Billiglöhne müssen teuer bezahlt werden
Pressemitteilung des DGB-Mittelhessen
91,7 Millionen Euro in den mittelhessischen Landkreisen
Um die Arbeit wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen muss damit Schluss sein:
Der Niedriglohnsektor hat sich in den letzten Jahren massiv ausgeweitet. Immer mehr Menschen müssen in unfreiwilliger Teilzeit oder zu Niedriglöhnen arbeiten und mit Hartz IV aufstocken. Der DGB hat jetzt errechnet, dass das den Steuerzahler viel Geld kostet und fordert eine Abkehr von dieser Politik.
91,7 Millionen Euro mussten von den Kommunen in der DGB-Region Mittelhessen im letzten Jahr aufgewendet werden, um Geringverdienern das Existenzminimum zu sichern. Betroffen waren 9.904 Personen. Sie arbeiteten überwiegend in Minijobs oder unfreiwilliger Teilzeit und mussten mit Hartz-IV aufstocken, um finanziell über die Runden zu kommen. Die Aufstockung für die Bedarfsgemeinschaften, in denen mindestens eine Person erwerbstätig war, betrug durchschnittlich 824 Euro im Monat.
Für DGB-Regionsgeschäftsführer Matthias Körner ist dieser Zustand unerträglich: »Hier findet eine unerhörte und nicht länger hinnehmbare Subventionierung von Arbeitgebern statt. Die 91,7 Millionen Euro, die die Kommunalen Gebietskörperschaften in Mittelhessen auszahlen mussten, konnten sich die regionalen Arbeitgeber in die eigene Tasche stecken«. Für Körner stehe die Arbeitswelt auf dem Kopf, wenn Arbeitgeber Niedriglöhne zahlen dürften, von denen man die eigene Existenz nicht bestreiten könne, von der finanziellen Absicherung einer Familie einmal ganz abgesehen. Gleichzeitig aber müssten die Menschen zusätzlich aufs Amt gehen und um jeden Euro feilschen. »Auch diese Arbeitsverhältnisse haben in den letzten Jahren zu einer Umverteilung aus den Taschen der Beschäftigten in die Taschen der Arbeitgeber geführt.«
Dabei nehmen längst nicht alle Geringverdiener ihren Anspruch auf Fürsorgeleistungen wahr. »Nur etwa jeder zweite anspruchsberechtigte Vollzeitbeschäftigte stockt den geringen Verdienst mit Hartz IV auf«, ergänzt Körner. Das gehe aus früheren wissenschaftlichen Untersuchungen von Sozialforschern hervor. Wesentliche Gründe für den Verzicht seien fehlendes Wissen, vor allem aber „Scham und Scheu« vor dem Antragsverfahren. Viele wollten sich nicht finanziell vor den Behörden »ausziehen«. Diese Entwicklung spiegele sich in der Vervielfachung der Multijobber wider. So sei die Zahl derer, die bundesweit zwei oder drei Jobs hätten, um 124 Prozent gestiegen. „Viele nehmen lieber eine 55 bis 60 Stunden-Woche mit zwei oder drei Jobs in Kauf, als aufs Amt zu gehen und Hartz IV zu beantragen«, sagt Körner.
Ulrike Eifler (DGB-Organisationssekretärin in der Region Mittelhessen) verwies in diesem Zusammenhang auf die massiven Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt. So habe die sozialversicherte Teilzeitarbeit in den letzten 20 Jahren kontinuierlich zugenommen. Sie stieg von 1993 bis 2011 bundesweit um 2,5 Millionen auf etwa 5,7 Millionen. Gleichzeitig habe die Zahl der Vollzeitjobs im selben Zeitraum um 2 Millionen abgenommen. »Der Arbeitsmarkt ist in Unordnung geraten. Das ist die Folge politischer Entscheidungen gewesen. Der Arbeitsmarkt kann also durch politische Entscheidungen auch wieder in Ordnung gebracht werden«, sagte Eifler »Und das ist das zentrale Anliegen der Gewerkschaften an eine andere Politik. Wir brauchen einen Wechsel in der Arbeitsmarktpolitik«.
Regulär entgeht aus den Zahlen, das nur 200 €ur pro Kopf und Monat diesen Niedriglöhnern zu Verfügung steht.
Je nach der monatlichen Arbeitszeit steht also den Niedriglöhnern 1,00 bis 4,00 €ur je Stunde zu.