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Klärschlamm: Das Ziel ist echte Kreislaufwirtschaft!

In Gersthofen wurde in der Stadtratssitzung vom 24.03.2021 das gemeindliche Einvernehmen für einen Bautrag zu einer großen Klärschlammverbrennungsanlage gestellt. Die Beratungen hierzu waren geprägt von mehreren Abwägungen zu Vor- und Nachteilen dieses Anlage auf dem Gersthofer Stadtgebiet.
Die zentrale Frage aber, weshalb Klärschlamm eigentlich verbrannt werden soll, wurde jedoch nicht näher adressiert, innerhalb der Beschlussfassung auch zurecht, weil hier ging es um einen örtlichen Beschluss zur baurechtlichen Genehmigung. Diese Frage, ob Verbrennen dauerhaft die richtige Lösung zum Umgang mit Klärschlamm ist, bringen die beiden Stadträte Max Lenz und Markus Brem aber auf den Plan und sie fordern eine intensive Debatte hierzu.


Warum ist Klärschlamm so belastet?


Sie haben noch während der Sitzung einen Antrag gestellt, bei dem die Stadt Gersthofen Vorreiter und Initiator für eine große, regionale Zukunftsdiskussion des Ressourcenumfangs und der Nachhaltigkeit von Produktion und Verbrauch sein könnte. Denn im Klärschlamm und damit im Abwasser aus Siedlungsstrukturen sind Fremdstoffe, die eine breite, flächige Verteilung auf landwirtschaftlichen Flächen nicht mehr zulassen. Somit werden die in den Abwässern enthaltenen Nährstoffe, die ja für das Pflanzenwachstum und damit für die Nahrungsmittelproduktion wieder benötigt werden, dem Kreislauf aus Wachstum, Herstellung und Verbrauch entzogen. Zwar soll auch eine Stoffrückgewinnung wie beispielsweise bei Phosphat möglich sein, aber bis auf Weiteres sei das technisch noch zu aufwendig.

Und das Ganze geht nicht, weil im Abwasser nicht nur Wasser und werthaltige Stoffe sind, sondern schädliche Reststoffe wie Mikroplastik (z.B. Autoreifenabrieb), Antibiotika (z.B. aus medizinischen Produkten), Zusatzstoffe (z.B. in Nahrungsmitteln) und weitere "Schadstoffe", die faktisch im Klärschlamm landen und diesen für eine natürliche Kreislaufwirtschaft unbrauchbar machen. Das, so die beiden Stadträte, ist das Problem und da müssen wir ran!

Und das weiss die Wissenschaft schon lange und viele Akteure der Stoffkreisläufe ebenso. Markus Brem, selbst promovierter Agraringenieur, bedauert die zunehmende Entkopplung von biologischen Kreisläufen, die im landwirtschaftlichen Boden und im Pflanzenwachstum ihren zentralen Dreh- und Angelpunkt haben. Jetzt, wenn die Nährstoffe über die Klärschlammverbrennung diesem Kreislauf entzogen werden, fehlt eine wichtige Komponente dieses natürlichen Kreislaufes, nämlich die Nährstoffrückführung über die Ausbringung von "Substrat" menschlicher Ausscheidungen.


Dialogforum


Nach Meinung der Kommunalpolitiker Lenz und Brem sollte nun die Stadt Gersthofen als mittelgroße Gebietskörperschaft in der Region Augsburg einen innerstädtischen und fachlichen Diskurs anstoßen, der das Spannungsfeld zu dieser politischen Fragestellung offenlegt und langfristige kommunalpolitische Lösungsmöglichkeiten erarbeiten lässt.

Die Stadt Gersthofen, so Lenz und Brem, kann diese Themenstellung wunderbar auf die Agenda der neu eingestellten Klima- und Nachhaltigkeitsmanagerin setzen. Ein ergebnisoffener Dialog könnte herausarbeiten, welche Maßnahmen auch für Gemeinden möglich sind, dass langfristig unser Abfall in Form von Abwasser wieder "enkelgerecht" wird und dort verwertet werden kann, wo dieser entsteht. Das Ganze könnte in Interaktion der Akteure des Großraums Augsburg stattfinden und somit die A3-Region einmal mehr Vorreiter in den Zukunftsfragen von "Mensch und Umwelt" sein.

Das neu gegründete Zentrum für Klimaresilienz an der Universität Augsburg beschäftigt sich genau mit solchen Themenstellungen und wäre hiermit ein idealer Ansprechpartner für die wissenschaftlichen Aspekte dieser gesellschaftlichen "Großfrage". Die Frage muss auch in diesem Jahrzehnt adressiert werden, weil eben der Klärschlamm belastet ist und jetzt das Momentum für den großen gesellschaftlichen Wandel hin zur Zukunftsfähigkeit gegeben ist.

Zukunftsfragen unserer Zeit

Ansatzpunkte könnten beispielsweise sein:

  • Zusammentragen von Fachinformationen von Experten auf dem Gebiet des Abwassermanagements zu Fragen der Reduzierung der Einträge in Abwässer, die klärschlammrelevant sind;
  • Gründung eines Arbeitskreises aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik, der sich mit mittel- und langfristigen Lösungsoptionen beschäftigt, bei denen die Stadt als kommunalpolitischer Akteur eine besondere Rolle spielt;
  • Anstoß im Landkreis und den zahlreichen Einrichtungen der A3-Region, ob zu dieser Frage ein regionale bzw. landkreisweite Initiative gestartet werden könnte.

Markus Brem: "Wir müssen den nötigen Wandel auch hier einleiten, sonst kommen wir nicht auf den schon längst bekannten Pfad der Zukunftsfähigkeit und der Widerstandsfähigkeit. Stoffkreisläufe müssen her, die die vorhandene, natürliche Biologie von Böden und Umwelt als zentralen Gedanken beinhaltet, nicht die thermische Verwertung von Abfall".

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