Fettarmer Käse? Ja, aber ...
Der Marktanteil fettreduzierter Nahrungsmittel befindet sich seit Jahren auf Wachstumskurs. Beim Kauf lohnt sich jedoch näheres Hinsehen.
Vor einigen Monaten führte Lidl mit einer großen Aktion ein erweitertes Angebot an fettarmen Lebensmitteln ein. Hiermit gebe ich zu, bei Discountern einzukaufen. Inzwischen kann man dort nicht nur den täglichen Bedarf für das leibliche Wohl decken, sondern auch den Informationsdurst stillen. Dafür muss ich für den Einkauf heute mindestens die doppelte Zeit einplanen. Schon auf dem Parkplatz trifft man die ersten Bekannten. Konnte man früher schnurstracks die vorbereitete Liste abarbeiten, sollte man jetzt aufmerksam nach links und rechts schauen, um niemanden zu übersehen: Die Nachbarin, die Mutter einer Schulfreundin meiner Tochter, der Mitstreiter bei einer Bürgerinitiative, Stadtrat oder Bürgermeister. Wie sagt man so schön? Discounter sind mittlerweile hoffähig geworden.
Ich liebe Käse. Am liebsten esse ich einen mit Löchern. Die Löcher verleihen dem Käse anscheinend einen besonderen Geschmack. Vielleicht sollte man die Löcher auch bei anderen Lebensmitteln einführen. Warum nicht eines, das nur aus Löchern besteht? Das würde die Transportkosten immens verringern.
Ab und an kaufe ich die 250 g-Packung Emmentaler in Scheiben. Nachdem auch mich mein Spiegelbild dazu veranlasst, kritisch auf den Kaloriengehalt zu schielen, entschied ich, mal den Käseaufschnitt light, 250 g in Scheiben, zu probieren. Große Schrift auf der Verpackung versprach 16 % Fett absolut. Wobei das Wort „absolut“ der wichtige Terminus ist. Nicht zu vergleichen mit Prozentangaben „i. Tr“. Ein Blick auf „meinen“ Emmentaler offenbarte, dass ich 13,5 % Fett auf 100 g einsparen würde. Auch die Kalorienbilanz fiel für fettarm dementsprechend positiv aus. 260 kcal gegen 388 kcal auf 100 g. Das sind 33 % weniger. Also nichts wie rein in den Korb. Dass bei dem Käseaufschnitt nur eine Scheibe mit Löcher enthalten war, nahm ich billigend in Kauf.
Zu Hause angekommen, öffnete ich sofort die Packung und nahm die erste Scheibe heraus. Aber was ich da in der Hand hatte, erinnerte mich eher an einen zu dick geratenen Pfannkuchen. Dabei liebe ich dünne Scheiben, egal ob Schinken oder Käse. Was mache ich nur mit dieser dicken Scheibe? Ich packte alles aus und hatte am Ende sieben Stück Käse unterschiedlicher Sorten vor mir liegen. Sieben Scheiben auf 250 g! Dass sind 35,7 g auf eine Scheibe und somit 97,5 kcal. Wir wissen ja, Fett ist ein wichtiger Geschmacksträger. Also weniger Fett ist gleich weniger Geschmack und das durch die dicken Scheiben fast doppelt so viel.
Jetzt wollte ich es wissen und ging sofort noch einmal los, um eine Packung Emmentaler mit 29,5 % Fettgehalt absolut zu kaufen. Wieder daheim, wird auch diese Packung unverzüglich zerlegt. Zehn Scheiben, schön dünn. So wie ich es immer gerne mag. Die Scheiben sind auch etwas größer und wiegen trotzdem nur 25 g das Stück. Liegt bestimmt an den Löchern. Das sind 97 kcal pro Scheibe. Ich würde also, wenn ich den dicken Käse ohne Löcher esse, pro Scheibe 0,5 kcal einsparen. Dafür wäre die Packung aber drei Scheiben früher leer. Wo ist da mein Vorteil? Pro Scheibe bekäme ich weniger Geschmack bei nahezu gleicher Energiebilanz. Zugegeben der Käseaufschnitt kostet 30% weniger. Dafür sind aber auch 30% weniger Scheiben drin. Wie eingangs gesagt: Näheres Hinsehen lohnt sich fast immer.
Bürgerreporter:in:Brigitte John aus Königsbrunn |
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