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Kostenloses Kindergartenjahr kostet die Stadt Augsburg 5 Millionen

(Ute Krogull) Manche Kinder können kein Deutsch, wenn sie in die Schule kommen. Andere können nicht mit anderen Kindern und Konflikten in der Gruppe umgehen. Und manche haben nie richtig gelernt, sich die Zähne zu putzen: Es gibt eine Vielzahl wichtiger Fähigkeiten, die man im Kindergarten lernt. Doch gerade Kinder aus Schichten, in denen das am Nötigsten wäre, besuchen den Kindergarten seltener als andere. Um den Kita-Besuch für Migrantenfamilien und untere soziale Milieus attraktiver zu machen, beschloss der Bildungsausschuss gestern einstimmig, das erste Kindergartenjahr kostenlos zu machen.

Die Stadt Augsburg kostet das in ihren eigenen Einrichtungen allein 1,3 Millionen Euro. Durch Zahlungen an andere Träger erhöht sich die Summe auf mindestens fünf Millionen. Mit der Einführung wartet man jedoch, da auch der Freistaat ein kostenloses Kindergartenjahr einführen will.

Statistiken untermauern das teure Ziel, das CSU und Pro Augsburg in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben. Kinder von Eltern ohne Schulabschluss besuchen seltener den Kindergarten als Kinder, deren Eltern Abitur haben (mehr Hintergründe im Info-Kasten). In Augsburg mit einem Migrantenanteil von 30 Prozent und einer prekären sozialen Gemengelage möchte die neue Regierung daher gleich zu Beginn Zeichen setzen.

Allerdings wird das Unterfangen differenziert gesehen. So meinen Experten, dass vor allem der Besuch des Vorschuljahres wichtig sei, und zwar im Hinblick auf den Übergang zur Schule. Darauf wies Ulrike Bahr (SPD) gestern hin. Beate Schabert-Zeidler von Pro Augsburg argumentierte jedoch: "Wenn die Kinder erst einmal drin sind, werden sie auch nicht mehr so schnell rausgenommen." Und Eva Hermanns vom Fachbereich Kindertagesstätten betonte, kindliche Entwicklung lasse sich nicht auf ein Jahr festlegen.

Ein weiterer Aspekt ist, dass bei der Entscheidung pro oder kontra Kindergarten auch andere Faktoren als Geld eine Rolle spielen. So hat Barbara Thiessen vom Deutschen Jugendinstitut herausgefunden, dass in vielen muslimischen Familien sowie in unteren sozialen Milieus traditionelle Werthaltungen dominieren. 85 Prozent der türkischen Mütter seien nicht erwerbstätig. Thiessen: "Das Bild der türkischen Familie entspricht der Situation deutscher Familien bis in die 70er Jahre." Da blieben die Frauen daheim und kümmerten sich um die Kinder.

Caritas begrüßt Überlegungen der Stadt

Andere Kita-Träger beobachten die städtischen Pläne genau. Ein großer Anteil der Kitas ist kirchlich. Diözesan-Caritasdirektor Peter C. Manz: "Wir begrüßen die Überlegung, ein kostenloses Kindergartenjahr einzuführen. Denn was Familien und Kindern gut tut, unterstützen wir." Diese Maßnahme dürfe aber nicht auf Kosten älterer Kindergartenkinder erfolgen, bei denen Gebühren erhöht werden.

Eine Gebührenerhöhung bei städtischen Kindergärten (an denen sich andere Träger in der Regel orientieren) steht allerdings tatsächlich ins Haus. Rainer Schaal, vertretungsweise Bildungsreferent: "Wir wollen aber nicht über höhere Gebühren im zweiten und dritten Jahr das erste finanzieren."

Im Gegenteil: Auch hier wolle man niemanden finanziell überfordern. Doch gestiegene Lohn-, Energie, Verbrauchs- und Lebensmittelkosten machten den Schritt unumgänglich. Und eines deutet Schaal trotzdem an: "Wenn wir an anderer Stelle so großzügig sind, fällt es vielleicht auch leichter, für Verständnis zu werben, wenn wir nötige Anpassungen vornehmen."

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