„Wir wollen die Erfolgsgeschichte Business-Park fortschreiben“: Ein Interview mit Bürgermeister Dr. Peter Bergmair

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Seit Mai 2002 leitet Dr. Peter Bergmair die politischen Geschicke der altbairischen Herzogstadt. Wie jedes Jahr stand uns der promovierte Politikwissenschaftler zum Jahresende Rede und Antwort. myheimat unterhielt sich mit dem Rathauschef über das nicht immer spannungsarme Verhältnis zur Nachbarstadt Augsburg, den Durchgangsverkehr in der Ludwigstraße, die Erfolgsgeschichte Business-Park und einen denkwürdigen Konzertabend in der Produktionshalle des Kalksandsteinwerks Friedberg.

myheimat: Herr Dr. Bergmair, ein Jahr mit angenehmen und unangenehmen Ereignissen liegt hinter Ihnen. Arbeiten wir uns von den negativen zu den positiven Themen vor. Ein brisantes Thema im abgelaufenen Jahr war die Straßenbahnlinie 6. Die angekündigte komplette Sperrung zwischen Chippenhamring und Meringer Straße sorgte für eine frostige Stimmung zwischen Friedberg und Augsburg. Sie selbst sprachen von einem „Ernstfall in der Beziehungen“ zwischen den beiden Städten. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur größeren Nachbarstadt beschreiben?
Bergmair: Die Stadt Augsburg wollte die Absicht einer Vollsperrung mit uns diskutieren, und wir mussten hierzu klar Stellung beziehen. Wir pflegen eine kommunale Nachbarschaft, bei der es – wie in unserem Alltag – gemeinsame, aber auch gelegentlich unterschiedliche Interessen gibt. Auf dieser Basis ist eine offene Aussprache möglich, die gleichzeitig weiterhin das gute Einvernehmen erhält.
myheimat: Einige Friedberger Stadträte zeigten wenig Neigung, den „Fußabstreifer für Augsburg“ zu spielen. Haben Sie Verständnis für den Unmut Ihrer Stadtratskollegen?
Bergmair: Ich würde da weniger von „Unmut“, vielmehr von Mut sprechen, den die Stadträte ja für Ihre Heimatstadt zeigen.
myheimat: Bleiben wir beim Thema Verkehr. Ein viel diskutiertes Thema in der altbairischen Herzogstadt war auch der Bürgerentscheid „Fußgängerzone Ludwigstraße“. Nur ein Drittel war dafür, dass die Ludwigstraße von der Bahnhofstraße bis zur Schloßstraße als Fußgängerzone ausgewiesen wird. Gleichwohl sprachen Sie selbst davon, dass bei vielen ein „Unbehagen“ bleibe angesichts eines noch immer starken Durchgangsverkehrs. Das Thema bleibt also auf der Agenda. Wie sieht Ihre Zukunftsvision für die Ludwigstraße aus?
Bergmair: Es geht um konkrete Ziele, die auf zahlreichen Entscheidungen der städtischen Gremien fußen. Die Aufenthaltsqualität, Sicherheit und Attraktivität sollen gestärkt und der störende Durchgangsverkehr noch weiter zurückgedrängt werden. Einiges davon ist ja bereits verwirklicht.
myheimat: Die Geschäftsinhaber hatten in den letzten Jahren doch einiges zu erleiden – als Stichwörter seien hier nur die Pflasterung und Neugestaltung der Ludwigstraße und die Sanierung des Friedberger Berges genannt - und plädieren nachvollziehbarer Weise dafür, dass Ihre Geschäfte gut erreichbar sein müssen. Dementsprechend zeigten sich viele Einzelhandels-Geschäftsinhaber erleichtert über den Ausgang des Bürgerentscheides. Auf der anderen Seite soll die Ludwigstraße auch keine „Rennbahn“ sein. Wie lässt sich hier ein Ausgleich der Interessen herstellen? Haben Sie Verständnis für die Argumentation der Geschäftsleute?
Bergmair: Es ist in der Tat unsere Erfahrung, dass sich solche Interessen nicht von selbst ausgleichen. Dies muss dadurch geschehen, dass nachvollziehbare und akzeptable Rahmenbedingungen vorgegeben werden. Der Stadtrat hatte vor dem Bürgerentscheid sehr detailliert festgelegt, was zu tun ist. Bei diesen Festlegungen sind die Argumente der Geschäftswelt, aber auch die der anderen Verkehrsteilnehmer und Betroffenen eingeflossen.
myheimat: Nicht nur Umbau- und Sanierungsmaßnahmen schlagen der Geschäftswelt auf den Magen. Auch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise wirkt sich ungünstig auf Städte und Gemeinden aus. Die Gewerbesteuereinnahmen sinken überall. Augsburg verzeichnet ein Minus von 29 Prozent und die Fuggerstadt hat einen Schuldenstand von 260 Millionen Euro zu beklagen. Inwieweit macht sich der negative Trend bei den Gewerbesteuereinnahmen auch in Friedberg bemerkbar und mit welchen Folgen ist zu rechnen?
Bergmair: Auch wir Friedberger werden das sehr gute Ergebnis der letzten beiden Jahre nicht halten können. Im Haushaltplan 2010 gehen wir davon aus, dass wir gut neun Millionen Euro an Gewerbsteuer einnehmen werden. Dadurch wird die bisher zur Verfügung stehende Finanzmasse erheblich reduziert. Dass wir vor einem „Jahr des Sparens“ stehen, ist folglich klar.
myheimat: Hinzu kommt, dass die ersten Signale der neuen schwarz-gelben Regierung in Richtung Steuersenkungen und Entlastung des Mittelstandes gehen. Werden die Kommunen nicht bald finanziell handlungsunfähig, wenn die Bundesregierung ständig den Ländern, Städten und Gemeinden in die Tasche greift? Immerhin sind Einkommensteuer und Gewerbesteuer ergiebige Einkunftsquellen der Städte und Gemeinden, oder?
Bergmair: An diesem drastischen „Politjargon“ möchte ich mich nicht beteiligen. Dennoch stimmt es, was viele Bürger spüren und ahnen: Dass es mit der Schuldenwirtschaft so nicht weitergehen kann. Zusammen mit unserem Stadtrat werde ich darum kämpfen, dass wir den kommunalen Rahmen des finanziell Möglichen nicht verlassen.
myheimat: Wie stellt sich die Situation der städtischen Finanzen am Ende des Jahres 2009 dar? Können Zuführungen vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt erreicht werden? Steht das notwendige Geld für Investitionen im Jahr 2010 bereit?
Bergmair: Nun, ganz so schlimm kommt es ja auch wieder nicht. Der Verwaltungshaushalt wird im nächsten Jahr immerhin mit etwa 42 Millionen Euro sehr hoch veranschlagt. 18 Millionen Euro stehen für Investitionen und Projekte zur Verfügung. Die so genannte Mindestzuführung im Verwaltungshaushalt werden wir erreichen. Maßlose Ansprüche werden allerdings nicht bedient werden können. Dennoch wird vieles fortgeführt und das eine oder andere Projekt neu in Angriff genommen.
myheimat: Verlassen wir das Gebiet der Haushaltspolitik und widmen wir uns einem anderen kommunalpolitischen Brennpunkt. Die Stadt will die Friedberger Au langfristig als Naherholungsgebiet sichern. Ein zweiter Badesee, Kleingärten und andere Freizeiteinrichtungen sind vorgesehen. Kritiker sehen darin eine reine Verhinderungsplanung ohne positive Ziele und werfen der Stadt vor, dass es ihr lediglich darum gehe, den Bau eines Schweinemastbetriebes zu blockieren. Bis Juni 2010 sollten die Planungen für das Gebiet „Friedberger Au“ abgeschlossen sein. Wenn sich die Grundstücksbesitzer allerdings weigern, Flächen herzugeben, ist der Zeitplan in Gefahr. Ist jetzt nicht der Bürgermeister als Moderator gefragt?
Bergmair: Die Moderation findet ja statt im Rahmen des bestehenden Rechts. In der Bauleitplanung werden ein neuer Bebauungsplan entwickelt und der Flächennutzungsplan angepasst werden. Damit stehen zahlreiche Möglichkeiten und Instrumente zur Verfügung, um Anregungen und Willensbekundungen in die gebotene Abwägung einzubringen. Daraus entsteht, wie vielfach verdeutlicht ist, eine Angebotsplanung, um den klaren Auftrag aus dem Bürgerentscheid umzusetzen.
myheimat: Kommen wir zu den erfreulicheren Themen des Jahres 2009. Der Business-Park ist weiterhin eine Erfolgsgeschichte. Eine Erweiterungsfläche zu 110.000 Quadratmetern steht im zweiten Abschnitt zur Verfügung. Stehen die ansiedlungswilligen Unternehmen schon Schlange?
Bergmair: Trotz schwieriger Zeiten für die Wirtschaft haben sich bereits drei Unternehmen entschlossen, dass Sie sich im Businesspark niederlassen werden. Wir gehen davon aus, dass diese Erfolgsgeschichte fortgeschrieben wird. Und wenn es etwas langsamer als bisher ginge, hätte das den Nebeneffekt, dass wir die eine oder andere Fläche als Vorrat bereithalten können.
myheimat: Ein weiteres positives Kapitel des Jahres 2009 ist zweifellos das 50-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft Friedberg-Völs. Mit Ihrem Amtskollegen Dr. Arno Kompatscher konnten Sie sozusagen „Goldene Hochzeit“ feiern. Wie empfinden Sie das „Eheleben“ nach so langer Zeit?
Bergmair: Ob die gute Freundschaft, die mich mit Dr. Arno Kompatscher verbindet, gleich als eine „Goldene Hochzeit“ bezeichnet werden sollte, möchte ich doch bezweifeln. Aber es stimmt ja: Die Partnerschaft bleibt jung und vital, weil die Mischung stimmt. Zu den „älteren Semestern“ gesellen sich wieder viele junge Gesichter. Die jahre- und jahrzehntelangen Freundschaften werden durch neue aufgefrischt. So kann diese schöne Städtefreundschaft nach dem großen Jubeljahr 2009 in eine gute Zukunft gehen.
myheimat: Gab es irgendein persönliches Highlight im Jahr 2009, an das Sie sich besonders gerne erinnern?
Bergmair: Ein Konzertabend bei „Kultur in der Fabrik“ in der Produktionshalle des Kalksandsteinwerks Friedberg. Dort hat das kleine Ensemble QUIJOTE aus Chemnitz bewegende Lieder von Mikis Theodorakis vorgetragen – ich zehre immer noch davon!

Bilder: Redaktion, Franz Scherer und Stadt Friedberg

myheimat-Team:

Joachim Meyer aus Friedberg

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