Therapie muss Spass machen
Alf Leber, Leiter der Therapieabteilung im Königsbrunner Fritz-Felsenstein-Haus für Körperbehinderte tritt nach 24 Jahren in den Ruhestand. Der Diplom-Psychologe hat bei einem guten Teil der 40-jährigen FFH-Geschichte mitgewirkt: Zunächst als Leiter des Fachdienstes, einer internen Beratungsstelle für Eltern und Mitarbeiter, seit 1996 als Leiter der Therapieabteilung und viele Jahre auch als engagiertes Mitglied im Vorstand des Fördervereins, einige Zeit davon als 2. Vorstandsvorsitzender. Die Nachfolge tritt die Physiotherapeutin und langjährige Kollegin Dagmar Simnacher an.
Bei der internen Abschiedsfeier würdigte Geschäftsführer Gert Stephan das jahrzehntelange Engagement: „Alf Leber hat in hohem Maße dazu beigetragen, dass für unsere derzeit 330 körperbehinderten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen professionelle Therapie direkt vor Ort geleistet werden kann. In den letzten Jahren konnte unter seiner Leitung das Angebot kontinuierlich verbessert werden.“
Therapieangebot ist Teil des Förderkonzepts
In der Königsbrunner Einrichtung für Körper- und Mehrfachbehinderte mit dem Förderschwerpunkt motorische Entwicklung spielt die medizinische und therapeutische Betreuung eine zentrale Rolle. Um das Fortschreiten mancher Behinderungen zu verlangsamen, haben viele Kinder und Jugendliche mit Handicap einen hohen Therapiebedarf. Das 40-köpfige Therapeutenteam bestehend aus Logopäden sowie Physio-, Ergo- und Psychotherapeuten arbeitet intensiv daran, die Mobilität und Selbstständigkeit der FFHler im Alltag zu verbessern. Dazu gehören z.B. Sprach- und Wahrnehmungsförderung, die Verbesserung der Motorik und das Trainieren alltäglicher Bewegungsabläufe. Verschrieben werden die Therapien vom Orthopäden Dr. Wiedmann, der als hauseigener Spezialist für Körperbehinderungen eng mit der Therapie kooperiert. Abgerechnet werden die Behandlungen mit den jeweiligen Krankenkassen.
„Das ist ein enormer Verwaltungsaufwand, der sich seit der Umstellung der Krankenkassen auf Einzelabrechnungen vervielfacht hat“, so Alf Leber. 800 Einzelheiten pro Woche absolviert das Therapeutenteam, hinzu kommen 150 Gruppentherapien. Für jeden Schüler wird in Absprache mit Arzt, Schule und Tagesstätte ein individueller Förderplan erstellt, der reibungslos in den Schul- und Förderstättenalltag integriert werden muss.
Eltern entlasten
Ohne dieses Angebot müssten die Eltern selbst für die Erfüllung des Therapieplans sorgen. „Das hieße mit den Kindern nachmit-tags noch Physio- oder Ergotherapie-Praxen aufzusuchen“, erklärt Alf Leber. Eine Belastung, die das FFH als moderner Dienstleister für Menschen mit Handicap keinesfalls den ohnehin schon überdurchschnittlich geforderten Eltern zumuten will. Hinzu kommt, dass viele Praxen nicht die spezielle Sachkenntnis haben, um Kinder und Jugendliche mit schweren Körperbehinderungen zu therapieren.
Trotz der mitunter schwierigen Situation, bedingt durch das sich ständig wandelnde Gesundheitssystem, gelang es dem Therapieleiter stets, sein Team zum Wohle der Kinder und Jugendlichen zu motivieren. „Die Mitarbeiter müssen Spaß an ihrer Arbeit haben, denn Kinder sind da besonders sensibel“, so Alf Leber. Dabei haben es seine Therapeuten nicht leicht: Trotz großer Bemühungen verschlechtert sich oft der Zustand der Schützlinge. Ohnehin hat im Laufe der Jahrzehnte der Anteil der schwerst-mehrfach behinderten Kinder kontinuierlich zugenommen. Entsprechend sind die Therapiemethoden angepasst worden. „Da muss man Erfolg anders definieren: Ohne Therapie würde es vielen Kindern deutlich schlechter gehen.“
Kinder stehen im Mittelpunkt
Die beste Therapie ist die, die nicht als solche wahrgenommen wird, das weiß das Team von Alf Leber. Die meisten Kinder und Jugendlichen sind in Langzeitbehandlung – da ist vor allem Ausdauer gefragt. Deshalb bietet die Abteilung auch attraktiven Sport wie Fußball, Rolli-Basketball und E-Hockey an, nutzt das FFH-Schwimmbad oder geht zum Klettern. Gute Therapiegeräte und freundlich ausgestattete Zimmer, wie der mit Spenden finanzierte Aktivraum erleichtern die Bedingungen.
Alf Leber hat viel bewegt in 24 FFH-Jahren. Aber auch privat war er stets engagiert: als Mitglied des Gemeinderates in Aystetten sowie kommunalpolitisch bei den Grünen. Der frisch gebackene Ruheständler freut sich auf den neuen Lebensabschnitt, den er allerdings nicht beschaulich auf dem Sofa verbringen will: die Renovierung seines Hauses in Straßberg steht auf dem Plan.
Das Fritz-Felsenstein-Haus ist ein Kompetenzzentrum für körper- und mehrfach behinderte Menschen, das am Standort Königsbrunn Schüler und Erwachsene aus ganz Schwaben fördert und betreut. In diesem Jahr feiert die Einrichtung unter dem Motto „40 Jahre Felsensteiner mittendrin!“ mit zahlreichen Veranstaltungen ihr rundes Jubiläum.
Bürgerreporter:in:Gerlinde Weidt aus Königsbrunn |
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