen werden. Diese Einrichtungen werden modern und neu gestaltet und finden im Restbestand Platz. Dort kann dann jeder ohne Konsumzwang verweilen – ob er in der Bücherei ein Buch liest, im Foyer oder im Café Zeitung liest, sich unterhält, frühstückt oder brotzeitet, auf das Kind in der Musikschule wartet, das Treiben am Kulturbüroschalter oder gar Führungen im Museum beobachtet.
Auf der derzeitigen Wiese wird an dieses Foyer der Veranstaltungssaal angebunden. Dieser soll den Kulturschaffenden genauso zur Verfügung stehen, wie für Betriebsfeierlichkeiten, Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläumsfeierlichkeiten usw.
Durch das Zusammenlegen aller dieser kulturellen Bereiche an einem Ort wird künftig weniger Personal mehr Angebot mit längeren Öffnungszeiten bewältigen können. Ohne höhere Betriebskosten, wie z.B. Heizung, Strom, Reinigung, Versicherung, kann das kulturelle Angebot erweitert werden.
myheimat: Ein weiteres Großprojekt, das sich kostentechnisch in einer ähnlichen Region wie das Forum bewegt, ist die Zusammenlegung der Mittelschulen an der Römerallee. Was genau wird gemacht und wie sieht der Fahr‐ und Zeitplan für dieses Projekt aus?
Feigl: Südlich des bestehenden Schulgebäudes an der Römerallee soll ein eigenständiger Bau entstehen, der mit einem Verbindungsbau an den Bestand angebunden wird. Die Mittelschule ist mit derzeit 24 Klassenzimmern plus Fachräume, Lehrerzimmer, etc. die größte Schule in Trägerschaft der Stadt Königsbrunn. Daneben soll die Zweifachturnhalle um ein Turnhallenteil – wenn möglich – zu einer Dreifachturnhalle erweitert werden. Nach derzeitigem Stand soll 2028 mit den Bauarbeiten begonnen werden.
myheimat: Eine weitere geplante Baumaßnahme in Königsbrunns Zentrum sorgte für reichlich Diskussionsstoff. Die städtische Wohnbaugesellschaft GWG plante zwischen Europaplatz und Steingasse drei Gebäude mit 28 Zwei‐ und Dreizimmerwohnungen. Nun stellt sich die Verkehrssituation in der Steingasse, der einzigen Zufahrt zum Neubau, alles andere als einfach dar. Sie ist wegen ihrer geringen Breite von dreieinhalb Metern nur in eine Richtung befahrbar. Ist ein Ringverkehr der Ausweg aus diesem Dilemma? Ein Ringverkehr wurde diskutiert. Wie ist der aktuelle Stand?
Feigl: Inzwischen plant die GWG nur noch zwei Gebäude mit insgesamt 22 Zwei- und Dreizimmerwohnungen. Die Verkehrssituation ist dadurch gelöst, dass keine Tiefgarage gebaut wird und die bisherige Zufahrt für die Tiefgarage nunmehr als Erschließungsstraße für die beiden Gebäude dienen wird.
myheimat: Wohnraum soll auch im Norden der Stadt an der Ilseseekreuzung entstehen. 88 Wohneinheiten sind geplant. Inwieweit bringen die beiden Bauprojekte Königsbrunn voran in puncto bezahlbarer Wohnraum?
Feigl: Das oben genannte Bauvorhaben der GWG beinhaltet nur Eigentumswohnungen, die aber bis heute fast ausschließlich Königsbrunner beziehen wollen, deren Immobilien dann frei werden. Insofern ergibt sich auch dadurch ein Effekt für bezahlbare Gebrauchtimmobilien. Das an der Kreuzung Augsburger Straße / Haunstetter Straße geplante Gebäude wird ein Mietwohngebäude mit gefördertem Wohnbau und unterschiedlichen Wohnungsangeboten mit entsprechend unterschiedlichen Miethöhen. Dieses Wohngebäude würde sicherlich zur Befriedigung der Nachfrage nach Mietwohnraum beitragen.
myheimat: Ein wichtiges zukunftsträchtiges Politikfeld ist auch das Thema „Energie“. Die Stadt Königsbrunn ist nicht mehr beim European Energy Award dabei. Der Stadtrat hat beschlossen, das EEA‐Programm vorerst nicht fortzuführen. Ein Rückschlag für den Klimaschutz?
Feigl: Der European Energy Award ist eine Auszeichnung, die eine Kommune erhalten kann, wenn sie in bestimmten Kategorien (Energieeinsparung, Verkehr, Umweltbildung etc.) vorgegebene, klar definierte Anforderungen mit eigenen Maßnahmen erfüllt. Das geschieht in einem regelmäßig dreijährigen Prozess, bei dem uns eine Mitarbeiterin eines Umweltinstituts begleitet. Nachdem die Anforderungen für die nächsten Jahre massiv angehoben wurden und wir noch viele der Maßnahmen des EEA-Konzeptes umzusetzen haben, bedeutet das Aussetzen dieses Programms eine Pause bei der Konzeptfortschreibung und eine Konzentration auf die Umsetzung der im European Energy Award bereits planerisch eingeflossenen, aber noch nicht begonnenen klimaschützenden Maßnahmen.
myheimat: Aktuell wird zusammen mit 16 Kommunen aus dem LAG Begegnungsland Lech‐Wertach und der ILE „Zwischen Lech und Wertach" ein interkommunaler digitaler Energienutzungsplan vom bifa Umweltinstitut erstellt. Die Fertigstellung der Energiestudie wird für Anfang 2025 erwartet. Mit Inkrafttreten des Wärmeplanungsgesetzes ist die Stadt Königsbrunn verpflichtet, eine kommunale Wärmeplanung bis Mitte 2028 umzusetzen. Wie werden Königsbrunner Bürgerinnen und Bürger künftig heizen können?
Feigl: Ob und mit welcher Alternative Königsbrunner Bürgerinnen und Bürger künftig eventuell heizen können, soll ja gerade diese Wärmeplanung aufzeigen. Insbesondere soll klar werden, ob und wo sich welche Form von Nah- oder Fernwärmenetzen mit welchen benötigten Vorlauftemperaturen anbieten.
myheimat: Am 10. Mai 2024 wurde das Regionalwerk Lech‐Wertach‐Stauden gegründet. Welchen Rang nimmt dieses Kommunalunternehmen im Hinblick auf die Energieversorgung ein?
Feigl: Das Regionalwerk Lech-Wertach-Stauden soll die Kommunen bei der Umsetzung der Energiewende unterstützen, es ist die koordinierende, planende und umsetzende Hand der Kommunen, es soll das Werkzeug der Kommunen sein. Es geht darum, Photovoltaik auf die kommunalen Dächer zu bringen, großflächige Photovoltaikanlagen möglichst landwirtschafts- und umweltverträglich zu realisieren, die Wärmeplanung und deren teilweise Umsetzung in den Kommunen zu begleiten und vieles mehr.
myheimat: Um für die Zukunft gewappnet zu sein, muss sich die Stadt Königsbrunn auch besser auf Starkregenereignisse und Unwetter vorbereiten. Als Stichwort sei hier „Sturzflutmanagement“ genannt. Die Brunnenstadt erlebte beim Hochwasser am ersten Juniwochenende zwar keine vom Regen gebildete Seen und es mussten auch keine Menschen aus den Fluten mit Helikopter gerettet werden, aber dennoch stand Wasser in den Kellern. Das Grundwasser‐Problem bleibt. Ende Juni regnete es dann nochmals heftig. Was kann die Stadt präventiv tun, um die Folgen derartiger Naturereignisse abzumildern und im Idealfall sogar zu verhindern?
Feigl: Als erste Maßnahmen werden die bestehenden Grundwassermessstellen um einige weitere ergänzt. Diese sollen so an unsere Homepage angebunden werden, dass jeder für sein Anwesen erkennen kann, ob Gefahr droht. Damit soll den Menschen zum einen der Stress genommen werden, dass sie ständig Wettervorhersagen studieren, um das Gefährdungspotential abzuschätzen. Zum anderen sollen die Menschen frühzeitig geeignete Maßnahmen in ihren Kellern ergreifen können. Daneben werden wir auf dem Sturzflutmanagement aufbauend konkrete Maßnahmen erarbeiten, um die Folgen solcher Naturereignisse wenigstens abzumildern. Hier geht es darum, das Niederschlagswasser möglichst flächig zu versickern und – wenn es zu viel wird – ableiten zu können. Das wird die Stadt Königsbrunn allerdings Jahrzehnte beschäftigen. Ein besonders neuralgischer Punkt ist die Kreuzung Wertachstraße/Augsburger Straße/Hunnenstraße, an der nicht das Grundwasser, sondern das Oberflächenwasser Probleme bereitet. In den Jahren 2023 und 2024 wurde diese Kreuzung mehrmals überflutet und musste tagelang gesperrt werden. Private Grundstücke wurden infolgedessen überflutet, Tiefgaragen und Gewerbegrundstücke waren betroffen. Um dies zukünftig soweit möglich zu verhindern, plant die Verwaltung an dieser Stelle technische Maßnahmen. Diese werden möglicherweise aus einem System von Rückhalte- und Versickerungsmulden sowie Schächten bestehen und sollen schnellstmöglich realisiert werden.
myheimat: Kommen wir noch zu einem unerfreulichen Gesprächsgegenstand. Die Königsbrunner Pharmpur EISARENA musste aus Brandschutzgründen geschlossen werden. Die Halle wird ja nicht nur für Eishockey und Eislaufen genutzt, sondern ist auch eine wichtige Veranstaltungsstätte für beliebte Königsbrunner Events wie das EHC Happy Weekend oder das „Mammut‐Festival“. Wie geht es mit der Sportstätte nun weiter?
Feigl: Der erste Teil der Brandschutzsanierung ist erfolgt und die Eisarena kann für den Eissport wieder benutzt werden. Wenn es der Stadtrat im Dezember beschließt, wird die weitergehende Ertüchtigung der Eisarena 2025 fortgesetzt, um künftig wieder große Veranstaltungen durchführen zu können.
myheimat: Schließen wir unser Jahrbuch‐Interview mit etwas Erfreulichem ab. Die Anwohner der Straßenbahnlinie 3 dürfen sich freuen: Dämpfer und Schmieranlangen werden künftig den Straßenbahnlärm reduzieren. Was versprechen Sie sich von dieser Maßnahme und was kostet sie die Stadt Königsbrunn?
Feigl: Mit diesen Maßnahmen soll der Schallschutz insgesamt verbessert und der besonders quietschende Straßenbahnlärm entschärft werden. Die Kosten für die Stadt Königsbrunn können allerdings erst konkreter beziffert werden, wenn uns der Förderbescheid der Regierung von Schwaben vorliegt, auf den wir sehnsüchtig warten, um mit der Ausschreibung und Umsetzung der Maßnahmen beginnen zu können. Außerdem benötigen wir für die Kostenbelastung der Stadt Königsbrunn die Angebote. Momentan schätzen wir die Kostenbelastung Königsbrunns mit voraussichtlich ca. 550.000 €.
myheimat-Team:Joachim Meyer aus Friedberg |
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