"Der 12. Dezember war ein historischer Tag für Königsbrunn": Ein Interview mit Bürgermeister Franz Feigl über die neue Straßenbahnlinie 3 und weitere Brennpunkte der Kommunalpolitik
myheimat: Herr Feigl, die Entwicklung des Königsbrunner Zentrums ist schon seit einigen Jahren ein viel diskutiertes Thema in der Stadtpolitik. Beginnen wir mit der Umgestaltung der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße. Die Arbeiten an der Hauptverkehrsachse sind Bestandteil der „Vision Zentrum 2030“, eines Gesamtkonzepts zur großräumigen Umgestaltung zwischen Rathaus und Sportpark West zu einem urbanen Zentrum. Wie zufrieden sind Sie nun – am Ende des Jahres – mit dem Fortschritt der Bauarbeiten?
Feigl: Die „Vision Zentrum 2030“ hat die Gestaltung eines zukunftsfähigen, belebten Zentrums zum Ziel, das Raum für Begegnung, für Gastronomie, Handel und Erlebnis in einem natürlichen Umfeld schafft. Das beinhaltet ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Ein wesentlicher Teil davon ist die Umgestaltung der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße zu einem Boulevard. Hier fanden 2021 planmäßig zwischen Kreissparkasse und Kino die Spartenarbeiten, d.h. Erneuerungs- und Verlegungsarbeiten in den Bereichen Wasser, Strom, Gas und Telekomunikation, statt. Nachdem die Straße für die nun folgende Herstellung der Oberfläche komplett gesperrt werden muss, ruht die Baustelle im Winter. Damit die Vollsperrung möglichst zeitlich begrenzt werden kann, sollen Verzögerungen durch Frost vermieden werden. Wir liegen im Zeitplan und damit können wir angesichts der aktuellen Verfügbarkeit von Baufirmen und Baumaterial sehr zufrieden sein.
myheimat: Eine weitere Großbaustelle im Herzen von Königsbrunn ist die Marktstraße 3. Hier entsteht ein großer Büro- und Wohnkomplex, in dem das neue Bürgerservicezentrum der Stadt Königsbrunn, die Polizeidienststelle, Kursräume der VHS, 22 Mietwohnungen und Praxen im Herbst kommenden Jahres ihre Heimat finden werden. Das Bauprojekt wird von der Gesellschaft für Wohnungsbau und Gewerbeansiedlung der Stadt Königsbrunn (GWG) realisiert. Welche Bedeutung hat dieses Projekt für die gesamte Brunnenstadt?
Feigl: Wie es auch die Untersuchungen im Rahmen des InSEK (des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes) bestätigt haben, brauchen wir für eine Stadtentwicklung, die Identität stiftet und den Zusammenhalt der hier lebenden Menschen fördert, Plätze und Räume für Begegnung. Das gilt für die einzelnen Stadtquartiere wie auch für die „Vision Zentrum 2030“. Wenn wir nun im Zentrum rund um den gerade entstehenden Boulevard der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße Plätze gestalten wollen, auf denen Begegnung stattfinden soll, dann brauchen wir zunächst auch viel mehr Menschen, die im Zentrum leben. Dazu leistet das Gebäude mit 22 sicheren Mietwohnungen einen wichtigen Beitrag. Das Bürgerservicezentrum im Erdgeschoß ermöglicht den Besuchern des Einwohnermelde-, Pass-, Fund-, Gewerbe- und Ordnungsamtes, des Rentenberatungs- wie Sozialbüros, der Straßenverkehrsbehörde, des Polizeidienstzimmers und des KuKiJuFa künftig ihre Behördengänge in einem großzügigeren und angenehmeren Wartebereich mit Ticketsystem zeitgemäßer und komfortabler an einem Ort abzuwickeln. Dadurch können auch mittelfristig – nach allen Umzügen – Räume, die momentan für das Rathaus als Büroräume fungieren, wieder als Wohnungen zur Verfügung gestellt werden. Ganz neue Möglichkeiten bieten die künftigen Räume samt moderner Ausstattung für die VHS (Volkshochschule Augsburg Land). Hier entstehen ein Gymnastikraum, ein Vortragsraum für ca. 70 Personen, drei Unterrichtsräume und ein EDV-Schulungsraum, die nun erstmalig den ganzen Tag über entsprechend genutzt werden können.
myheimat: Ein weiterer Baustein der Zentrumsplanung könnte die Entwicklung des Europaplatzes sein. Vorstellbar wären auf dem Areal beispielsweise Gastronomie und Platz für Veranstaltungen. Wie sieht Ihr Europaplatz der Zukunft aus?
Feigl: Der Europaplatz soll durch eine am nördlichen und östlichen Rand stattfindende Bebauung gefasst und die Rathausstraße in diesem Bereich zur Platzfläche dazu genommen werden. Durch das Kino, die bestehende Gastronomie, die Planungen im Bereich des Hotel Zeller und die Möglichkeiten für ergänzende Gastronomie, Handel und Dienstleistungen im neuen Gebäude soll hier ein attraktiver Raum für Begegnung und kulinarische Vielfalt entstehen – ein Highlight für Königsbrunn!
myheimat: Wesentlich schwieriger gestalten sich die Pläne für die Entwicklung auf der Rathauswiese. Hier gehören der Stadt nicht alle notwendigen Grundstücke. Nicht alle Eigentümer wollen ihren Grund verkaufen. Hinzu kommt noch ein massiver Anstieg der Bau- und Bodenpreise in Königsbrunn. Auch könnten höhere Baukosten und damit verbundene höhere Mieten potentielle Investoren abschrecken. Haben Sie für sich bzw. die Stadt Königsbrunn schon eine „preisliche Schmerzgrenze“ für den Kauf von Grundstücken definiert?
Feigl: Nachdem manch ein Eigentümer sein Grundstück zunächst einmal überhaupt nicht verkaufen möchte, spielt auch ein Kaufpreis keine Rolle. Im Übrigen muss sich die Stadt Königsbrunn aufgrund haushaltsrechtlicher Vorgaben an den jeweils aktuellen Verkehrswerten orientieren.
myheimat: Im Bereich zwischen Kino und St.-Johannes-Straße könnten noch zusätzliche neue Wohnbauten und ein Parkhaus entstehen. Was halten Sie von dieser Option?
Feigl: Wie gesagt, für eine Belebung und Attraktivierung des entstehenden Zentrums brauchen wir Menschen. Dafür sind Wohngebäude und Parkmöglichkeiten insbesondere für Besucher die Voraussetzung. Gerade für die Belebung des künftigen Europaplatzes brauchen wir Parkmöglichkeiten. Allerdings sehe ich hier kein Parkhaus im eigentlichen Sinne. Vielmehr geht es um ein oder mehrere Gebäude, die eine Parkgarage oder Parkdecks mit Geschäften und Wohnungen verbinden. Hier geht es darum, eine für Königsbrunn passende Lösung an dieser Stelle zu finden.
myheimat: Heiß diskutiert wurde auch im abgelaufenen Jahr über die Zukunft des Königsbrunner Thermenareals. Ein eigener Museumsneubau scheint vom Tisch zu sein. Favorisiert wird nun eine andere Lösung. Die Museen sollen in den Forumsbau integriert werden. Wie sieht Ihre Vision für das Thermenareal aus?
Feigl: Für mich ist dieser Bereich zwischen Gymnasium, Haltestelle „Königsbrunn Zentrum“, Hydro-Tech eisarena, Königsallee und Alter Postweg das „Forum Königsbrunn“: ein Raum für Begegnung durch Veranstaltungen. Hier sehe ich den Veranstaltungssaal, die kulturellen Einrichtungen wie das Kulturbüro, die Stadtbücherei, die Museen und die Musikschule genauso wie ein Café und die ein oder andere Gastronomieeinheit, einen Abenteuerspielplatz und den zentralen, an der Haltestelle „Königsbrunn Zentrum“ gelegenen Platz für den Niklausmarkt, für Stadtfeste und Feiern.
myheimat: Im Jahr 2021 wurden auch die Planungen für das neue Baugebiet im Königsbrunner Osten vorangetrieben. Ein Viertel der Grundstücke wird von der Stadt selbst im Einheimischenmodell vermarktet. Dürfen sich junge Königsbrunner Familien also berechtigte Hoffnungen darauf machen, günstiges Bauland zu erhalten?
Feigl: Wenn alle 92 Miteigentümer die notwendigen notariellen Verträge unterschrieben haben, was ich mir für die ersten Monate in 2022 erhoffe, dann können die Verfahren weitergeführt werden und Königsbrunner Familien auf relativ günstiges Bauland hoffen.
myheimat: Ab wann können sich berechtigte Interessenten um Baugrundstücke im neuen Baugebiet bewerben?
Feigl: Mit dem Start des Bewerbungsverfahrens ist realistisch in der zweiten Jahreshälfte 2022 zu rechnen. Das genaue Datum werden wir rechtzeitig bekannt geben. Es hängt von den oben genannten Vertragsunterzeichnungen und den daran anschließenden Verfahren zur Erstellung des Bebauungsplanes und der Umlegung ab. Bisher haben sich mehrere Hundert Interessenten gemeldet.
myheimat: Hat eine Familie mit Kindern dann einen Bauplatz gefunden, ein Haus gebaut und sich in Königsbrunn niedergelassen, stellt sich als nächstes die Frage nach der Kinderbetreuung. Wie beurteilen Sie am Ende des Jahres 2021 die Betreuungssituation in Königsbrunn?
Feigl: Räumlich konnten wir auch in diesem Kindergartenjahr den Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen decken. Allerdings stehen unsere Träger der Kindertagesstätten vor dem Problem, dass sie immer öfter nicht alle Plätze belegen können, weil die für die Betreuung der Kinder benötigten Erzieher/-innen und Kinderpfleger/-innen nicht verfügbar sind. Der erhebliche Fachkräftemangel in diesem Bereich ist schon längst bei uns angekommen. Daher sind wir gespannt, ob nach der gerade begonnenen Generalsanierung und Erweiterung der Kindertagesstätte „Zur Göttlichen Vorsehung“ auf drei Kindergarten- und zwei Kinderkrippengruppen auch die benötigten Fachkräfte gefunden werden können. Das gilt natürlich auch für die geplante Kindertagesstätte im neuen Baugebiet.
myheimat: Mit der Straßenbahn von Kö zum Kö. Dieser Traum existiert schon seit 40 Jahren. Am 12. Dezember 2021 wurde er nun Realität. Die Linie 3 verbindet die größte Stadt im Landkreis mit dem Augsburger Königsplatz. Welche Bedeutung hat dieser Tag für Sie persönlich?
Feigl: Der 12.12.2021 war ein historischer Tag für Königsbrunn. Die Straßenbahnlinie 3 hat den Betrieb aufgenommen. Ein gewaltiges Infrastrukturprojekt, das 2014 noch unvorstellbar schien, ist realisiert. Damit wurde der erste Baustein der „Vision Zentrum 2030“ Realität. Die Vorteile für die Stadtentwicklung sind unverkennbar. Die Haltestelle „Königsbrunn Zentrum“ (ehemals ZOB) wird zur echten Mobilitätsdrehscheibe. Die Linien 100 (Mering, Anbindung Ost) und 782 (Bobingen, Anbindung West) führen hier zusammen. Daneben startet der neu geschaffene Stadtbus Königsbrunn, der aus den innerstädtischen Linien 810, 820, 830 und 840 besteht. Das Gewerbegebiet Nord erfährt durch die neue Erreichbarkeit mit dem ÖPNV, die neu gestalteten Vorplätze der Haltestellen und durch die neue Guldenstraße ein anderes Gesicht und eine fühlbare Aufwertung. Die im 15-/20- und 30-Minuten-Takt unmittelbare Erreichbarkeit des Innovationsparks Augsburg, der Universität Augsburg, der Fachoberschule, der Berufsschule, des Bahnhalts Haunstetter Straße, der Hochschule, des Königsplatzes und des Bahnhofes über den ganzen Tag und an den Wochenenden und Feiertagen bilden ein ganz neues Angebot für die Königsbrunnerinnen und Königsbrunner. Dadurch gewinnt auch das Wohnen in unserer „Vision Zentrum 2030“ an Attraktivität, was wiederum Interessenten und Investoren einen intensiveren Blick auf Königsbrunn werfen lässt. Ein wichtiger Baustein der „Vision Zentrum 2030“ ist realisiert!
myheimat: Nach all den politischen Gesprächsgegenständen noch eine persönliche Frage: Welche Begegnung hat Sie im abgelaufenen Jahr am meisten beeindruckt?
Feigl: Auch 2021 gab es trotz der Corona-Pandemie viele beeindruckende Begegnungen. Aber es waren immer Menschen, die sich mit einer unglaublichen Leidenschaft, mit großem Engagement und voller Überzeugung für ein Projekt, für ein Thema einsetzen – Menschen, die aktiv sind, die mit Leidenschaft für ihr „Herzensthema“ arbeiten, ohne auf die Uhr zu schauen, ohne nach finanziellem Ausgleich oder offizieller Anerkennung zu fragen.
Interview: Redaktion, Bilder vom Start der Straßenbahnlinie 3 alle Anke Maresch.
myheimat-Team:Joachim Meyer aus Friedberg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.