Neue Entscheidungen im Verkehrsstrafrecht

1. Fahrerlaubnisentzug und Sperre
In letzter Zeit konnte festgestellt werden, dass ein vorzeitiger Wegfall von Entziehung und Sperre oder vorzeitige Aufhebung und Reduzierung der Fahrerlaubnissperre oder eine Geldstrafenermäßigung bei Verkehrsdelikten großzügiger gehandhabt wurde als zuvor, wenn Nachweise über Nachschulungen/Therapie vorgelegt werden konnten.
Selbst bei relativ hohen Blutalkoholwerten konnte dann das Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft davon überzeugt werden, dass eine Sperrfrist z. B. verkürzt werden kann.
Eine Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Therapie konnte z. B. auch dazu führen, dass der Vorwurf des grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Überholens nicht mehr zur Annahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kfz führte. Ein Fahrverbot wurde für ausreichend erachtet.
Es bleibt jedoch dabei, dass eine Abkürzung der Sperre bzw. ein Nichtverhängen einer Sperre den Ausnahmefall darstellt, der im Einzelfall konkret zu prüfen ist.

2. Verkehrsunfallflucht
Bei der Frage, ob wegen einer Verkehrsunfallflucht ein Fahrerlaubnisentzug folgt, ist auf eine Bedeutsamkeitsgrenze des Fremdschadens abzustellen, die derzeit bei ca. 1.300,00 € gezogen wird. Letzten Endes gilt hier aber keine starre Grenze, sondern es sind die konkreten Tatumstände zu berücksichtigen.

3. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Hier stellt sich die Frage, ob die sogenannte Bagatellgrenze erreicht wird, die derzeit bei 50,00 € zu veranschlagen ist.
Gefestigt hat sich auch die Rechtsprechung dahingehend, dass derjenige sich nicht strafbar macht, der sich von einem anderen Ort als dem Unfallort, an dem er erstmals vom Unfall erfahren hat, entfernt.

4. Nötigung
Nicht jeder vorsätzliche Regelverstoß im Straßenverkehr, der auch in gewisser Weise nötigend wirkt, ist eine Nötigung im Sinne des § 240 StGB. Voraussetzung hierfür ist, dass die Einwirkung auf den anderen Verkehrsteilnehmer nicht die bloße Folge, sondern vielmehr der Zweck des Verhaltens ist.

5. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr
Der Tatbestand erfordert die konkrete Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert. Die Wertgrenze für die Annahme der Gefährdung wird derzeit bei ca. 750,00 € gezogen.

6. Fahrten unter Alkoholeinfluss
Hier kommt es bei der Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 ‰ nur darauf an, dass der Fahrer zur Zeit der Fahrt soviel Alkohol im Körper hat, dass dieser Wert zu irgendeinem Zeitpunkt nach Beendigung der Fahrt zu diesem höheren Grenzwert ansteigt.
Zur Frage, inwieweit eine Alkoholfahrt vorsätzlich oder fahrlässig begangen ist, wurde festgestellt, dass aus nachträglichen Ausfallerscheinungen keine Rückschlüsse auf ein vorsätzliches Führen eines Kfz in alkoholbedingt fahrunsicherem Zustand gezogen werden kann.
Auch gibt es keinen Erfahrungssatz dafür, dass derjenige, der eine erhebliche Menge Alkohol getrunken hat, seine Fahruntüchtigkeit kennt und insofern bei dem Genuss einer erheblichen Menge Alkohol vorsätzlich handelt.
Hinsichtlich der relativen Fahruntüchtigkeit wurde geurteilt, dass eine relative Fahruntüchtigkeit z. B. dann nicht vorliegt, wenn lediglich festgestellt werden kann, dass der Kraftfahrzeugführer einem Zeichen der Polizei nicht gefolgt ist oder den Blinker nicht getätigt hat oder sonst eine eher auf einer Nachlässigkeit beruhende Auffälligkeit festgestellt wird. Je geringer der Alkoholwert ist, desto strenger sind die Anforderungen an den Nachweis sonstiger Umstände.
Hinsichtlich einer Drogenfahrt gilt, dass eine Fahruntüchtigkeit nach Konsum von Drogen allein aufgrund eines positiven Wirkstoffspiegels im Blut nicht zu begründen ist. Es muss vielmehr ein Nachweis im Einzelfall geführt werden, dass die Einnahme der Betäubungsmittel tatsächlich rauschmittelbedingte Ausfallerscheinungen nach sich gezogen hat. Hierzu bedarf es aber weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, wobei alltägliche Fahrfehler nicht ausreichen.

7. Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis
Strittig ist die Frage, ob nach längeren Zeitablauf noch vor rechtskräftiger Verurteilung eine vorläufige Fahrerlaubnisentziehung erfolgen kann, da der grundsätzlich indizierte Eignungsmangel ja bereits durch den Zeitraum, in dem beanstandungslos gefahren wurde, widerlegt sein kann.

8. Fahren ohne Fahrerlaubnis
Hier gibt es immer noch keine obergerichtliche Einigkeit darüber, ob eine im EU-Ausland ausgestellte Fahrerlaubnis, insbesondere dann, wenn dem Betroffenen früher in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen worden war, gültig ist.
Es scheint eine Tendenz dahingehend festzustellen zu sein, dass zumindest eine nach dem 19.01.2009 im Ausland ausgestellte EU-Fahrerlaubnis nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt, falls zuvor die deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden war. Zumindest ist hier dann die Frage eines sogenannten Verbotsirrtums zu diskutieren, aber auch die Frage, ob sich z. B. aus dem Führerschein selbst feststellen lässt, dass der Inhaber bei der Ausstellung nicht im ausstellenden Staat wohnte.

Bürgerreporter:in:

Greiner & Kollegen PartGmbB Rechtsanwälte aus Friedberg

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