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Der Kanapee-Mann

Zugegeben: es war nicht ganz einfach, ihn zu einem Interview zu bewegen. Er zierte und wandte sich, wollte seine Ruhe haben und sich nicht Lästereien von früheren Kollegen aussetzen. Aber die Hartnäckigkeit unseres Mitarbeiters Gerhard Fritsch siegte schließlich doch und er willigte ein. Von wem hier die Rede ist? Altgediente KOL-LA-Besucher und Faschingsfans wissen es schon längst: Lukas Kiermeyr, 63 Jahre alt, Humorurgestein aus Gersthofen und bekennender Kanapee-Anhänger.

Das Interview findet im Wohnzimmer des Einfamilienhauses in der Römerstraße statt. Hier lebt er mit seiner Frau Sieglinde. Die beiden Söhne sind ausgezogen und die zwei Kiermeyr’s könnten eigentlich ein beschauliches Rentnerdasein führen. Könnten. Wenn da nicht verschiedene Umstände dagegen sprechen würden. Pensionist Kiermeyr hat sich einen festen Platz am lokalen und regionalen Unterhaltungshimmel erobert. Er ist gern gesehener Akteur, der seine Gäste mit Gesang, Musik (Gitarre und Akkordeon), und witzigen Vorträgen amüsieren kann. Das kommt nicht von ungefähr. Schon von Jugend an war er „gut drauf“; er hat vom Onkel mütterlicherseits viel Frohsinn mitbekommen. Stets war der junge Kiermeyr zu Streichen aufgelegt. Also eine gesellige Frohnatur? „Nein, eher nicht“, antwortet Kiermeyr. „Ich gehe lieber meine eigenen Wege, bin Individualist.“ Massentourismus ist ihm z. B. ein Gräuel. Er war mit dem Fahrrad schon weite Strecken unterwegs, so z. B. mit einer kleinen Gruppe zweimal nach Santiago de Compostella oder Neapel. In den letzten Jahren hat er auf Wohnmobil „umgesattelt“ und mit seiner Frau fast halb Europa, u. a. Nordkap, Frankreich und Russland bereist – ohne Kanapee natürlich.

Wie kam der Fasching zu ihm? Vor 26 Jahren stand er bei KOL-LA als Dorfpolizist zum ersten Mal auf der Bühne. Er wurde gedrängt, seine Unterhaltungskünste dem Publikum vorzustellen. Mit wachsendem Erfolg. Mittlerweile gehört er schon zum festen Repertoire bei örtlichen und regionalen Faschingsveranstaltungen. Fernsehauftritte beim Allgäuer Fasching waren bislang Höhepunkte. Pläne für die Zukunft? Er würde sich über einen Auftritt beim Veitshöchheimer Fasching freuen. Er studiert seine Vorträge selbst ein und versucht auch verschiedenen Dialekten gerecht zu werden. Wo nimmt er den Stoff her? „Ich schaue dem Volk auf’s Maul“, grinst der Humorarbeiter. Er persifliert gerne den „Deutschen Michel“ aber auch Kommunalpolitiker. Der frühere Polizeihauptkommissar hat bei seiner Tätigkeit –davon 33 Jahre bei der Autobahnpolizei- viel Menschenkenntnis erworben. Er kann sich auch gut selbst auf die Schippe nehmen. Der berühmte Kanapee-Song, der eigentlich mehr eine Notgeburt war, hat aber keine biographischen Züge, wie er glaubhaft versichert…

Kiermeyr bezeichnet sich selbst als „Optimist“. Zu seiner positiven Lebenseinstellung gehört das Motto „Leben und leben lassen“. Mit der Presse möchte er nicht viel zu tun haben – ausgenommen natürlich „myHeimat“. Seine Abneigung gründet auf frühere Erfahrungen, wo aus „Mücken Elefanten gemacht wurden“, nur um die Auflagenzahl zu steigern. Politik steht bei ihm auch nicht hoch im Kurs. Er schätzt jedoch besonders Bundespräsident Horst Köhler wegen seiner Gradlinigkeit und Offenheit. Ein Abstecher in die kleine Politik: was würde er dem neuen Bürgermeister von Gersthofen, Jürgen Schantin, empfehlen? „Ich schätze ihn sehr und hoffe, dass er sich in seinem Amt nicht verbiegen lässt“, lautet die spontane Antwort.

Der Pressemann möchte wissen, was er in der faschingslosen Zeit so alles treibt. Da gibt es den „Laiendarsteller Kiermeyr“ beim Theater Gersthofen, zuletzt als Pfarrer in der „Gwandlaus“. Dann Mitglied beim Seniorenbeirat Gersthofen, beim Alpenverein, bei Kolping, bei der Wasserwacht und beim Schachclub. Er tritt mit selbst verfassten Gstanz’l bei „Hoigarta“ auf, einer immer beliebter werdenden Brauchtumsveranstaltung. Seine Frau ist Testperson: ihr wird alles vorgesungen. Beneidenswert, welcher Mann singt noch für seine Frau ...? Zu Auftritten bei Geburtstagesfeiern und sonstigen geselligen Anlässen wird er häufig eingeladen. In guter Erinnerung ist ihm sein erster (und auch letzter) Auftritt als Straßenmusikant in Konstanz. Manchmal möchte der ausgebildete Taucher Kiermeyr schon „abtauchen“, besonders wenn ihm der Rummel zu groß wird. „Aber spätestens im November wird Lukas kribbelig“, lacht seine Frau Sieglinde. Dann bereitet er sich auf die nächste Faschingssaison vor.

Langsam kommt das Gespräch zum Abschluss. Der myHeimat-Mann bittet Kiermeyr um das obligate Kanapee-Foto. Er lehnt zunächst ab. Nach etlichem Hin und Her willigt er ein. Es dauert lange, bis die Position stimmt. „Der macht mi’ no’ hin“, stöhnt der Humorstratege mit zusammengebissenen Zähnen. Dann endlich stimmt alles. Das Bild ist im Kasten und der Pressemann verabschiedet sich von dem freundlichen Ehepaar. Er strebt nach Hause und gönnt sich eine Ruhepause. Auf seinem Kanapee natürlich, wo sonst….

  • Sind gerne mit dem Wohnmobil unterwegs: Ehepaar Kiermeyr
  • hochgeladen von Gerhard Fritsch
  • Bild 3 / 3

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