Die Haftung des Erben
Im Falle des Todes von Angehörigen haben die Erben häufig die Befürchtung, einen überschuldeten Nachlass zu erben und meinen, dieses Problem durch eine Ausschlagung der Erbschaft am besten lösen zu können.
Die Ausschlagung der Erbschaft kann i. d. R. nur binnen einer Frist von sechs Wochen gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erfolgen. Die Frist für die Ausschlagung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Erbfall und dem Grund seiner Berufung als Erbe Kenntnis erlangt hat. Also gerade nicht sofort mit dem Tode des Erblassers.
Ungeachtet dessen ist diese Frist sehr knapp und es bestehen meist keine Möglichkeiten, sich innerhalb dieser Frist ausreichend Kenntnis über den Nachlass zu verschaffen. Eventuellen Schulden des Erblassers stehen möglicherweise auch entsprechende Guthaben oder Lebensversicherungen, etc... gegenüber.
Trotzdem überwiegt häufig die Angst vor den Schulden, weswegen möglicherweise ohne Grund die Erbschaft ausgeschlagen wird.
Mit der Ausschlagung, die nur in seltenen Fällen wieder rückgängig gemacht werden kann, verliert der Erbe aber dann auch jeden Zugriff zum Nachlass.
Die Ausschlagung bewirkt, dass der Erbfall als nicht erfolgt gilt. Durch die Ausschlagung wird dann automatisch der nachfolgende Erbe in der gesetzlichen Erbfolge oder der testamentarische Ersatzerbe als Erbe berufen. Auch dieser hat dann wieder ab Kenntnis die Möglichkeit, innerhalb von sechs Wochen das Erbe auszuschlagen.
Letztlich ist es in der Tat so, dass das Vermögen einer Person mit deren Tode als Ganzes auf den Erben übergeht. Also sowohl das aktive Vermögen, als auch die Schulden des Erblassers, die auch den größeren Anteil ausmachen können. Wenn der Erbe die Erbschaft annimmt oder nicht innerhalb der sechs Wochen ausschlägt, dann haftet er für die Schulden des Erblassers tatsächlich sowohl mit dem Nachlass, als auch mit seinem eigenen Vermögen. Ist die Frage der Überschuldung völlig offensichtlich, ist die Ausschlagung die einfachste und sicherste Form, sich von den Verbindlichkeiten des Erblassers zu befreien.
Durch Anwälte wird trotzdem im Rahmen einer Beratung meist von der Ausschlagung abgeraten. Warum?
Wie die Wenigsten wissen, stellt das Gesetz dem Erben verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, mit denen er die Haftung für Schulden des Erblassers zumindest auf den Nachlass beschränken kann und somit nicht mit seinem eigenen Vermögen haften muss. Die Wichtigsten sollen kurz angesprochen werden:
Das Aufgebotsverfahren gibt dem Erben die Möglichkeit, beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen, ein Aufgebot zu erlassen.
Die Gläubiger müssen dann innerhalb einer bestimmten Frist ihre Forderungen anmelden. Gegenüber denjenigen, die ihre Forderung zu spät anmelden, haftet der Erbe nicht mehr mit seinem Eigenvermögen.
Bis zum Ablauf der Frist kann der Erbe die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten zunächst insgesamt verweigern.
Ferner gibt es einen zusätzlichen Ausschluss von Gläubigern, die ihre Forderung gegenüber dem Nachlass innerhalb von fünf Jahren ab dem Erbfall nicht geltend machen.
Die Nachlassverwaltung: Ist der Erbe der Auffassung, dass der Nachlass möglicherweise nicht zur Erfüllung aller Verbindlichkeiten ausreicht, kann er auch die Nachlassverwaltung beim zuständigen Nachlassgericht beantragen. Der Nachlassverwalter übernimmt die Verwaltung des Nachlassvermögens. Der Erbe schützt so sein Eigenvermögen zunächst vor dem Zugriff der Gläubiger.
Die Nachlassinsolvenz:
Soweit der Erbe feststellt, dass die Verbindlichkeiten des Erblassers höher sind, als der vorhandene Nachlass, kann er (allerdings dann unverzüglich) beim Amtsgericht einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens stellen. Ebenso wie bei der Privatinsolvenz oder der Insolvenz einer Firma beschränkt sich dann die Haftung auf den vorhandenen Nachlass, der an die Nachlassgläubiger entsprechend ihrer Quote verteilt wird. Im Übrigen fallen die Gläubiger aber mit ihrer Forderung heraus.
Das Nachlassgericht eröffnet ein Nachlassinsolvenzverfahren allerdings nur dann, wenn das vorhandene Vermögen zumindest noch ausreicht, um die Kosten des Nachlassverfahrens zu decken. Ansonsten wird der Antrag abgelehnt.
Mit dieser Ablehnung mangels Masse kann der Erbe aber zugleich nachweisen, dass der Nachlass "dürftig" ist und verhindert damit im Ergebnis die Haftung seines Privatvermögens für die Schulden.
Die Dürftigkeitseinrede:
Reicht der Nachlass nicht einmal dafür aus, um die Kosten der Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz zu decken, kann der Erbe die sogenannte "Einrede der Dürftigkeit" des Nachlasses erheben. Auch damit kann er die Beschränkung seiner Haftung auf das Nachlassvermögen erreichen.
Obwohl die obigen Ausführungen naturgemäß nur ganz kurz die jeweiligen Möglichkeiten ansprechen konnten, dürfte wohl doch erkennbar sein, dass die Ausschlagung wirklich nur in ganz offensichtlichen Fällen geboten ist. Ansonsten ist einem Erben dringend zu empfehlen, sich zunächst sorgsam einen Überblick über den Nachlass zu verschaffen, bevor eine Ausschlagung in Erwägung gezogen wird. Reicht die Zeit nicht aus, so gibt es ausreichende Möglichkeiten, den Zugriff auf das eigene Vermögen zu verhindern.
Bürgerreporter:in:Greiner & Kollegen PartGmbB Rechtsanwälte aus Friedberg |
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