Saisonabschluss - Gersthofer Team unkonventionell
Volleyball: Die Damen 1 des TSV Gersthofen mischen die Volleyball Bezirksklasse auf und sichern sich am Ende durch eine super Mannschaftsleistung das Aufstiegsrecht.
Gersthofen im Frühjahr 2020: Lange haben die Volleyballerinnen der Damen 1 des TSV Gersthofen auf das letzte Spiel der Saison 2019/20 Ende März hingefiebert. Doch der Endgegner sollte nicht TSV Inchenhofen, nein, auch nicht TSV Friedberg 2 heißen, sondern Covid-19. Am 13.03.2020 gab der Bayerische Volleyball-Verband (BVV) offiziell bekannt, dass der Spielbetrieb für die laufende Saison eingestellt wird. Verständnis in allen Hallen. Eine Regelung zu den Auf- und Absteigern sollte folgen.
Doch ein ehrgeiziger und somit auch bitterer Beigeschmack blieb bei vielen Sportlern. „Ich finde es schade, dass wir das Rückspiel gegen die Damen 2 aus Friedberg nicht mehr bestreiten konnten. Dass wir keine Chance auf eine Revanche hatten, gerade weil es bei uns in den letzten Wochen so gut lief“, so die Enttäuschung der Gersthofer Zuspielerin Julia Wiedemann. Man hatte sich Anfang der Saison im November, schon gleich am zweiten Spieltag, eine heftige Klatsche gegen die Spielerinnen des TSV Friedberg 2 eingeholt, sogar einen kompletten Satz mit nur insgesamt drei erspielten Punkten abgegeben. Die Blamage war groß, aber ebenso die Entschlossenheit beim Rückspiel alles zu geben, es besser zu machen. Durch viele aufeinanderfolgende und erfolgreiche Spiele im Januar und Februar hatte Gersthofen endlich seinen Flow gefunden. Man war eingespielt und bereit den Gegenangriff auf das Team aus Friedberg am letzten Spieltag zu starten. Ob dieser geglückt wäre? Man wird es wohl nie erfahren.
Nur eins ist sicher, dass die Mädels des TSV Friedberg verdientermaßen so oder so als unantastbarer Spitzenreiter der Bezirksklasse Nord in die Bezirksliga Schwaben aufsteigen würden. Eine erneute Begegnung der beiden Mannschaften lässt somit vorerst auf sich warten.
„Mein Highlight bleibt somit definitiv das Heimspiel gegen Aichach“, reagiert Mittelangreiferin Stefanie Dosch auf das vorzeitige Saisonende, „Ich hätte mich zwar auch gerne nochmal gegen Friedberg behauptet, doch dann soll unser Glanzstück der Sieg gegen Aichach nach einem Rückstand von 1:2 Satzpunkte sein. Es war pure Gänsehaut. Da war vielleicht eine Energie auf dem Feld.“ Und in der gesamten Halle, so berichten Augenzeugen. Mit einem großartigen 15:12 entschieden damals die Gersthoferinnen in der vollen Pestalozzischule im Tiebreak das Duell gegen einen weiteren Anwärter auf die Meisterschaft für sich. Die Fans tobten. Und die Spielerinnen aus Gersthofen blieben im Rennen um die Spitze. Jedoch waren typische Gersthofer Volleyballspiele nichts für ein labiles Publikum.
Es folgte nur wenige Wochen später ein gerade noch so gewonnenes Spiel gegen den TSV Inchenhofen. Auch hier der Gegner bestrebt nach einen der begrenzten Aufstiegsplätze. Schwache Nerven konnte man sich absolut nicht leisten. Doch gekonnt lieferten sich die beiden Mannschaften für sich und ihre Fans ein spannendes Hinspiel. Die Entscheidung fiel wieder einmal im Tiebreak zugunsten Gersthofen, auch wenn man hierdurch immer wieder einen Punkt an den Gegner abdrückte. Man hatte sich behauptet, gewonnen, aber verdammt war dies knapp. Der Rachefeldzug der Inchenhoferinnen, der auch am letzten Spieltag stattgefunden hätte, wurden jedoch ebenso durch das tückische Virus gecancelt.
Es sollte also das Markenzeichen der Gersthoferinnen dieses Jahr werden. Stetig zu Beginn immer diese kreativen Selbstfindungsphasen, die Gersthofen so konsequent an den Tag legte, nur um in der letzten Minute noch die Wendung zu vollbringen und Trainer samt Ersatzbank sowie Zuschauer von ihrer Anspannung dann letztendlich gnädiger Weise noch zu erlösen.
„Wir hätten manchmal echt mehr aus uns herausholen können“, bestätigte die jüngste Spielerin Sarah Müller „aber wir können mit unserer Leistung trotzdem sehr zufrieden sein.“ Dann schmunzelte sie: „Bei uns hilft manchmal eben der Spaß und vielleicht auch unsere Gelassenheit.“ Ja, diese Ruhe, diese Tiefenentspannung, die jedes Trainer- und Zuschauerherz höherschlagen ließ und schreien lässt: Lauft! Bewegt euch! Macht doch endlich!
Aber eben diese Besonnenheit machte meist den Unterschied. „Unsere unkonventionelle Technik und Taktik hat schon was. Und vor allem haben sie uns wunderbar durch die Saison gebracht“, meinte auch Neuzugang Franziska Monzert, die sich zum ersten Mal im Ligabetrieb versuchte. „Und das in meinem Alter!“, lacht sie noch, dabei erzielte die Spielerin den einen und anderen entscheidenden Matchpunkt als Mittel- oder Außenangreifer. Wir sind flexibel. Mit insgesamt drei verlorenen Spielen platzierten sich die Gersthoferinnen auf der Volleyball-Blitztabelle der Bezirksklasse Nord zum Zeitpunkt der BVV-Botschaft auf einem wackeligen zweiten Platz.
TSV Gersthofen erhält Aufstiegsrecht in Bezirksliga Schwaben
Am 24.03.2020 dann die alles entscheidende Nachricht auf der Internetseite des BVV. Die Würfel sind gefallen. Die Sonderregelungen für die Wertung der Saison 2019/20 waren online. Man fühlte sich disco, man fühlte sich high. Denn die Damen 1 des TSV Gersthofen hatten das Aufstiegsrecht erhalten! Ebenso die Mädels des TSV Friedberg 2, TSV Inchenhofen und des TSV Aichach. Denn es gilt: Alle Mannschaften, die rechnerisch noch aufsteigen hätten können, haben eine Freikarte in die nächsthöhere Liga erhalten und darf diese auch wahrnehmen. Im Gegenzug mussten sich alle verabschieden, die bis zum Stichtag bilanztechnisch nicht mehr die Klasse halten hätten können. Relegationsspiele werden nicht stattfinden.
Wie bunt und groß sich die Ligen aber nächstes Jahr gestalten, bleibt noch bis zum 30.04.2020 offen. Bis zu diesem Tag kann jede Mannschaft ein Veto einlegen und auf das Recht zum Aufstieg verzichten.
Der TSV Gersthofen ist sich hier aber einig. „Ich möchte nächstes Jahr wieder Bezirkslasse spielen, es hat dieses Jahr großen Spaß gemacht“, so Rebecca Listle, die schon fast alle Ligen in Schwaben in ihrer langjährigen Volleyballkarriere bestritten hatte. „Ich denke wir sind in der Bezirksklasse gut aufgehoben“, stimmt auch der Kapitän der Truppe Anne Lind zu, „Hinzukommt, dass einige von uns noch nicht wissen, wie es nächste Saison weitergeht.“ Also nach oben? Nein, danke. Diese Erfahrung in der höchsten Liga Schwabens hatte man schon vorletztes Jahr gesammelt und erst das ganze Benzin, dass man sich spart, nicht stundenlang auf Auswärtsspiele im Allgäu fahren zu müssen. Tja, die Gersthoferinnen bleiben sportlich, aber auch einfach unkonventionell, bei den Girls weiß man eben nie, was einen erwartet.
TSV Gersthofen 2019/20: Stefanie Dosch, Julia Kornek, Anne Lind, Rebecca Listle, Franziska Monzert, Sarah Müller, Katharina Schenk, Julia Wiedemann, Stefanie Wiedemann, Gülcay Yenmis, Trainerin Sabine Häubl.