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Erste Stolpersteinverlegungen am 14. Juli 2020 in Gersthofen

Stolpersteine sind ein Kunstprojekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann. Die Steine sollen an alle Opfer des nationalsozialistischen Terrors erinnern. Mittlerweile sind über 75 000 solcher Gedenktafeln aus Messing auf öffentlichem Grund in 1265 Gemeinden Deutschlands und 21 Ländern Europas verlegt. Die Stolpersteine gelten als größtes dezentrales Mahnmal der Welt. www.stolpersteine.eu

Sollte die Coronakrise keinen Strich durch die Planungen machen, werden die ersten 5 Steine in Gersthofen durch den Künstler selbst am 14. Juli 2020 verlegt werden.
Am 25. April 2018 beschloss der Gersthofer Stadtrat nach eingehender Recherche, Stolpersteine für sämtliche Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes zu gestatten, also für Juden, Sinti und Roma, politisch und religiös Verfolgte, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, geistig und/oder körperlich behinderte Menschen, Zwangsarbeiter und Deserteure.

Es war ein kluger und umsichtiger Beschluss, der im Kontrast zur gängigen Praxis in Augsburg steht. Dort werden derzeit nur Stolpersteine für verstorbene Opfer des NS-Regimes verlegt, obwohl eine Verlegung in begründeten Fällen auch für überlebende Opfer möglich wäre. Dies führte zu der paradoxen Situation, dass Stolpersteine für die Ehrenbürger der Stadt Augsburg wie Mietek Pemper, Josef Felder und Anna Pröll bisher nicht verlegt werden konnten.

In Gersthofen gründete sich gemäß Stadtratsbeschluss ein Fachbeirat mit dem Kulturamtsleiter Uwe Wagner als Vorsitzendem, dem Stadtarchivar Lukas Kleinle, dem Opfervertreter Josef Pröll sowie zwei Historikern (Frau Melanie Drüssler, Dr. Bernhard Lehmann). Dieser nahm 2019 seine Arbeit auf. Bedingt durch den Wechsel im Kulturamt, die Wasser- und Coronakrise konnte der Fachbeirat bisher erst 3 Mal tagen. Ein Aufruf an die Bevölkerung, sich an der Suche nach Opfern zu beteiligen, verlief mit einer Ausnahme ergebnislos.

Dennoch wurden dem Fachbeirat durch den Vorsitzenden der Gersthofer Stolpersteininitiative Dr. Bernhard Lehmann bereits über 20 Biografien von Opfern aus Gersthofen vorgelegt und ebensoviele Anträge auf Genehmigung von Stolpersteinverlegungen gestellt. Weitere sollen folgen. Er hatte sich in dreijähriger Arbeit in Archiven auf die Suche nach den Opfern aus Augsburg, Gersthofen, Hirblingen, Batzenhofen, Gablingen und Lützelburg gemacht. Er ist auch Mitglied der Stolpersteininitiative in Augsburg.

Für einige Opfer steht die Zustimmung der noch lebenden Angehörigen, die in jedem Falle eingeholt wird, noch aus, in einzelnen Fällen lehnten Angehörige eine Verlegung ab oder waren untereinander uneins bzw. reagierten auf das Schreiben der Stadt (noch) nicht.

In Gersthofen handelt es sich um politische Widerstandskämpfer, um zwangssterilisierte Personen, um Menschen, die den Krankenmorden in den Tötungsanstalten in Grafeneck und Hartheim zum Opfer fielen, bzw. um Menschen, die aus „sozialrassistischen“ Gründen ermordet wurden sowie um Zwangsarbeiter.

Für die letzte Opfergruppe brachte die Stolpersteininitiative sogenannte Stolperschwellen in die Diskussion, was noch mit Fachbeirat und Stadtrat abgeklärt werden muss. „Wir hatten allein in Gersthofen zwischen 800 und 1000 Zwangsarbeiter, es ist kaum möglich, für jede einzelne Person einen Stolperstein zu verlegen, noch können wir für jeden eine Biografie erstellen“, meint Lehmann. Er schlägt folgende Prozedur vor: 
Denkbar wären solche Stolperschwellen vor Fabriken, wo Zwangsarbeiter in großen Gruppen zum Einsatz kamen, wie z.B. die IG Farbwerke Hoechst, bei Hery, der Schuhfabrik Schraml und bei der Leuchtmunitionsfabrik Sauer. Stolperschwellen hätten in diesem Fall auch den Vorteil, dass man so auch der Kriegsgefangenen gedenken könnte, deren Namen nicht bekannt sind".

Vor der Verlegung der ersten 5 Steine wird eine Lesung von Opferbiografien im Ballonmuseum stattfinden. Bei der Veranstaltung am 14.7. werden Steine für die politischen Widerstandskämpfer Georg Kottmair, Hermann Jensch, Leonhard Wanner, für ein Opfer der NS-Krankenmorde, Sebastian Zacher und für eine Person verlegt, die zwangssterilisiert wurde, Alois Dureder.

Der genaue Zeitpunkt der Lesung wird noch bekannt gegeben. Die Stolpersteininitiative freut sich, wenn Bürger die Patenschaft für Stolpersteine übernehmen. Ein Stolperstein kostet 120 Euro. Informationen zu Patenschaften finden sich auf der Website der Stolpersteininitiative Augsburg-Gersthofen unter www.stolpersteine-augsburg.de.

Dort kann man auch die wichtigsten Informationen über Ort und Zeitpunkt der Verlegungen in Augsburg und Gersthofen einsehen. In den kommenden Wochen sollen auch auf MyHeimat einzelne Opferbiografien vorgestellt werden.

  • Stolpersteinverlegung für Christian und Ernst Lossa in der Wertachstraße 1 durch den Künstler Gunter Demnig
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  • Stolpersteinverlegung im Beisein von Robert Domes und Amalie Speidel, der noch lebenden Schwester von Ernst Lossa
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  • Interview mit Gunter Demnig, rechts daneben Miriam Friedmann, die beide Großelternpaare im Nationalsozialismus verlor und Josef Pröll, aus dessen Familie 3 Personen ermordet wurden.
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  • Stolpersteinverlegung für Josef und Franz Eiter, Opfer der sog. "dezentralen Euthanasie"
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3 Kommentare

Zu den Gedächtniss Stolpersteinen möchte ich mich kurz Melden. Auch bei uns in Villingen-Schwenningen im Süden der Republick wurde seit Jahren um die Verlegung im Öffentlichen Raum gekämpft. Im Jahre 2019 kam wieder Bewegung in die Gruppe welche sich seit Jahren gefunden hat. Eine lang erwartete Stadtrats Sitzung brachte dann eine Mehrheit für die Verlegung der angeblichen Stolpersteinen, welche nun in 2020 verlegt werden sollen.Viele Berichte in den Zeitungen wurden zum Dauerbrenner
auch wurden die Lebensgeschichten der Abgehohlten und Ermorderten Menschen wenn es möglich war mit Daten und Orten beschrieben. Es gab eine Lebhafte Debatte in der Bevölkerung. An dieser habe ich mich auch beteiligt, mit einem Leserbrief nach der Genehmigung. Eine Verlegung im Öffentlichen Raum wollte ich nicht. Mir wäre ein Sandkasten in unserem schönen Museum lieber gewesen alle Erinnerungssteine an einem Zentralen Platz. Sommer und Winter gut zu finden und zu sehen ohne Verunreinigungen im Öffentlichen Raum. Die Plätze im Sandkasten könnte man auch Örtlich Placieren und mit einem Stadtplan zu den Plätzen und Häuser führen wo die Menschen gelebt haben. Eine Verlegung der Gedenksteine durch den Künstler finde ich auch zu Kostspielig. Fazit Coronna hat alles ein wenig abgebremst, aber auf meinen Vorschlag kamen nach dem Leserbrief nur von Privat Zustimmungen. Bin gespannt wenn es wieder weiter geht. Manfred Beichl aus unserer gemeinsamen Stadt, VS-Villingen

Der Sinn des größten dezentralen Denkmals ist es ja gerade, die Menschen an den Ort "zurückzuholen". wo sie lebten, gemeinsam mit ihren Angehörigen. Daher wollen wir ja gerade keinen zentralen Ort der Verlegung. Dies lehnt ja auch der Künstler Gunter Demnig ab.
Es schafft Betroffenheit, wenn man nach so vielen Jahren sieht, dass die Nazis neben den Juden insbesondere die sog. "Gesellschaftsfremden" (Sinti, Roma, Arbeitslose, Alkoholiker, Kleinkriminelle usw.) sowie körperlich und geistig beeiträchtigte Menschen ins Visier genommen haben , daneben das Arbeitermilieu gezielt attackiert haben. Wir haben z.B. in Gersthofen in der Ludwig Hermann Straße mindestens 10 Opfer, für die Steine verlegt werden sollen/können. Sie kommen aus allen oben genannten Opfergruppen. Dies indiziert, dass die Nazis all diejenigen "eliminieren" wollten, die nicht deren wahnhaftes sozialdarwinistische Weltbild zu integrieren waren.
Übrigens verlangt der Künstler Gunter Demnig nicht einen Cent für die Verlegung, es fallen allenfalls die Übernachtungskosten an. Auch für die Fahrtkosten berechnet er keinen müden Euro. Die Steine sind übrigens handgefertigt. Die Erinnerung an jeden einzelnen Menschen ist die 120 Euro wert, welche der Stein kostet.
Ob ein Sandkasten der richtige Erinnerungsort ist, lasse ich einmal dahingestellt.

-- ja, ganz tolle Aktion....

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