50 Jahre Städtepartnerschaft Nogent-Gersthofen - eine Bestandsaufnahme
Bei 50 Jahren denkt man gerne an eine Goldene Hochzeit. In einem Menschenleben ist das fürwahr eine lange Zeit, in der Geschichte Europas allerdings nur ein Wimpernschlag - dennoch ein ganz besonderer, richtungsweisender! Denn hätten nicht der französische Präsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer den Mut und die Weisheit gehabt, nach den jahrhundertelangen Feindseligkeiten, die in den beiden schlimmsten Weltkriegen der Geschichte endeten, sich die Hand zur Versöhnung zu reichen, wären wir heute nicht das, was wir sind. Die deutsch-französische Freundschaft war die Initialzündung für unsere heutige Europäische Union - das sollte man nicht vergessen!
Die Idee, diese noch fragile Freundschaft mit Städtepartnerschaften zu untermauern, griffen im Jahr 1969 auch der damalige Gersthofer Bürgermeister Karl Weiss und sein französischer Kollege Georges Lenne in Nogent-sur-Oise auf und es wurde ein voller Erfolg. Aus anfangs noch skeptischen, von Kriegserinnerungen belasteten ersten Begegnungen wurden sehr schnell ohne Rücksicht auf die Politik freundschaftliche Beziehungen zwischen Menschen, die sich einfach nur sympathisch waren und wo die Sprache auf einmal keine Rolle mehr spielte. Das war in der Tat ein Wunder und eine großartige Leistung nach allem, was durch die Kriege an Vertrauen verloren gegangen war und dementsprechend groß war der Enthusiasmus in den Partnerschaftsvereinen.
Um noch einmal das Bild von der Goldenen Hochzeit aufzugreifen: In jeder langjährigen Beziehungen gibt es auch Hochs und Tiefs. So hat über die Jahre auch in der Städtepartnerschaft eine Veränderung stattgefunden. Europa hatte sich weiter entwickelt: durch das Schengen-Abkommen wurde es möglich, ohne Ausweis- und Zollkontrollen in alle Länder der Union zu reisen. Die Infrastruktur wurde optimiert und man kann heute mit dem TGV eben mal schnell nach Paris fahren. Viele französische "Schmankerl", die für uns früher etwas Besonderes waren, gibt es mittlerweile auch bei uns - kurz: der Reiz des "Anderen" ist ein wenig verloren gegangen. Dazu kommt, dass man heute durch die diversen sozialen Medien überall hin vernetzt ist.
Es ist jedoch ein großer Unterschied, ob man als Tourist nach Frankreich fährt und dort die vielen Sehenswürdigkeiten bewundert oder ob man persönliche Kontakte dorthin pflegt. Letzteres ist das Hauptanliegen unserer Städtepartnerschaft. Der Verein Nogent-Gersthofen und die französische Association in Nogent organisieren jährlich eine Erwachsenenbegegnung, einmal in Nogent und im folgenden Jahr in Gersthofen. Die Jugendtreffen finden mit Hinfahrt und Gegenbesuch sogar zweimal im Jahr statt. Das erfordert natürlich einiges an Organisation und Logistik, zumal die Unterbringung jeweils bewusst in privaten Gastfamilien sein soll. Viele Vereinsmitglieder der ersten Jahre, sowohl hier als auch in Nogent, können das aus Altersgründen nicht mehr leisten und wie bei jedem Verein gibt es auch hier wie dort Nachwuchsprobleme. Deshalb sollte das 50jährige Jubiläum auch ein Ansporn sein, die Städtepartnerschaft wieder mehr in den Fokus der Wertschätzung zu rücken und vielleicht etwas von der Motivation von damals an die jüngere Generation weiter zu geben.
Präsident Emmanuel Macron hat in einem Brief an alle Mitglieder der EU an die Leidenschaft der ersten Gründungsjahre erinnert und bedauert, dass diese heute immer mehr der Frage nach dem individuellen Benefit gewichen ist, begleitet von einem zunehmenden nationalistischen Rechtspopulismus und - siehe Brexit - einer "Europamüdigkeit". Er sieht darin zu recht eine Gefahr für das über 70 Jahre friedliche Europa. Wir dürfen das auf keinen Fall aufs Spiel setzen! Was die Partnerschaftsvereine leisten, ist gelebte Völkerverständigung! Es wäre schön, wenn wir demnächst nicht nur auf 50 gute Jahre zurückblicken, sondern auch für die Zukunft neue Unterstützer für diese wichtige Aufgabe finden würden.
Wer bei uns mitmachen möchte und ggfs. in der Zeit des Jubiläums vom 6. - 10. Juni französische Gäste bei sich aufzunehmen bereit ist, melde sich doch bitte unter
www.nogent-verein.de
E-Mail: kontakt@nogent-verein.de
Außerdem treffen wir uns jeden letzten Donnerstag im Monat beim Stammtisch um 19.oo Uhr im Wirtshaus am Sportplatz in der Sportallee 12