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Gekommen um zu bleiben
Waltraut Sturm wird 100 Jahre alt

  • Die Jubilarin, Waltraut Sturm, bei der Lektüre des "gersthofer" mit ihrem Urenkel, Andreas Peter.
  • Foto: Foto privat, Harald Peter
  • hochgeladen von Harald Peter

Als ich am 30. Mai 1924 in Gelsenkirchen - also mitten im Ruhrgebiet - zur Welt kam, war der erste Weltkrieg vorüber, Deutschland befand sich in der zweiten Phase der Weimarer Republik. Die ersten privaten Rundfunksender gingen auf Sendung, die Einführung der Reichsmark als Zahlungsmittel stand kurz bevor und der Hitler-Prozess endete mit einem Freispruch.

Meine 9 Geschwister und ich litten keine Not, der Vater sicherte uns als Zechenpolizist ein gutes Einkommen. Ich war allerdings als Heranwachsende in die Versorgung der Familie eingebunden, eine berufliche Ausbildung blieb mir deshalb verwehrt.
Die Brieffreundschaft meiner Schwester Irma mit einem unbekannten Soldaten – ein damals üblicher Kontakt – führte mich nach Bayern. Dort besuchte ich den im Krieg verwundeten Hans Sturm jun. im Lazarett. Ich war 19, Hans 25 Jahre alt.
Als ich 1944 nach Gersthofen in die Friedrich-Ebert-Straße 1 zog und meinen Hans heiratete, war der 2. Weltkrieg noch in vollem Gang, Gersthofen war damals noch ein bäuerlich geprägtes Dorf.

1945 stellte sich mit meiner Tochter Waltraut Gerda der erste Nachwuchs ein, eine weitere Tochter verstarb 1951 kurz nach der Geburt. Wir lebten damals in einem sog. Behelfsheim mit zwei Zimmern, das aus dem Abrissmaterial zerbombter Augsburger Gebäude an das Haus meiner Schwiegereltern in der Friedrich-Ebert-Straße angebaut wurde.

Wenige Jahre später musste mein Mann, bedingt durch seine Kriegsverletzung, seinen Beruf als Maler aufgeben und arbeitete fortan als Beamter im Sozialamt der Stadt Gersthofen. Sein damaliges Büro, das Erkerzimmer im Rathaus zur Augsburger Straße hin, existiert noch heute. Ehrenamtlich engagierte er sich noch als Vorstand bei den Gersthofer Naturfreunden.

Dass mein Hans mit 58 Jahren starb und ich als 52-jährige Witwe zurückblieb, hat mich 1976 hart getroffen. Doch ein funktionierender Familienverbund mit Tochter Waltraut, Schwiegersohn Berthold und den mittlerweile zwei Enkeln, Claudia und Harald, hat mich aufgefangen.
Auch meine Sozialkontakte bei den Gersthofer Naturfreunden und dem VdK waren eine wertvolle Stütze, ganz besonders jedoch das von Hilfsbereitschaft und Harmonie geprägte, nachbarschaftliche Umfeld.

Ich habe Gersthofen mehr als 80 Jahre wachsen und sich verändern sehen. Aus dem Dorf von damals ist eine lebendige und moderne Stadt geworden, doch die Anonymität der Menschen hat zugenommen, was ich wirklich als schade empfinde.
Seit 2016 lebe ich, gut versorgt und liebevoll betreut, im Benevit Pflegeheim in Langweid, habe aber noch täglichen Kontakt mit meiner Familie und den mittlerweile vier Urenkeln. Natürlich interessiert mich immer noch alles Neue um „meine“ zweite Heimatstadt Gersthofen. Die Lektüre des "gersthofer" hilft mir, auf dem Laufenden zu bleiben.

Ich wünsche Gersthofen und seinen Bewohnern alles Gute für die Zukunft, weise Entscheidungen den Stadtverantwortlichen und dass jeder Einzelne sich den wohlwollenden Blick über den Gartenzaun zum Nachbarn hin bewahren kann.

„Wenn ich schon so früh gehen muss, dann werde du wenigstens Hundert“, hat mir mein Mann zum Abschied mit auf den Weg gegeben. Wenn ich am 30. Mai 2024 meinen 100. Geburtstag feiere, dann darf ich ihm seinen Wunsch erfüllen. Ich scheine wirklich ein Glückskind zu sein!

Herzlichst, eure Waltraut Sturm

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2 Kommentare

100 Jahre was für eine wahnsinnig lange Zeit. Der schöne Bericht kann die Erfahrungen, die Sie in diesem Jahrhundert gesammelt haben, bestenfalls Oberflächlich anreisen. Ich wünsche Ihnen alles Gute zum Geburtstag und noch viele weitere schöne Jahre.

LG

Florian Handl

100 Jahre in 51 Zeilen so lesens-und liebeswert zusammengefasst, ist einfach nur wunderbar. Alles Gute und noch viel Gesundheit wünsche ich Ihnen, Frau Sturm, direkt aus der Ruhrpottstadt Essen!

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