KULTUR-LOGEn überall? Teilhabe an „Kultur“ für ALLE?!
Es gibt noch andere Dinge im Leben, die wichtig sind - "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein": Das aus der Bibel (z.B. Mt 4,4) stammende Sprichwort lautet "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht". KULTUR tue Seele & Geist des homo-sapiens-sapiens-Menschen auch gut - sei ein unverzichtbarer Bestandteil des Menschseins – dachte man sich in Marburg der Lahn. KULTUR erquicke die Geisteskräfte - sei gesund für einen (oft hilflosen) Leib & treue Seelen:
Gut zu WEIHNACHTEN passte die IDEE, dass Kultur-Anbieter in der Region Marburg kostenlose Eintrittskarten für Menschen mit geringem Einkommen zur Verfügung stellen könnten. Das Ziel, Sponsoren für die "Idee KULTUR-LOGE" zu finden, sie zu einer festen KULTUR-Einrichtung zu machen, ist nun gelungen. Man konnte nicht nur alternative Einrichtungen wie KFZ und Waggonhalle in MR gewinnen; auch etablierte wie das Hessische Landestheater Marburg oder die Konzertagentur Depro Concert. Die „Jazz-Initiative Marburg“, die ihre Konzerte im MR-Lokal „Cavete“ veranstaltet, legte sogar auf die kostenlose Eintrittskarte noch ein kostenloses Getränk drauf! Schließlich sei es ja der Sinn der Sache, dass sich keiner ausgeschlossen fühlen muss, meinte man dazu.
VORBILD für andere Städte?
Als Mem evolutionisierte die Marburger Kultur-Loge-Idee: Man nahm mit der „Marburger Tafel“ Verbindung auf: Hilde Rektorschek, seit zehn Jahren Leiterin der Marburger Tafel, sah das Problem von der anderen Seite: „Für sie war die Frage: Wie werde ich die Karten los? Außerdem wollte sie vermeiden, dass ihre Tafelgäste von oben herab behandelt werden. Das Konzept sollte ‚würdevoll, behutsam und nachhaltig’ sein.“
Es musste also ein Konzept erarbeitet werden, das diesen Ansprüchen gerecht wurde. „Zum einen sollte keiner als Bittsteller kommen müssen. Deshalb klapperte Hilde Rektorschek soziale Initiativen ab und bat diese, die Anmeldungen zu übernehmen. Zum zweiten sollte jeder persönlich eingeladen werden. Auch früher waren schon Eintrittskarten für Veranstaltungen bei der Marburger Tafel gelandet, aber es hatte sich nicht bewährt, sie einfach zu verteilen; dann waren viele Sitze leer geblieben. Und zum dritten sollte die Würde auch dem Veranstalter gegenüber gewahrt bleiben. Daher wurde vereinbart, dass die Eintrittskarten an der Abendkasse auf den Namen des Besuchers hinterlegt werden.“ (Quelle: http://initiativen-aktionen.suite101.de/article.cf...
Die Schirmherrschaft zur KULTUR-LOGE Marburgs ist zweigeteilt: Kulturdezernentin der Stadt Marburg - Dr. Kerstin Weinbach – zusammen mit dem Ersten Kreisbeigeordneten (Dr. Karsten McGovern, zuständig für Jugend, Familie und Soziales.)
Ein Beispiel – gelesen in http://www.mittelhessen.de/lokales/region_marburg/... :
Kulturloge MR erhält 50 Freikarten für Familien mit einem geringen Einkommen.
Das Kulturamt der Stadt Marburg: "Wir wollen das Schloss touristisch besser nutzen und da ist der Mittelaltermarkt eine ideale Gelegenheit", betonte Kariona Kupka-Stavrou vom Kulturamt. 50 Freikarten für den Markt hat KZK der Marburger KULTURLOGE übergeben:
Diese in Marburg entstandene Initiative findet inzwischen in vielen großen Städten, darunter Berlin und Essen, Nachahmer, wie Hilde Rektorscheck erfreut berichtet. Die Kulturloge organisiert in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Veranstaltern die kulturelle Teilhabe von Menschen mit niedrigem Einkommen. So werden beispielsweise Theater-, Konzert- oder Kinokarten von nicht ausverkauften Veranstaltungen über die Kulturloge an Menschen mit geringem Einkommen vermittelt. "Es darf nicht sein, dass Kultur nur für die wohlhabenden Bevölkerungsschichten offen steht", betont Rektorscheck. Zum Mittelaltermarkt habe man vor allem Familien bedacht. "Viele Familien können sich einen solchen gemeinsamen Tag nicht mehr leisten", sagt sie. Dank eines weiteren Sponsors könne man nun beispielsweise einer achtköpfigen Familie einen Tag im Schlosspark ermöglichen, freut sie sich.
KULTURelle Meme-EVOLUTION
Man war in Berlin so angetan von der Marburger Idee, dass sie für BERLIN adoptiert worden ist: Die Berliner waren „dann sogar schneller; die Kulturloge Berlin war am Start, als die Marburger sich noch in der Testphase befand“ ist zu lesen (a.a.O.). Und inzwischen hat sich auch HAMBURG die Idee, das Konzept und den Namen zu eigen gemacht. Es wird also demnächst auch eine Kulturloge Hamburg geben.
KULTUR-Journalistin Christine Krauskopf (OP MR) meint, dass besonders die Theater profitieren: Endlich säßen in den sozialkritischen Stücken jetzt nicht nur die immer gleichen saturierten Bildungsbürger, sondern die Menschen, für die solche Stücke eigentlich geschrieben wurden und gespielt werden.
Googelt man heute „KULTURLOGE“ – z.B. http://www.kulturloge-berlin.de/die-kulturloge.pht... - so liest man:
Idee und Ziel der Kulturloge Berlin ist es, Menschen mit niedrigem Einkommen bzw. mit staatlicher Unterstützung eine Möglichkeit zu geben, kostenfrei am kulturellen Leben, sowie an Freizeitaktivitäten der Stadt Berlin teilnehmen zu lassen.
Menschen mit geringem Einkommen, die bereits in sozialen und öffentlichen Einrichtungen als solche gemeldet sind, sollen durch die Kulturloge auf Veranstaltungen aufmerksam gemacht und zur Teilnahme eingeladen werden.
Die Anzahl der zur Verfügung gestellten Tickets bzw. Plätze ist den Veranstaltern freigestellt und variiert von Veranstaltung zu Veranstaltung. Wir arbeiten nach dem Tafel-Prinzip: "Gebt uns das, was ihr nicht verkaufen könnt". Dadurch ermöglichen wir eine nachhaltige und optimale Ausnutzung von vorhandenen Ressourcen.
VORBILD der Kulturloge Berlin ist die MARBURGer Kulturloge. Die Kulturloge Berlin steht in engen Kontakt mit den Ideengeberinnen und Verantwortlichen Christine Krauskopf und Hilde Rektorschek.
"DER TAGESSPIEGEL" schreibt am 6/8/10 zur KULTURLOGE:
Eine Initiative bietet Gratis-Tickets für Leute mit wenig Geld an. Die Resonanz ist enorm: 2000 Berliner haben sich schon angemeldet. (Mehr: http://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtleben/kultu... .)
Sie möchten die Arbeit der Kulturloge MARBURG unterstützen?
Anmeldeformulare und ein Info-Faltblatt zum Ausdrucken finden Sie hier. mehr ... http://www.op-marburg.de/Lokales/Kultur/Kultur-lok...
KULTUR-LOGE HAMBURG: http://www.kulturloge-hamburg.de/die-kulturloge.ph... - hier heißt es:
„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ - nach diesem Motto übernehmen wir das Tafel-Prinzip und ermöglichen Menschen mit niedrigem Einkommen bzw. staatlicher Unterstützung wieder am kulturellen und vielfältigen gesellschaftlichen Leben, sowie Freizeitaktivitäten der Stadt Hamburg teilzunehmen. In gemeinsamer Verantwortungspartnerschaft geben Veranstalter nur das, was sie an Karten nicht verkauft haben, an die Kulturloge ab. Diese vermittelt in Kooperation mit vielen Trägern der Sozialwirtschaft die Karten kurzfristig an Menschen, die als „Niedrigeinkommer“ gemeldet sind, insbesondere auch an Familien, die sich Kultur für ihre Kinder nicht leisten können.
Stimmen zur KULTURLOGE Hamburg
„ Die Hamburger Tafel e.V. begrüßt die Kulturloge-Hamburg als neues Projekt in Hamburg. Wir freuen uns, dass hier Menschen mit niedrigem Einkommen bzw. mit niedriger staatlicher Unterstützung die Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben in Hamburg teilnehmen können. Das sind in vielen Fällen die gleichen, denen die Hamburger Tafel in Zusammenarbeit mit über 80 sozialen Einrichtungen in Hamburg mit Essen oder Lebensmitteln hilft. Wir wünschen der Kulturloge in Hamburg eine große Beteiligung auf beiden Seiten - bei den Veranstaltern, die den kostenlosen Besuch ermöglichen und bei den Menschen, die durch dieses Angebot kostenlos ein Theater oder eine andere kulturelle Veranstaltung besuchen können.“ (Otto Kühl – Hamburger Tafel.)
„Wir unterstützen das Projekt gerne und halten es ausdrücklich für sehr sinnvoll und richtig. Es ist das richtige Signal in einer Zeit, in der klar wird, dass Armut Menschen ausschließt und in der sich der Verdacht erhärtet, dass dies nicht einmal mehr für besonders schlimm gehalten wird. Mit Ihrem Projekt wird auf eine gute Weise die Möglichkeit gegeben, teilnehmen zu können.“ (Maren von der Heyde (Geschäftsführerin) – Diakonisches Werk Hamburg West/Südholstein.)
Wie die KULTUR-LOGE Marburg denkt (Homepage - mit Theaterbild):
Die KULTURLOGE Marburg möchte Menschen mit wenig Geld den kostenlosen Besuch von kulturellen Veranstaltungen ermöglichen.
Die KULTURLOGE Marburg vermittelt nicht verkaufte Eintrittskarten, die Kulturveranstalter zur Verfügung stellen, in einem persönlichen Telefongespräch an die Kulturgäste. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer lassen beim Veranstalter die Karten an der Abendkasse auf den Namen des Gastes hinterlegen.
Die KULTURLOGE Marburg kann auf Wunsch eine Begleitperson oder einen Babysitter, gegebenenfalls auch einen Fahrdienst, anbieten.
Die KULTURLOGE Marburg ist beteiligt am Theaterpaten-Projekt des Hessischen Landestheaters. Dieses Projekt wird Kindern aus sozial schwachen Familien Theaterbesuche anbieten.
Die KULTURLOGE Marburg kooperiert mit der Philipps-Universität Marburg. Studentinnen und Studenten der Medienwissenschaft sind als Projekt eingebunden.
Die KULTURLOGE Marburg ist die erste Kulturloge in Deutschland. Mit der Idee und Erarbeitung des Konzeptes ist sie Vorreiter für die Entstehung von Kulturlogen auch in anderen Städten und Regionen. Bei Einhaltung der Grundsätze kann die Nutzung des geschützten Namens und des Logos vereinbart werden.
Kultur regt an
Kultur macht Spaß
Kultur macht neugierig
Kultur bringt Menschen ins Gespräch
Kultur ist ein Motor der Gesellschaft
(Quelle: http://www.kulturloge-marburg.de/)
INFO: Hör-Beitrag des Hessichen Rundfunks: HR-Beitrag (mp3) mit Stellungnahmen Betroffener. Link auf der Seite: http://www.kulturloge-marburg.de/index.php?pid=pre...
Ausblick - kritisch
An anderer Stelle wurde dieser Beitrag von S.W. in der GZ (1) so kommentiert:
"Der Mensch lebt nicht vom Brot allein" = richtig, nur viele sind froh wenn sie überhaupt erstmal genug "Brot" haben, bevor sie an Kultur denken (können)
"Es darf nicht sein, dass Kultur nur für die wohlhabenden Bevölkerungsschichten offen steht" Ach ja? Schön ist die Weihnachtszeit :-) da kann man ja ein bißchen was spenden, mal einen freien Eintritt, vielleicht sogar noch ein kostenloses Getränk und wenn Theateraufführungen nicht ausverkauft sind, tja dann lassen wir noch ein paar Bedürftige kostenlos rein, schadet ja nichts, vielleicht kommt sogar die Presse und wir machen noch ein nettes Foto ....
so löst man dieses Problem "Teilhabe am ganzen gesellschaftlichen Leben" NICHT !
wie sieht`s denn aus mit dem nächsten Schulausflug? mit der Finanzierung der Ferienfreizeit? wenn die "wohlhabenderen" Freunde, für sie ganz selbstverständlich, am Wochenende in die Disko, ins Kino gehen?
Die Bedürftigen wollen keine Almosen und nette Gesten, sie wollen ein würdevolles selbst bestimmtes Leben mit einem ausreichenden Einkommen damit sie auf Tafeln und kostenlose Eintrittskarten nicht angewiesen sind!
Meine Antwort:
Schwarzer Peter (...)
Sehr GUT kommentiert - danke Stefan; wenn auch etwas "bissig":
Sollte man denn auf die Tafel-Angebote & die KULTUR-Teilhabe per KULTUR-Loge ganz verzichten? Natürlich wird das Problem "Teilhabe am ganzen gesellschaftlichen Leben" SO NICHT gelöst. JA: Die Bedürftigen wollen keine Almosen und nette Gesten, sie wollen ein würdevolles selbst bestimmtes Leben mit einem ausreichenden Einkommen, damit sie auf Tafeln und kostenlose Eintrittskarten nicht angewiesen sind.
Eine hoffnungsvolle Perspektive - ZUKUNFTS-Aussicht - gibt man mit der Tafel & den KULTUR-Angeboten den Menschen direkt NICHT; zeigt aber von Privat-Leuten "guten Willen (...)", der nicht von der POLITIK kommt. Den "Schwarzen Peter " müssen wir der POLITIK in der BRD zuspielen. Die schwierige Lage der Ärmsten muss von POLTIKER(inne)n - allen Parteien - gelöst werden !!! Oder?
GIESSENER TAFEL
Aus aktuellem Anlass warnt man auf der HP "vor Personen, die in der Gießener Innenstadt vorgeben, Spenden für die Gießener Tafel zu sammeln. Diese haben mit uns NICHTS zu tun. Wir empfehlen, die Polizei zu rufen! "
Der Gedanke
Es geht uns gut. Uns allen? Leider nicht.
Es gibt Menschen, die müssen auch in unserer Wohlstandsgesellschaft um ihr tägliches Brot kämpfen. Aber Lebensmittel gibt es bei uns im Überfluss. Qualitativ einwandfreie Nahrungsmittel, die im Wirtschaftsprozess nicht mehr verwendet werden können, fallen der Vernichtung anheim - für teures Geld. (Mehr dazu: http://www.giessener-tafel.de/.)
Stefan meint dazu:
Nein, Werner, "ein würdevolles selbst bestimmtes Leben" zu fordern, bedeutet natürlich nicht ,die Menschen bis es soweit ist "verhungern zu lassen"! Deshalb müssen wir (leider) froh sein, dass es engagierte ehrenamtlich tätige Menschen gibt, die hier selbstlos helfen!
Das kostenlose "Kulturangebot" sehe ich etwas differenzierter:
vielleicht(?) sogar im Einzelfall gut gemeint, wird derjenige, der dies in Anspruch nimmt, ob bewußt oder unbewußt (meines Erachtens) zum Almosenempfänger!? Und das Ganze riecht mir auch etwas nach Werbung, Imagepflege und Beruhigung des "schlechten Gewissens" Einiger auf der "Sonnenseite des Lebens".
Zugang zur Kultur, ja ich wiederhole mich, sollte jede(r) haben, nicht nur weil Wissen Macht ist :-) - "ein Motor der Gesellschaft". Nur, im Gegensatz zur lebensnotwendigen Nahrung (Tafeln), muss jeder für sich entscheiden können ob er/sie solche, wie ich es weiterhin bezeichne, Almosen annimmt.
Anmerkungen
(1) Vgl. http://www.giessener-zeitung.de/giessen/beitrag/41...
Zum Thema KULTUR & KULTUR-Politik(er) (...):
http://www.myheimat.de/gladenbach/kultur/alles-kul...