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Interview mit Kulturamtsleiter Uwe Wagner
Achtsame Mörder, Schlagersänger und Stammgäste waren die Publikumsmagnete 2024

  • Kulturamtsleiter Uwe Wagner bei der Vorstellung des aktuellen Stadthallenprogramms im Keller der Stadthalle Gersthofen.
  • Foto: Florian Handl
  • hochgeladen von Florian Handl

Das Jahr 2024 neigt sich dem Ende zu und für das Jahrbuch sprachen wir mit Kulturamtsleiter Uwe Wagner über die Herausforderungen und Höhepunkte des kulturellen Lebens in Gersthofen 2023.

myheimat: Wie zufrieden sind Sie als Kulturamtsleiter mit dem Jahr 2024?
Kulturamtsleiter Uwe Wagner: Wir haben im Veranstaltungsbereich nach wie vor eine herausfordernde Phase, die wir aber im Branchenvergleich gut bewältigen. Die Bibliothek hat in diesem Jahr große und wichtige Entwicklungsschritte gemacht und das Ballonmuseum kann Rekordbesuche verzeichnen. Ich bin daher zufrieden.

myheimat: Welche Auftritte kamen bei den Besuchern am besten an?
Wagner: Bei knapp 200 Veranstaltungen im Jahr gibt es immer wellenartige Bewegungen, also Veranstaltungen die überraschend gut und andere die weniger angenommen werden. Sehr gute Zahlen können meist die Konzerte aus dem Schlagerbereich verzeichnen, aber auch unsere „Stammgäste“ wie „Greg is Back“, Erwin Pelzig oder die Augsburger Philharmoniker sind traditionell immer so gut wie ausverkauft. Sehr erfreulich war in diesem Jahr, dass sich in diesen Reigen auch einmal ein Theaterstück eingeordnet hat – „Achtsam Morden“ war ein absoluter Hit. Und seit Jahren einer sehr starken Nachfrage erfreuen sich unsere Veranstaltungen für Kinder und Familien, von denen immer mehr frühzeitig ausverkauft sind.

myheimat: Bei der Vorstellung des Jahresprogramms 2024/2025 sprachen Sie davon, dass die großen Künstler immer mehr Publikum ziehen und dafür auch gute Preise bezahlt werden. Nachwuchskünstler haben es dagegen immer schwerer. Was hat sich verändert?
Wagner: Über die Gründe können wir in der Branche nur spekulieren. Fakt ist, dass der durch Corona entstandene „Veranstaltungsstau“ inzwischen abgebaut wurde. Vor allem internationalen Größen gelang dies doch recht erfolgreich mit vollen Stadien und Arenen. Im Vergleich zur Vor-Pandemie-Zeit sind dabei die Ticketpreise erheblich gestiegen. Erstaunlicherweise werden diese aber vom Publikum bezahlt. Ob dies nun an den inzwischen gigantischen Marketingmaßnahmen liegt, die hinter diesen Großveranstaltungen stehen oder ob „man“ heutzutage noch mehr Lust nach Spektakel hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Doch irgendwann ist in der Konsequenz der Geldbeutel beim Verbraucher leer – vor allem die Kleinkunst- und Nachwuchsszene hat dies in den letzten zwei Jahren deutlich zu spüren bekommen.

myheimat:  Ein wenig verwundern die Schwierigkeiten bei Nachwuchskünstlern, haben diese doch mit Social-Media heute verschiedene Plattformen, um Reichweite zu generieren.
Wagner: Auch der Erfolg über Social-Media kommt ja nicht von ungefähr. Wir sehen das bei unseren eigenen Veranstaltungen. Auch hier muss erst einmal der entsprechende Content professionell erstellt werden, es müssen die Zielgruppen sehr konkret ausgewählt und mit der Zielgruppe des jeweiligen Künstlers abgestimmt werden und schließlich kostet jeder einzelne Post, der Reichweite erzielen soll, eine Menge Budget. Dieser Prozess kostet sehr viel Zeit, Aufwand und am Ende eben auch Geld – wie sollte ein Nachwuchskünstler ohne professionelles Content-Team, das fotografiert, filmt, Zielgruppen bestimmt und auswählt und die Community betreut, dem nachkommen können?

myheimat: Bei Konzerten mit den großen Stars, wie beispielsweise Talyor Swift, werden immer horrendere Preise aufgerufen. Gibt es für Sie ein Limit nach oben, wo Sie sagen „das machen wir nicht?“
Wagner: Natürlich sind wir als kommunaler Veranstalter in einer anderen Position, wie die großen Veranstalter, die zunehmend nicht mehr aus Deutschland kommen. Dieser Verantwortung kommen wir durch verträgliche Eintrittspreise nach, was nicht bedeutet, dass bei uns jedes Ticket 5 Euro kostet, sondern dass wir uns am Markt am absoluten unteren Preislevel bewegen – das ist immer ein schwieriger Aspekt in den Verhandlungen mit den Agenturen, die meist am Preis eines jeden Tickets partizipieren. Dies bedeutet aber auch, dass dieses Preisniveau bei absoluten Topstars wie in diesem Jahr bspw. Chris de Burgh oder Till Brönner auch einmal etwas höher liegen kann. Die Alternative wäre, dass diese Künstler nicht zu uns kommen.

myheimat: Nach welchen Kriterien werden die Veranstaltungen für die Stadthalle Gersthofen ausgewählt?
Wagner: Verfügbarkeit des Künstlers (Termine, Touring, etc.), Finanzielle Rahmenbedingungen (die Gage ist inzwischen nur noch ein Teil eines oft komplexen Beteiligungsmodells), Verfügbarkeit der Halle (bei knapp 200 Veranstaltungen im Jahr, die sich meist an den Wochenenden konzentrieren, ist das Terminmanagement eine große Herausforderung) und schließlich das „Fitting“ des Künstlers (passt er ins Programm, ist er vermarktbar weil er bspw. medial präsent ist, wie erreichen wir die jeweilige Zielgruppe,…?).

myheimat: Rund um Luke Mockridge, Shayan und Nizar gab es in diesem Jahr viel Aufregung und eine Debatte darum, wie weit darf ein Comedian heutzutage gehen. Wie geht die Stadthalle Gersthofen mit grenzüberschreitenden Künstlern um?
Wagner: Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um Einzelfälle, die mit Ihrem Verhalten einer sehr großen Szene damit einen Bärendienst erwiesen haben. Zum Glück hatten wir noch keinen solche Situation und beim booking versuche ich natürlich auch auf diese möglichen Risiken zu achten. Sollte es dennoch dazu kommen, so würden wir mit Agentur und Künstler in Kontakt treten und gemeinsam nach Lösungen suchen. Alles Weitere wäre zu individuell um pauschal antworten zu können.

myheimat: Aktuelle gesellschaftliche Themen, politische Krisen und die Kriege auf der Welt werden von Kulturschaffenden oft aufgegriffen. Wem ist das in 2024 besonders gut gelungen und wann sehen wir denjenigen in Gersthofen?
Wagner: Die Stadthalle ist schon seit Bestehen eine Hochburg des politischen Kabaretts. Insofern treten zahlreiche Künstler bei uns auf, welche diese Themen aktiv aufgreifen. Bspw. alleine in diesem Jahr Christoph Sieber, Django Asül, Christian Ehring, Max Uthoff, Wladmir Kaminer, Erwing Pelzig, Mathias Richling und natürlich Hagen Rether. Auch musikalisch werden diese Themen verarbeitet, ich denke da bspw. an Konstantin Wecker oder die A-Cappella Gruppe Maybebop.

myheimat: Kommt das Schöne beim Fokus auf die Krisen zu kurz?
Wagner: Das ist grundsätzlich sicher von der persönlichen Perspektive abhängig. Im Bewusstsein auf das „Schöne und Gute“ liegt auf jeden Fall sehr viel Kraft und Hoffnung. Nicht umsonst ist in den letzten Jahren das Thema Resilienz recht populär geworden. Für mich persönlich liegt bspw. in der Musik ein ganz wichtiger Faktor dieser Resilienz, die mir hilft besser mit Krisen klarzukommen. Insofern haben wir als „Kulturversorger“ eine tolle, aber auch sehr wichtige Aufgabe, indem wir ein Gegengewicht zu den vielen belastenden Nachrichten anbieten – inwiefern dieses angenommen wird bzw. dann auch zu einer ausgewogenen Perspektive führen kann, liegt bei jedem Einzelnen.

myheimat: Auf welche kulturellen Highlights dürfen sich die Gersthoferinnen und Gersthofer für 2025 freuen?
Wagner: Im Frühjahr erwarten wir bspw. mit Heinz Rudolf Kunze, Arnd Zeigler, Willy Astor oder auch Harald Schmidt viele bekannte Künstlerpersönlichkeiten. Der Sommer wird mit den Rasenkonzerten und dem Headliner Nik Kershaw wieder bunt und turbulent. Im zweiten Halbjahr 25 stehen bereits Michael Mittermeier, Harald Krasnitzer oder Wolfgang Krebs fest. Musikalisch wird es dann mit Truck Stop, Die Feisten oder der Schlagzeugmafia erneut und wie gewohnt hochwertig und abwechslungsreich werden.

Vielen Dank für Ihre Zeit Herr Wagner.
Das Interview für myheimat führte Florian Handl

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