Nina Hagen in Friedberg: Bekenntnisse in der St. Jakobskirche
Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Friedberger Stadtpfarrkirche St. Jakob am Montagabend des 17. Mai 2010. Im Rahmen des Jahresprogamms 2010 der Freunde der Kirchenmusik St. Jakob waren die Besucher gekommen um zu erfahren, was Nina Hagen über ihren Weg zu Gott erzählen würde. Mit Gospelgesängen zur von ihr selbst gespielten Gitarre las und erzählte die deutsche Punk-Lady von Stationen aus ihrem bewegten Leben, die sie in ihrem neuen Buch Bekenntnisse – Mein Weg zu Gott veröffentlicht hat. Nur wenige Minuten brauchte die in der breiten Masse als schillernd und schrill bekannte Nina Hagen um die Sympathie der Friedberger Kirchenbesucher zu gewinnen.
"Das müssen Sie Gott fragen, denn Gott lenkt und leitet mein Leben" antwortete Nina Hagen in einem Interview der Stadtzeitung auf die Frage, was sie bewogen habe ihre jetzt beginnende Tournee, die sie nach Metropolen wie Wien, München, Paris und Helsinki führen wird, in der Kirche St. Jakob in Friedberg zu beginnen. "Das kommt von Gottes Volk, die mir eine Einladung geschickt haben."
„Liebe Geschwister, lobpreiset den Herrn!“ begrüßte Nina Hagen ihre Gäste, griff zur Gitarre und stimmte die Zuhörer mit „Spirit in the sky“ auf einen sinnlich heiteren Abend ein. Mit Bernhard Meuser (Weltbild- und Pattloch-Verlag) entwickelt sich auf dem Podium eine zwanglose, fast familiäre Unterhaltung über Nina Hagens Leben von der Kindheit bis heute. Die 1955 im damaligen Ostberlin geborene „Nini“, wurde geprägt von der frühen Scheidung ihrer Eltern, der Schauspielerin Eva Maria Buchholz und dem Regisseur und Drehbuchautor Hans Oliva Hagen. Schon als Kind habe sie mit ihrer ersten Freundin Elke Lindemann in einer neuapostolischen Kirche in der Nähe gespielt, weil sie begeistert von der Ausstrahlung des sakralen Orts war.
Der siebenjährige Lebensabschnitt von Nina Hagens Mutter mit Wolf Biermann war prägend für Nina Hagens Leben. Über ihren “raumgreifend schnautzbärtigen Mensch Biermann“, wie sie ihren Stiefvater beschreibt, baute die Neunjährige ihr Gitarrenspiel aus und „schmetterte coole Biermann-Lieder in cooler Biermann-Art.“ „Fritz Teufel, Rainer Langhans und Heinrich Böll, alle scheuten mal bei uns vorbei!“ Als Biermann durch sein systemkritisches Liedgut bei der damaligen DDR-Regierung in Misskredit geriet, bekam Nina Hagen diese Auswirkungen am eigenen Leib zu spüren.
Über ihren ersten LSD-Trip mit siebzehn Jahren spricht Nina Hagen ganz ungezwungen. Als wäre sie alleine mit Bernhard Meuser in der Jakobskirche, beschreibt sie die Auswirkungen der Droge und den Moment der ersten persönlichen Begegnung mit Gott. „Gehst Du wieder weg, wie all die anderen?“, hat sie ihn gefragt. „Nein“, habe ihr Gott geantwortet, „Ich war immer da! Ich werde immer da sein!“ Immer wieder unterbricht Nina Hagen ihre Erzählungen und greift zur Gitarre. „Vater unser“, „Amazing Graze“, „Mean Old World“, We shall Overcome“, „Down At The Cross“ hallen mit bluesgetränkter Stimmgewalt Nina Hagens durch die Kirche.
Eine etwas andere Nina Hagen, als die in der Öffentlichkeit bekannte, schrille und exzessive Punkerin bekommen die Menschen in der Friedberger Jakobskirche zu hören. Sicher, da oben quasselt, musiziert und lacht eine grell geschminkte Nina Hagen mit unverkennbarer Mimik. Aber es wird klar, dass hinter der Fassade eine Frau und Mutter mit einer riesigen Lebenserfahrung wohnt, die ihren Weg zu Gott gefunden hat. Ganz still wird es in der Kirche, als die absolute Gegenerin der Todesstrafe die Frage stellt, ob Jesus vielleicht nicht von uns umgebracht worden wäre, wenn Menschen sich nicht bekriegen würden. Nina Hagen beendet ihren Auftritt und nimmt sich lange Zeit, viele Bücher, Plattencover, CD's und Plakate zu signieren. Für Jeden hat sie ein Lächeln, ein freundliches Wort.
Nina Hagen ließ sich am Israelsonntag, dem 16. August 2009 in Schüttdorf an der holländischen Grenze in einer evangelisch reformierten Kirche katholisch taufen.
Weitere Informationen:
Nina Hagen: Bekenntnisse
Nina Hagen im Internet
Nina Hagen auf dem Kirchentag 2010 in München
Nina Hagen bei Wikipedia
Bürgerreporter:in:Franz Scherer aus Friedberg | |
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