Ein Mann für alle (Medien)- Fälle
Auf der Suche nach einem „interessanten“ Gersthofer als Interviewpartner bekommt der myheimat-Mann auch Hinweise aus der Leserschaft des „Gersthofer“, für die er sich an dieser Stelle bedanken will. So wurde der Pressemann auf einen Gersthofer aufmerksam gemacht, den wahrscheinlich nicht viele Bürger kennen. In der Medienbranche ist jedoch Rainer Maria Jilg kein Unbekannter mehr. Er hat sich als Moderator im Rundfunk einen Namen gemacht und ist auch häufig auf dem Bildschirm zu sehen.
Jilg pendelt zwischen München, Stuttgart, Köln, Baden-Baden und München; wie es eben die Dreharbeiten erfordern. So kam nur ein Telefoninterview in Frage, was für den myheimat-Mann eine Premiere war. Es ging besser als erwartet; Jilg erwies sich als nachsichtiger, offener Gesprächspartner der mit Humor die Fragen beantwortete. Man erkannte sofort den erfahrenen Medienmann. Dabei sah es anfangs nicht so aus, als würde er mal vor Fernsehkameras stehen. Jilg, musikalisch sehr begabt, erhielt mit 18 Jahren 1996 ein Stipendium im Fach Saxophon beim Leopold-Mozart-Konservatorium, Augsburg. Er erhielt eine Gesangsausbildung und brachte es zum Dirigat, d. h. er darf Chor und Orchester dirigieren. Die Bundeswehr sah ihn als Musiker beim Heeresmusikkorps in Ulm. Der junge Musiker merkte alsbald, dass der Musikberuf als relativ „brotlose Kunst“ für ihn doch nicht das Richtige ist. Nach einem Praktikum beim Augsburger Sender RT.1 entschloss er sich in die Medienbranche einzusteigen und besuchte von 2000 bis 2004 die FH-Offenburg, die er als Diplom-Ingenieur für Medien erfolgreich beendete. Ein Auslandssemester für „Broadcoasting“ absolvierte er in Perth/Australien. Nach dem Studium entschloss er sich als freier Journalist zu arbeiten, vornehmlich für den SWR, aber auch für die Sender Viva und MTV - beide senden hauptsächlich Musikvideos, TV-Shows und Starmagazine. Daneben ist er bei Veranstaltungen wie z. B. Diskussionen, Messen, Sportereignissen oder Preisverleihungen als Moderator anzutreffen (Event-Moderation). Dann gibt’s noch Werbung, Synchronisation, Sprechrollen bei Hörspielen und, und ….Er hat wesentlich Hörfunk- und TV-Ausstrahlungen von „DASDING“ als Autor, Reporter, Darsteller, Moderator und Produzent mitgeprägt. Bei „DASDING“ handelt es sich um das Jugendangebot des Südwestfunks, das am 17. Mai 1997 erstmals im Radio ausgestrahlt wurde. Das Radioangebot wird durch einen Onlineauftritt und seit April 2002 durch eine wöchentliche TV-Sendung ergänzt.
Wenn so erfolgreich, werden neue Herausforderungen gesucht. „DASDING“ ist nicht auf Dauer sein „Ding“. Jilg träumt von der Moderation einer neuen Sendung die ähnlich populär ist wie z. B. „Kulturzeit“, „ttt“ oder „TV Total“. „Die goldenen Zeiten, wo TV-Kultsendungen wie „Wetten dass“ oder „Einer wird gewinnen“ zu Publikumslieblingen wurden, sind leider vorbei“, bedauert er. Kann sich der Gersthofer TV-Moderator vorstellen, mal in ruhigeres „Fahrwasser“ zu kommen, d.h. nicht immer von Drehort zu Drehort hetzen zu müssen? Familie gründen? Jilg seufzt - gerade noch am Telefon hörbar. „In meinem Alter mit 32 Jahren mache ich mir schon Gedanken, wie lange noch dieser Stress zu ertragen ist. Es ist nicht schön, wenn das „Zuhause“ in Form von ständig wechselnden Hotelzimmern besteht und Freundin oder Freunde nur telefonisch erreichbar sind.“ Er wäre bereit Abstriche zugunsten eines ausgewogenen Familienlebens zu machen. Es gibt auch ein Leben ohne Fernsehkameras.
Aber noch ist Jilg mitten im Geschäft. Am liebsten arbeitet er als TV-Moderator. Wenn es sich dabei um eine Live-Sendung handelt, ist er in seinem Element. „Hier hat man unmittelbaren Kontakt zum Publikum und ist total gefordert“, so Jilg. „Bei Live-Sendungen gibt es immer wieder Pannen oder Zwischenfälle, die der Zuschauer gar nicht mitkriegt“, erzählt er. Dann sind starke Nerven, Spontanität und zuweilen auch Schlagfertigkeit gefragt, um die Situation zu meistern. „Einmal fiel der Computer aus, von dem die Hörfunk-Beiträge eingespielt werden sollten“, erinnerte sich der Moderator. Er musste dann 45 Minuten aus dem Stegreif überbrücken, was gut gelungen ist. Und noch etwas braucht ein Fernsehmann: er muss neugierig und ausdauernd sein. Zuweilen ist ein dickes Fell nötig, denn es gibt auch mal Kritik von Kollegen, Publikum und natürlich auch vom Sender. Die Zuschauerquoten müssen stimmen. Wie geben sich denn die „Promis“, die zumeist aus der Musikbranche kommen, wenn man hautnah mit ihnen zu tun hat? Jilg lacht: „Je bekannter der Star ist, desto netter und sympathischer ist er oft“, fügt er einschränkend hinzu. Lady Gaga z. B. war relativ schüchtern und zurückhaltend und die Jungs von Tokio Hotel war gar nicht so verrückt.
Der Medienmann wohnt derzeit in Stuttgart. Der Termindruck lässt es nur selten zu, dass er nach Gersthofen kommt und die Familie mit Vater und Schwester komplett ist. „Ich komme gerne hier her, wo meine Wurzeln sind“, bekennt Jilg. Er hält Kontakt zu Schul- und Jugendfreunden über das Internet. Noch eine letzte Frage, die mit seinem derzeitigen Wohnort Stuttgart zu tun hat. Wie steht er zu dem Bahnprojekt Stuttgart 21? Jilg hält sich etwas bedeckt. „Ich findet, dass beide Seiten gute Argumente haben“, aber es ist schwer die Richtigkeit des angegebenen Zahlenmaterials zu überprüfen.“ Er hat als Journalist keinen endgültigen Standpunkt bezogen, bedauert aber die verletzten Personen. So etwas dürfe sich nicht wiederholen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Der myheimat-Mann beendet das Interview und versucht Ordnung in das Chaos seiner Notizen zu bringen.
Ein Gedanke geht ihm dabei durch den Kopf: Er würde gerne den Bahnhäuptlingen einen Bahnhof zur Sanierung empfehlen, dessen Kosten nur einen Bruchteil von Stuttgart 21 betragen würden. Und Demos wären schon gar nicht zu erwarten. Wo war das gleich …?