Europarecht gegen Deutsches Arbeitsrecht

Wiederholt haben sich Urteile des Europäischen Gerichtshofes gegen das Deutsche Arbeitsrecht gestellt und langjährige inländische arbeitsrechtliche Gepflogenheiten beendet.

Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom Januar 2010 betrifft nunmehr auch die Berechnung von Kündigungsfristen im Rahmen des Deutschen Arbeitsrechtes. Gem. § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB ist bei der Berechnung der Kündigungsfristen für den Arbeitgeber zu beachten, wie lang das Arbeitsverhältnis im Betrieb oder Unternehmen des Arbeitgebers bestanden hat. Je länger ein solches Arbeitsverhältnis bestanden hat, desto länger ist die Kündigungsfrist, die vom Arbeitgeber beachtet werden muss.

Gem. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB waren bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers lagen, nicht zu berücksichtigen.

Mit Urteil vom 19.01.2010, Aktenzeichen: C 555/07, hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine solche Regelung eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellen würde. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes liegt darin nicht nur ein Verstoß gegen die einschlägigen Richtlinien, sondern auch gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechtes. Damit ist § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB als unwirksam zu werten, innerstaatliche Gerichte haben diesen Paragraphen notfalls unangewendet zu lassen.

Für die Arbeitnehmer bedeutet dies, dass die Arbeitgeber bei Berechnung der gesetzlichen und ggf. auch tarifvertraglichen Kündigungsfristen ab sofort sämtliche Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen haben, auch solche, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres im Betrieb oder dem Unternehmen des Arbeitgebers geleistet werden.

Wichtig ist auch, dass es keinen Vertrauensschutz für die bisherige Regelung gibt. Dies bedeutet, dass sogar Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt des Urteils bereits gekündigt waren, sich noch auf die Europarechtswidrigkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB berufen können, wenn dieser in ihrem Falle Berücksichtigung gefunden hat.

Der Europäische Gerichtshof hat mit dieser Entscheidung erheblich in das Deutsche Arbeitsrecht eingegriffen. Es stellt sich die Frage, ob diese Entscheidung nicht noch weitreichendere Konsequenzen hat. Es stellt sich die Frage, ob Altersgrenzen in Tarifverträgen überhaupt noch wirksam vereinbart werden können.
Dies hat insbesondere Bedeutung bei Berufen, die bislang eine Altersgrenze nach oben hin vorsehen. Aktuell liegt dem Europäischen Gerichtshof ein Vorlagebeschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 17.06.2009 vor betreffend die Altersgrenze von 60 Jahren bei Piloten.

Es bleibt abzuwarten, wie der Europäische Gerichtshof zu dieser Frage Stellung nehmen wird.

Grundsätzlich sollten Arbeitnehmer für den Fall, dass ihnen gegenüber eine Kündigung ausgesprochen wird, sehr genau den Sachverhalt prüfen und ggf. anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen.
Für Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Bürgerreporter:in:

Greiner & Kollegen PartGmbB Rechtsanwälte aus Friedberg

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