Evolutionäre Bildwissenschaft – Poesia evolutoria & Iconic Turn (Teil 1)
Warum gibt es Kunstgeschichte überhaupt (noch?) - ist eine spannende Frage. Löst sich die Kunstgeschichte unter dem Ansturm neuer Bildmedien in eine universelle Bildwissenschaft auf? So lautet eine oft gestellte Frage. Hans BELTING sprach von der Notwendigkeit einer radikal erweiterten Kunstwissenschaft. Beltings Essay „Das Ende der Kunstgeschichte“ sollte zum Verständnis der aktuellen Kunstentwicklung beitragen: Vgl. BELTING, Hans (1995): Das Ende der Kunstgeschichte. Eine Revision der Kunstgeschichte nach 10 Jahren. München.
Universelle Bild-Wissenschaft – EVOLUTIONÄR?
Steht die „Wissenschaft vom Bild" - trotz einer weit zurückreichenden kunsthistorischen Tradition – heute noch am Anfang? Zur Frage des Bildes und der Bildlichkeit äußerten sich zahlreiche Kunsthistoriker, die sicherlich oft nicht in dem Bewusstsein geschrieben wurden, dass kulturelle EVOLUTION in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle gespielt hat. Das Bewusstsein einer EVOLUTION – EVOLUTIONISIERUNG von Bild, Bildlichkeit und seriöser „Bildwissenschaft" scheint noch am Anfang zu stehen.
Wer nach dem Bild fragt, fragt nach Bildern, einer unübersehbaren Vielzahl über die sich de facto mit dem Begriff „Evolution“ einen aussichtsreichen, gangbaren Weg zu und in einer lebhaften Debatte um eine „Evolutionäre Bildwissenschaft“ bahnen lässt. Welche Bilder sind gemeint? Gezeichnete und gemalte, fotografierte und gefilmte, gedachte und geträumte, gleichnishafte und übersinnliche? Aktuell befasst sich ein neues Buch des Herausgebers Hubert BURDA mit der Macht der Bilder; es enthält ein breites Spektrum von abgebildeten diversen Bildern.
Zauber-Begriff „Iconic Turn“ – Herrschaft der Bilder
Über die Wirk-Macht der Bilder heute – die Debatte über BILD-Kultur/Wissenschaft bereichernd – informieren als „ikonische Wende“ - bzw. „iconic turn“ bezeichnet – neue Versuche der BILD-Wissenschaft zur Anerkennung des strukturierenden Charakters des BILDES: Der Begriff wurde 1994 von Gottfried BOEHM in „Wiederkehr der Bilder“ geprägt: „Die Rede vom iconic turn war ein sympathischer, nachdenklicher Versuch, die tief in der deutschen Tradition geborgene Vorstellung von der Absolutheit, der Aura der Kunst gegen den Verbrauch der Bilder durch deren mediales Verständnis zu erretten“. („Iconic turn? Eine Bitte um Ikonoklasmus. 2004. Willibald Sauerländer.)[
Der „Iconic Turn“ lässt den Verleger Hubert BURDA nicht los. 2004 hatte er gemeinsam mit Christa MAAR als Herausgeber bereits das Buch “Iconic Turn - Die neue Macht der Bilder” veröffentlicht. Nun bringt er als Autor “In media res - Zehn Kapitel zum Iconic Turn” heraus. Im Buch sind u.a. fünf Interviews, die Burda mit Kulturschaffenden wie dem Philosophen Peter SLOTERDIJK oder dem ehemaligen Ästhetik-Professor Bazon BROCK führte, veröffentlicht. Als „Iconic Turn“ bezeichnet man gemeinhin eine Wende hin zu einer kulturellen Herrschaft der Bilder. Der Begriff ist eine Abgrenzung zum so genannten „Linguistic turn“, der mit der Erfindung des Buchdrucks eine herrschende Kultur der Schrift einläutete.
“Bildwissenschaft”, die die Auswirkungen des „Iconic Turn“ behandelt.
Sein neues Buch “In medias res - Zehn Kapitel zum Iconic Turn” beschäftigt sich nicht zuletzt mit neueren Entwicklungen im Internet, wie Sozialen Netzwerken, und deren Auswirkungen auf den „Iconic Turn“. Das Buch enthält Gespräche Burdas mit Friedrich Kittler, Peter Sloterdijk, Bazon Brock, Horst Bredekamp und Hans Belting. In den 5 Interviews, die Hubert Burda hier mit den angeblich „größten Vertretern der Kulturwissenschaft“ führt, wird der Frage nach der sich stetig verändernden Bedeutung und Funktion von Bildern nachgegangen. Betont wird: Auch nach 10 Jahren sind die Bilder des Anschlages vom 11. September noch immer unauslöschlich im visuellen Gedächtnis eingebrannt. Die Fernseh- und Zeitungsbilder der Twin Towers prägen unsere Wahrnehmung der Ereignisse und sind dabei zum universalen Symbol zerstörerischer Gewalt geworden.
Obwohl unsere Kultur wesentlich von der Schrift bestimmt wird, erhält das Bild immer stärkere Bedeutung für unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Nicht nur nehmen wir Ereignisse oftmals erst als Inszenierungen durch die Medien wahr, sondern durch digitale Plattformen wie Facebook, Flickr und Co. wird jeder Einzelne zum Regisseur seiner Selbstinszenierung.
Ich habe „Zehn Kapitel zum Iconic Turn“ durchgeblättert (2010, 202 Seiten, Festeinband, EUR 29.80 - ISBN: 978-3-7705-5125-5):
Hubert BURDAs neues Buch zeigt in Kapitel-Überschriften – wie diesen – um was es geht „IN MEDIAS RES“:
Das Gemeinschaftswerk präsentiert zu Beginn „Der andere Blick aus dem Fenster – Bild und Rahmen – Interfaces / Materialität der Bilder“. Im darauf folgenden Gespräch mit Peter SLOTERDIJK geht es um „Das Bild ist immer eine Dimension pfingstlicher als die Schrift“ (S. 88-93). Über die Kapitel V & VI – Belastende Bilder – entlastende Bilder / das Erhabene - das Schöne - das Pittoreske – gelangt der Leser zu Bazon BROCK: Gespräch „Bildwissenschaft ist ursprünglicher als Kunstwissenschaft“. Kapitel VII befasst sich mit „Machtrepräsentation durch Bilder“ und im Gespräch mit Horst BREDEKAMP dreht sich alles um das Thema „Es gibt im Grunde keinen Unterschied zwischen Original und Reproduktion“. „Innere Bilder – äußere Bilder“ behandelt Kapitel VIII.
Und Hans BELTINGs Gespräch vermittelt „Es ist eine der großen Erfindungen , dass das Bild dasjenige ist, was einem Rahmen ist“. Dazu siehe auch das Buch Hans BELTINGs „Bild-Anthropologie“, München 2001: Der Bild-Anthropologie geht es darum, das Bild/Artefakt als kulturelles Modell zu untersuchen, das im sozialen Raum Weltwahrnehmung ebenso wie Selbstwahrnehmung programmiert: „Der Bildbegriff, der hier zur Sprache kommt, ist aus dem Wechselverhältnis zwischen mentalen und physischen Bildern entwickelt. Er ist ebenso auf die Trägermedien bezogen, in welchen sich die Bilder verkörpern und dabei die Körpererfahrung der zeitgenössischen Betrachter steuern. In diesem Sinne ist jede Bildgeschichte nur die andere Seite einer Kulturgeschichte des Körpers.“ (Klappentext)
Nach den Kapiteln IX und X – „Medienkunst und Massenmedien / Kunstgeschichte – Bildwissenschaft“ – folgt in Hubert BURDAs Buch BURDAs Gespäch mit dem subjektiven Bekenntnis: „Ich fühle mich bei den Kubisten und anderen Modernen wohl, aber ich will ohne das Pulsierende der Großstädte, ohne deren Lifestyle nicht leben.“ (S. 184-195.)
Ist die Macht der Bilder zu bändigen?
In ICONIC TURN von 2202/3 schreiben Bazon Brock und Peter Sloterdijk über die Bilderschwemme in der Postmoderne. Und Wolf Singer stellt eindringlich heraus, dass Wahrnehmung und Kommunikation nie kongruent seien. „Ionic Turm - Die neue Macht der Bilder.“ Vorlesungsreihe der Burda Akademie zum Dritten Jahrtausend an der Ludwig-Maximilians-Universität München, 2002/3 (Herausgeber: Maar, Christa; Burda, Hubert)
Im „Klappentext“ zum Buch heißt es: Bilder waren nie zuvor so präsent wie heute. Neben die künstlerischen Bilder sind gleichrangig technische, naturwissenschaftliche und mediale Bilder getreten. Die Allgegenwart der Bilder im Fernsehen, die zunehmenden Visualisierungen in den Naturwissenschaften und die bildgebenden Verfahren in der Medizin haben Bildern eine nie gekannte Präsenz und Bedeutung gegeben, der sich niemand entziehen kann. „Iconic Turn“ antworte „auf die Forderung nach einem interdisziplinären Blick auf die neue vielfältige Bilderwelt. Noch gibt es sie nicht, die fächerübergreifende Bildwissenschaft, die die spezifischen Blickwinkel von Geistes- und Naturwissenschaften zusammenführt.“ Doch sei „innerhalb der Geisteswissenschaften, insbesondere unter Kunst- und Medienhistorikern, eine rege Debatte darüber entstanden, wie sie aussehen könnte und welche Themen sie vorrangig behandeln sollte“.
Die neue fächerübergreifende Bildwissenschaft sollte EVOLUTIONÄR ausgerichtet sein
Was Bilder verbindet, wo Gemeinsamkeiten vorliegen und worin sie bestehen, sollte auch erläutert werden - mit geschriebenem Wort dazu: Der in meinen bildkünstlerischen wie kunsttheoretischen Arbeiten manifestierte Terminus EVOLUTION könnte bewirken, dass Fragen nach den Zielsetzungen und Konsequenzen kunsthistorischen Tuns nicht (!) zugleich mit dessen Ende assoziiert werden.
Meine Arbeiten – letztlich zu meiner EST-Initiative mit Buch (Anthologie von 1996; Hrsg. HAHN/WEIBEL) und Kritik in „Stephen HAWKINGs Phantasie-Universum: „Großer Entwurf“ und ETOE /EST (Theorien von Allem)“ - http://www.myheimat.de/gladenbach/kultur/stephen-h... (mit 32 Bildern, 7 Kommentaren) - zielen indessen – im Gegensatz zu anderen Abhandlungen, die ein Ende der Kunstgeschichte prognostizierten oder konstatierten – darauf, zu klären, dass und wie eine Historie der Kunst angesichts eines sich wandelnden Geschichtsverständnisses und einer medial sich grenzenlos gebärdenden aktuellen Kunst überhaupt noch erzählbar sind.
Evolutionisierung der Kunstgeschichte – Evolutionäre Kunstwissenschaft
Mich interessieren vielmehr bei meiner EVOLUTIONÄREN Methode der Bestandsaufnahme und Weise von Begriffsbildung (vgl. auch EST & ETOE) die Möglichkeiten darzustellen, die es gestatten, ein Bild/Kunst-Werk in all seinen Aspekten formal zu erfassen und geistig zu erschließen. Ein lückenloses Lesbar-machen der Gegenstände der „Bildwissenschaft" über die evolutionäre Methode ist natürlich nicht möglich. Eine „Evolutionäre Kunstgeschichte“, die ihren Gegenstand gedanklich und sprachlich in den Kategorien der Vernunft zu fassen versucht, muss ihn - um der Eindeutigkeit eines Wissens willen - dabei nicht (!) um wesentliche Faktoren seiner sinnlich wahrnehmbaren Mannigfaltigkeit beschneiden. Zu zeigen wird sein, dass heute die Möglichkeit besteht, dass unter Anwendung des naturwissenschaftlichen EVOLUTIONs-Begriffs neue Dimensionen des Visuellen zu erfahren sind und alte Fragen zu beantworten sind, wobei Nichtwissen in Wissen und Nichtsehen in Sehen transformiert werden kann. Hierzu siehe auch mein Beitrag „Evolutionisierung der Kunstgeschichte – Evolutionäre Kunstwissenschaft“ in http://www.kunstgeschichte-ejournal.net/kommentare... Und: „Zu möglichen missverständnissen anlässlich von werner hahns kommentar »evolutionisierung der kunstgeschichte – evolutionäre kunstwissenschaft«“ in http://www.kunstgeschichte-ejournal.net/kommentare...
Poesia evolutoria
Die Debatte um eine „Evolutionäre Bildwissenschaft“ kann als Experiment von „poesia evolutoria“ betrachtet werden, die einen transdisziplinären Diskurs zu Schönheit in Natur und Kunst auf den Weg zu bringen vermag. Ein evolutionär offenes Systemdenken in der Bildwissenschaft vermag die Aufmerksamkeit gerade auf die Stellen richten, die das Wissen bis heute nicht zu klären vermag. Keiner „Poetik des Irrationalen“ (Geheimnisvollen) oder einer Ethik stummer Kontemplation wird durch POESIA EVOLUTORIA das Wort geredet (1). Über den Begriff der „kulturellen Evolution“ kann eine kritische Geschichte der Kunstgeschichte auf den Weg gebracht werden, wobei sie zu den Anfängen dieser Geschichte durch Blick in den Rückspiegel zurückkehrt. Mit einem durch die Theorien der Evolutionsbiologie veränderten Blick vermag die Frage nach bildlicher Darstellung und Vermittlung und deren Wirkmächtigkeit eine neue Brisanz zu gewinnen.
Die intensivierten Bemühungen der letzten Jahre um eine interdisziplinäre Bildwissenschaft haben deutlich werden lassen, dass sich sehr verschiedene Disziplinen anhand ganz unterschiedlicher Methoden und Ansätze mit Bildern auseinandersetzen:
Auf die Bemühungen der „Neuro-Ästhetik“ beispielsweise ist hier einzugehen: Siehe dazu mein Beitrag vom 8/7/2008 „NEURO-ÄSTHETIK und KUNST-SCHÖNHEIT(en)“ (http://community.zeit.de/user/wernerhahn/beitrag/2... ) UND: „NEURO-ÄSTHETIK: Evolutionäre Theorie von “ALLEM” (ETOE Teil 3) & EVOLUTIONISM-UNIVERSALISM-art nach dem URKNALL“ (14/4/10) in http://community.zeit.de/user/wernerhahn/beitrag/2... .
Als junge Disziplin des Interdisziplinären hat die „Bildwissenschaft“ ihr Dasein gerade den Kunsthistorikern zu verdanken, die schon immer interdisziplinär denken konnten. Beispielhaft hierfür wäre Werner HOFMANN zu nennen, dessen Einsatz für meine Arbeiten (ars evolutoria samt Theoriengebäude) für mich besonders wichtig waren. Gerade weil Hofmann (Ex-Kunsthallenchef Hamburg) als Pionier – durch zahlreiche Publikationen und Ausstellungen belegt - die Wissensform des Bildes stets reflektiert hat (dies hat sich die heutige Bildwissenschaft zur Aufgabe gemacht), war W.H. in der Lage, meine neuen evolutorischen Bildideen (Experimente) und Kunst/Natur-Theorien zu verstehen und zu fördern.
Zentralperspektive: Renaissance mit neuem Bild- und Raumbegriff
Besonders instruktiv sind Werner Hofmanns Untersuchungen zu den Grundlagen der Zentralperspektive, durch die in der Renaissance ein neuer Bild- und Raumbegriff etabliert wurde: In der italienischen Frührenaissance wurde mit der wissenschaftlichen Perspektive eine der wichtigsten Bildideen der westlichen Kultur entwickelt, eine Erfindung, die nach Forschungsarbeiten des Byzantisten Hans BELTING (ein Kunsthistoriker und Bildwissenschaftler) auf dem „Buch der Sehtheorie" des arabischen Physikers, Mathematikers, Astronomen und Philosophen Alhazen basiert, das ab dem 13. Jahrhundert im lateinischen Westen rezipiert worden ist. (BELTING, Hans (2008): Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks. München.)
Die westliche Geschichte des Sehens wurde demnach im Orient geboren. Abu Ali al-Hasan al-Haitham (965-1040), den seine mittelalterlichen Übersetzer „Alhazan“ nannten, hat als Optiker auch die Camera obscura erfunden. (Siehe a&s-BILDerGalerie.) Nicht in der Wiedergeburts-Stätte des Altertums, im Florenz der Renaissance, war der Grundstein gelegt für das neue, zentralperspektivische Sehen, sondern offenbar in Bagdad.
Dass es in der Geschichte der Menschheit immer wieder Versuche gab und heute noch gibt, Sichtfenster zu versperren, Blicke mit Tabus zu belegen, Blickwechsel mit Fremdem zu verhindern, kurz: das Auge zu bevormunden oder gar zu „zähmen" hat Werner HOFMANN – was im Kontext kulturelle Evolution der bildenden Kunst von erheblicher Bedeutung ist – ausführlich erörtert:
In Deutschland war es Albrecht DÜRER, der die aus Norditalien importierte Erfindung der Renaissance, das perspektivische Bild und damit den Blick des, in den Bildmittelpunkt rückte. Der Perspektiv-Künstler simulierte das Sehen des Publikums. Seit einer berühmt gewordenen Abhandlung Erwin PANOFSKYs von 1924 über „Die Perspektive als symbolische Form” ist die Erfindung der Zentralperspektive in der Forschung ein nicht mehr zur Ruhe kommendes Thema geblieben. Seine Erörterung war immer an der Grenze zwischen der Geschichte der Mathematik, der Optik und der Kunst angesiedelt. Aber stets wurde die „Erfindung” der ZENTRAL-Perspektive als ein integraler Teil der Renaissance, das heißt: der Wiedergeburt des Altertums in den Künsten, angesehen.
Dass die Antike keine zentralperspektivischen Bilder und auch keine auf die Perspektive zugespitzte Sehtheorie kannte, belegen die uns bis heute erhaltenen Bilder und Texte. Heutige Bild- und Kunsthistoriker konnte ich daran erinnern, dass die von Alhazen und die Renaissance-Forscher mathematisch und experimentell begründete SEH-THEORIE weiterentwickelt worden ist: Hierzu meine - experimentell durch Doppelspiegel-Experimente (polares Doppelspiegelsehen) gestützte – neue Sehtheorie der symmetrisationsgesetzlichen Wahrnehmungen. Siehe dazu meine Homepage: Artikel im EST-Werk (1996): Hierzu das PDF-Dokument dieser Homepage: PDF EST anklicken! (http://www.art-and-science.de/9.htm) – PATENT und neues Stereo-Sehen - Doppeltes stereoskopisches Sehen - Doppelspiegel-Experimente - Symmetristionstheorie der Wahrnehmung etc. - mal googeln: http://www.patent-de.com/19920514/DE3341933C2.html UND http://www.wikipatents.com/DE-Patent-3341933/mirro...
Durch die Sehtheorie der ARS EVOLUTORIA wurde der Verbleib der Sehtheorie als Perspektivetheorie aus dem Bereich der Mathematik und der (kunst-)philosophischen Spekulation geführt: Ich konnte – experimentell im Reich der Biowissenschaften angekommen – der Neuro-Ästhetik den Sehtheorie-„Ball“ zuspielen konnte (Artikel in „DIE ZEIT“-Community): von einer „Nagelprobe“ für die NEURO-ÄSTHETIK sprach ich. (Begriff googeln).
EXKURS Neuro-Ästhetik
Als Forschungsvorhaben schlug ich quasi als „Prüfstein“ für die Neuro-Ästhetik folgende Entdeckung von mir vor: Entdeckung des Doppelspiegelsehens als binokulares doppeltes stereoskopisches Sehen durch Doppelspiegel-Experimente; Erfindung einer patentierten Doppelspiegel-Vorrichtung mit zahlreichen Experimenten zum sog. 2fach- und 3fach-Sehen, Fusion als Fission und völlig neuen Perspektive-Erkenntnissen, korrigierten Perspektive-Täuschungen. (…) Ästhetisches Erleben beruht primär auf elementarer Ästhetik, die sich mit der affektiven Reaktion auf elementare sinnliche Reize beschäftigt. Erkenntnis-Ästhetik (z.B. ars evolutoria) vereinigt experimentalpsychologische Erkenntnisse mit geisteswissenschaftlich-philosophischen Ansätzen. In empirischer Neuro-Esthetics/Neuro-Ästhetik können am Beispiel der Untersuchung einer vielfältigen Serie von Doppelspiegelsehen-Experimenten mit neuesten Forschungs-Ergebnissen (zu Wahrnehmungsgesetzen) Aspekte der Wahrnehmungs-Psychologie und Ästhetik mit der Art und Weise der Informationsverarbeitung im Gehirn in Verbindung gebracht werden. Die neurowissenschaftlichen Forschungen zum neuen stereoskopischen Sehen beruhen wie alle Naturwissenschaften auf Experiment und Empirie und bringen so beweis- und belastbareres Wissen hervor, das die Kulturwissenschaften/Geisteswissenschaften (Kunst und Kunstwissenschaft) transdisziplinär durch Interpretation und Argumentation nutzen können. So kann ein Wissenstransfer (Interaktion) zwischen Künsten und (Natur-)Wissenschaften – und umgekehrt – befördert werden.
Im Zusammenhang mit der Erforschung von SPIEGELZELLEN berichten Wissenschaftler von einem System von Spiegelneuronen. Mehr dazu in: http://community.zeit.de/user/wernerhahn/beitrag/2...
Ein blinder Fleck im Verständnis der Realität der Zentralperspektive, konnte durch meine DS-Experimente jetzt auf überraschende Weise - experimentell überprüfbar (!) - ausgefüllt werden. Geheimnisse der Natur des Sehens wurden via ars evolutoria experimentell erforscht. Manch Geheimnisvolles einer „Ikonologie des Blicks” (Belting) ist seitdem kein Geheimnis mehr! Kunsthistoriker müssen es nur noch wahrnehmen: Das Alhazen-Exempel sollte sich heutzutage eigentlich nicht (auf anderer Ebene) wiederholen.
In keiner der vielen kunstgeschichtlichen Untersuchungen über die Vorgeschichte und Erfindung der Zentralperspektive wurden Alhazens Entdeckungen erwähnt. Die humanistische Überzeugung von der Renaissance als Wiedergeburt der Antike hat den arabischen, islamischen Anteil an der Ausbildung des westlichen Fensterbildes in eine europazentrische Vergessenheit verwiesen.
Im Buch „Die Moderne im Rückspiegel“ stellte Werner HOFMANN „Hauptwege der Kunstgeschichte“ dar, wobei er betonte, dass man der durch BELTING vertretenen fragwürdigen These vom „Ende der Kunstgeschichte“ nicht zuzustimmen kann. (HOFMANN, Werner (1998): Die Moderne im Rückspiegel. München.) W.H. erhärtet seine Anti-These zu Beltings mit den Worten: Als „Verbündeter des Künstlers“ könne man sich „die ‚Frage nach dem Ende der Kunstgeschichte’ ersparen“, es gelte „die künstlerische Praxis auf den Begriff zu bringen“; sein Verfahren des „Mehrfach-Blickwinkel“ („vergleichbar der Mehrfachbelichtung“) sei „wie kein anderes imstande (…), die widersprüchlichen, Gegensätze integrierenden Merkmale der innovativen Moderne zu erfassen“. Hofmanns Blickwinkel auf Gegensätze in der Moderne (der „gespaltenen Moderne“) ist nicht "zentralperspektivisch" arrangiert. Er ist - einer Ellipse gleich - von mindestens zwei thetischen Brennpunkten beherrscht, die man im Auge behalten muss.
ELLIPTISCHES Sehen (…) – neue SEH-Theorie
Gefangene einer Perspektive-Ansicht, die die Perspektive als eine symbolische Form betrachten, sehen die in der Realität auf die physische Präsenz eines Betrachters gerichtete Perspektive zu einfach. Ein „Elliptisches Sehen“ gilt es weiter zu entdecken, was dem stereoskopischen Sehen (binokularen Einfachsehen) und doppelten stereoskopischen Sehen (binokularen stereoskopischen Zweifach-Sehen) entspricht, welches ich (historisch – „aktenkundig“ - belegt durch mein patentiertes Gerät zum Doppelspiegel-Sehen) entdecken konnte. Von einem „elliptischen Sehen“ sprach ich in meinen seither publizierten Arbeiten noch nicht: siehe mein Symmetriebuch – 1989 & 1998 (engl.) - als Grundlagenwerk mit den DS-Experimenten und deren Deutungsversuchen.
Das durchgesetzte Bildmodell der „Zentralperspektive“ der Frührenaissance und des Alhazen waren keine vollkommen willkürlichen Erfindungen und ihre Wahrnehmung als vermeintlich natürliches Phänomen zu beschreiben ist korrekt. Der Blick auf die Welt, den das perspektivisch austarierte Bild lieferte, brachte diese Wirklichkeit nicht stereoskopisch-elliptisch hervor. Die Objektivität der „alten“ Perspektive-Sicht, stolzer Ausweis methodisch strenger Wissenschaftlichkeit, ist ein Schein, der sich als "Sein" ausgibt, als Faktum. Das durch die Perspektive bestimmte Bild hielt sich für die Wahrheit; demgegenüber steht die Objektivität meiner „neuen“ Perspektive-Sicht (Theorie der „Hirnbeobachtung“), die sich als naturwissenschftlich-experimentell fundierte neue „Sehtheorie“ in der kulturellen Evolution der Menschheit als Erkenntnisgewinn noch weiter durchsetzen muss; obwohl sie durch Bücher belegt wurde – schon 1989 in Deutsch, 1998 in englischer Übersetzung.
Die durch umfangreiches bildliches und theoretisches Anschauungsmaterial zertifizierte neue „Sehtheorie“ (aus der Funktionslogik einer technischen Apparatur resultiert), könnte - was bislang oftmals Gegenstand philosophischer „Esoterik“ war - ein spezifisch neuzeitliches Selbstverhältnis des heutigen „modernen Menschen" auslösen. Raum und Wirklichkeit als Ganzes erscheinen nunmehr als Auswurf einer neu-perspektivisch konstruierten Bildorganisation, deren Monokularität zur realistischen Binokularität (kulturell) mutiert ist, wobei Perspektive-Sehen endlich den Wahrnehmungsmodalitäten organischer Augenpaare angepasst wurde, mit denen Menschen dieser Welt (wieder) frontal gegenübertreten können, die ihnen als Evolutions-Resultat nicht mehr äußerlich „fremd“ erscheinen muss.
Die Kritik an der „alten Perspektive“ mit der scheinbar natürlichen Perspektive-Wahrnehmung, vorgeblich objektiven Perspektive-Wirklichkeit und vermeintlich unhintergehbarer Perspektiv-Subjektivität., auf die nicht erst die klassische Avantgarde mit ihrer Demontage des Fensterbildes geantwortet hat sollte - seit der ars-evolutoria-Erkenntnisse - der Vergangenheit angehören.
Befestigte Grenzen bildwissenschaftlicher Forschung wurden durch die Entdeckung eines „stereoskopisch-elliptischen Perspektivesehens“ eingerissen, überschritten, erweitert und - nicht unsichtbar - natürlich verrückt: Damit sind wir (auch kunsthistorisch) an Grenzen zu neuer Erkenntnis und des Wissens angelangt, die möglicherweise kulturell wiederum überschritten werden können. Der menschlichen Kultur- und Kunst-Geist scheint keine Grenzen zu kennen, oft wurde Unvorstellbares überstiegen. Wie die Erfindung der Zentralperspektive im Florenz des 15. Jahrhunderts ein revolutionärer Einschnitt in der europäischen Bildpraxis war, könnte die sich auf Goethes STIL-Begriff berufende ARS EVOLUTORIA durchaus kunsthistorisch in kultureller Evolution (als Mem-Komplex) weiterentwickeln. (Siehe Symmetriebuch - Kapitel 11.8.3. – „Entwicklung und Sinn der Perspektive“ zum „neuen perspektivischen Sehen“: „Die Perspektivesicht in der ars evolutoria fasst heute das Verhältnis des Menschen zur Wirklichkeit und zur Wahrheit wiederum völlig neu: evolutionistisch-perspektivische Angleichung der Sehdinge an den Sehapparat, neue evolutionistische Form- und Farbeperspektive! (…) Die Prozessphasen der Schlüsselbild-Gestaltung belegen experimentell, dass die Grammatik der evolutorischen Formbildung auf spezifischen Perspektive-Mechanismen basiert, die als Symmetrisations-Feldwirkungen angesehen werden können.“
So wurde mit der Erfindung einer stereoskopisch-elliptischen Perspektive, die numehr die Welt im und als Blick erfasst, ein Prozess angestoßen, der durch die Entwicklung der Verfahren der ars evolutoria (samt Kunst- und Naturtheorie) sicherlich stetig an Dynamik gewinnen wird. Wieweit die in der Neo-Renaissance von mir erstmals justierten technovisuellen Parameter später „ausgebeutet“ werden, bleibt abzuwarten. Die Geburt eines neuen EVOLUTIONÄREN Blicks mit all seinen Konsequenzen kann man nicht beanstanden; übte man an der „Objektivität“ der „alten“ Perspektive-Sicht wegen Subjektivität doch oft Kritik.
Mit der Erfindung einer stereoskopisch-elliptischen Perspektive wurde die „Bedeutungsperspektive“, also die Darstellung von Objekten und Figuren gemäß ihrer Geltung, durch evolutionsbiologisches Kalkül ersetzt. Mithilfe der „neuen Perspektive“ wurde auf einer zweidimensionalen Fläche der dreidimensionale Raum nicht nur simuliert. Das neu-perspektivische Bild gibt nicht mehr nur vor, die natürliche Wahrnehmung zu spiegeln (wie in der Renaissance), ein „Faksimile unseres Sehbildes“ zu sein: es ist immer noch ein hochgradig komplexes Konstrukt, aber eine „wahre Fiktion“, wobei sich ars evolutoria (wie zu Neuzeit-Beginn) auch als „symbolische Form“ ausdrückt (siehe zugehörige Kunst- und Natur-Theorie; Terminus „Neo-Renaissance“). Eine neue Bild-Politik erübrigt sich - Platons Argumentation: Bilder seien eine Art Schöpfungsplagiat, eine sündhafte Fiktion des Lebens, geht ins Leere (s. oben ars evolutoria als „wahre“ Fiktion).
Anmerkungen
(1) "POESIA EVOLUTORIA Painting” (PEP) - ars evolutoria (poesia evolutoria) gegoogelt bringt viele Ergebnisse. Der Begriff POESIA EVOLUTORIA geht auf eine Rezension meines Symmetriebuches (deutsch 1989) in den Physikalischen Blättern zurück. Er ist eng verknüpft mit meinen Termini „ars evolutoria“ und „musica evolutoria“; bitte googeln. In 12/1990, S. 498 der Phys. Bl., hatte Prof. Dr. Siegfried Großmann (Physiker & Mathematiker, Pionier der „Chaosforschung“), den Begriff „poesia evolutoria“ bezüglich meiner Kunst-Arbeiten in einer 90-zeiligen Buchbesprechung geprägt.
Mit „POESIA EVOLUTORIA Painting” (PEP) präge ich hiermit – unter Bezug auf Prof. Großmanns Anregung – eine neue Kunstbegrifflichkeit: Die Evolution des Gattungsspektrums von „Poetik“ (Poesie) ließ das Wort POESIE frei verfügbar werden: es evoluierte zum „Poetischen Film“ und Kitsch-Kunstwerk (mit angeblich „unechten“ Gefühlen). Für den frei verfügbar gewordenen Poesia-Begriff ist bezeichnend, dass er sich im 20. und 21. Jahrhundert gerade der literarischen Avantgarde zu eigenen Übernahmen anbot (Surrealismus, Poesie des Alltags, die Alltägliches poetisiert hat – beabsichtigt oder unbeabsichtigt.
Neue Wechselbeziehung: Eine „Inverse Kunst-Begriffs-Erweiterung) des Kunstbegriffs“ (IKBE) meint PEP formulierte ich im WEB: In „Poesia Evolutoria Painting“ erfolgt eine UMKEHRUNG des Prozesses der Kunsterweiterung: In umgekehrten, invertierten kulturellen Mutations-Schritten evoluiert KUNST nach der großen Auflösung und Zerstörung des Kunst-Begriffs in Moderne und Postmoderne. Von „Inverser Anti-Kunst“ (gegensätzlicher IAK; Anti-Anti-Kunst) bzw. „Inverser-Nicht-Kunst-als-Kunst-Bewegung“ (INKAKB) kann man nun sprechen. Da es um eine Rückwärts-Wandelbarkeit der zerstörten Kunst zu innovativ-origineller neuer KUNST geht, kann auch von enantiomerer, enantiomorpher oder enantiotroper KUNSTERNEUERUNG (einem Symmetriebruch – siehe Beaucamp) gesprochen werden.
Bürgerreporter:in:W. H. aus Gladenbach |
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