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Demokratie à la AfD Teil 1
Im AfD-Vorschlag zur "direkten Demokratie" ist Machtmissbrauch eingepreist

Die AfD stellt sich mit Slogans wie „Demokratie bewahren“ als „bürgerliche“ Partei dar. Es lohnt daher ein genauer Blick auf den Demokratiebegriff rechtspopulistischer Akteure, der immer wieder mit der Forderung nach "direkter Demokratie" verbunden ist.
In meinen kommenden Beiträgen geht es genau darum: Wie die AfD auf Demokratie Bezug nimmt und was sie unter Demokratie versteht. Ein sehr komplexes Thema. In diesem und mindestens einem weiteren Beitrag geht es um DIREKTE DEMOKRATIE.

Teil 1: Die AfD-Forderung „Volksabstimmung nach Schweizer Vorbild“

Es klingt zunächst unverdächtig, wenn die AfD die Schweiz als demokratisches Land ins Feld führt, um hier wie dort eine Bürgerbeteiligung auf Bundesebene durchzusetzen.
Der Verband „Mehr Demokratie“ hat sich mit dieser Forderung intensiv auseinandergesetzt und die Schwächen und Gefahren aufgezeigt:

AfD: Es soll über jegliche Themen direkt abgestimmt werden können
Schon die Feststellung der AfD in ihrem Grundsatzprogramm von 2018, „das deutsche Volk“, sei „ebenso mündig, wie das der Schweizer, um über jegliche Themen direkt abzustimmen“ stößt hier bereits auf Kritik. Denn es sei nicht so, wie die AfD behaupte: Auch in der Schweiz könne nicht über jegliche Themen abgestimmt werden. „Zwingende Bestimmungen des Völkerrechts“ sind laut Schweizer Verfassung tabu.

Grundrechte/Minderheitenrechte  sind zu beachten und zu prüfen
Auch bei der direkten Demokratie sind Grund- und Minderheitenrechte zu berücksichtigen. Volksbegehren müssen daher vorab in dieser Hinsicht geprüft werden bevor sie zugelassen werden.
Der Verband „Mehr Demokratie“ fordert, anders als in der Schweiz, ein dreistufiges Modell direkter Demokratie auf Landes – und Bundesebene:
Initiative – Begehren – Entscheid
Nach der Initiative soll das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob der Gesetzentwurf mit Grundgesetz und Völkerrecht vereinbar ist – und falls nicht, die Initiative ablehnen, sodass es gar nicht erst zu einem Bürgerbegehren oder Entscheid darüber kommt.
Hier besteht ein gravierender Unterschied zur direkten Demokratie in der Schweiz, die kein eigenes Verfassungsgericht hat, und es findet auch keine umfassende vorherige Prüfung darüber statt, ob die zur Abstimmung stehenden Gesetze der Menschenrechtskonvention entsprechen. So beschlossene Gesetze können erst rückwirkend dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Prüfung vorgelegt werden - ein offensichtliches Defizit im Schweizer Modell der direkten Demokratie hinsichtlich der Beachtung von Menschenrechten. Die Schweiz ist, so „Mehr Demokratie“ also gerade kein gutes Vorbild für direkte Demokratie in Deutschland.

Der Vorschlag der AfD sieht keine Prüfung darüber vor, ob Volksbegehren dem Grundgesetz entsprechen oder das Völkerrecht eingehalten wird!
Das Selbstbestimmungsrecht der Bürger*innen die direkt abstimmen, muss sich aber im Einklang mit dem Grundgesetz befinden und darf nicht darüber stehen. Damit ignoriert die AfD mit ihrer Vorstellung zur direkten Demokratie ein elementar wichtiges Kontrollsystem innerhalb unseres Staates (Checks and Balances). Es besteht somit die Gefahr von Missbrauch der Macht.

Der Begriff checks and balances bezeichnet das Prinzip der gegenseitigen Kontrolle. Wo Macht ist, muss Macht auch kontrolliert werden können um einem Machtmissbrauch vorzubeugen. Die Gewaltenteilung, also das Prinzip der gegenseitigen Kontrolle und Ausbalancierung der wichtigsten Staatsorgane muss gewahrt bleiben.

„Das Prinzip ist zu einem Grundsatz demokratischer Machtausübung insgesamt geworden. Überall da, wo politische Macht ausgeübt wird, muss die Möglichkeit zur Bildung und zur Ausübung von Gegenmacht vorhanden sein. Das Prinzip zielt damit auf den Ausgleich unterschiedlicher Interessen, unterstützt die Tendenz zum Gleichgewicht und fördert die Kooperation zwischen verschiedenen Machtpolen und gewährleistet so gesellschaftspolitische Stabilität.“ (Bundeszentrale für politische Bildung bpb)

In Teil 2 zur direkten Demokratie geht es zb. um die Fragen: 

Geht es der AfD darum, Initiativen die von den  Bürger*innen ausgehen zu unterstützen oder geht es ihr um von "oben" vorgegebene abzustimmende Fragen? 

Was bedeutet der AfD Vorstoß für unser gegenwärtiges demokratisches Gefüge?

https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2019-08-27_AfD_und_direkte_Demokratie_-_eine_Kritik.pdf

https://www.bpb.de/themen/kriege-konflikte/dossier-kriege-konflikte/504239/checks-and-balances/

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37 Kommentare

> "... hinterher machen wir beide sowieso unser eigenes Ding, falls ich mich getraue"
;-) Ja, wissen wir's? :-)
Nach der nächsten Bundestagswahl fällt es vermutlich leichter, sich etwas zu trauen.
Und langfristig ist das BSW gut beraten, über einen neuen Namen und sogar über eine Nach-Wagenknecht-Zeit nachzudenken...

  • Bea S. am 30.10.2024 um 19:23
Kommentar wurde am 30. Oktober 2024 um 19:26 editiert

Vielleicht wird es Wagenknecht gehen wie Bernd Lucke dem AfD Gründer. Der hatte es lange Zeit gar nicht nötig, in der Gegend herumzudüsen um die Einhaltung  seiner politischen Vorstellungen zu überwachen. Was er hätte machen müssen: sich von Rechtspopulisten stärker abzugrenzen. Was Wagenknecht betreibt, kennt man in Demokratien gar nicht. Da entwickeln sich Parteien durch die sie tragenden Mitglieder weiter. Es wird ihr nicht gelingen, alles auf  ihrer Parteilinie zu halten, siehe Katja Wolf. Sie will handverlesene Mitglieder, die alles abnicken. Kann das gut gehen? Ich bin gespannt auf den nächsten Parteitag  ob es da nicht schon die ersten Verwerfungen gibt.

„Sie will handverlesene Mitglieder, die alles abnicken. Kann das gut gehen?“

Nein, das wird nicht lange gutgehen. 
Aber der Schaden ist angerichtet, die Botschaft gesendet. 
Ich denke es geht lediglich darum.

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