„Unter die Haube kommen“
Hochzeitsgewand für die Friedberger Zeit
Eine besondere Hochzeit zur „Friedberger Zeit“
„Matrimonium in facie Ecclesiae contraxit Josephus Wernle Thirollensis de Fels et horologiarius in Donauwerth, Joannis Georgii Wernle Coloni in Fels et Margarethae conjugum ppmm. filius leg. cum Francisca, Dominici Weinhart Ludimagistri hujatis et Theresiae conjugum filia leg. Praesentibus Andrea Strixner et Sebastiano Stadler“ (Pfarrarchiv St. Jakob Friedberg, Hochzeitsmatrikel, Bd. II 1709 – 1789) – Die Ehe schloss im Angesicht der Kirche Joseph Wernle, ein Tiroler von Fels und Uhrmacher in Donauwörth, ehelicher Sohn der verstorbenen Eltern Johann Georg Wernle, Bauer in Fels, und Margarethe mit Francisca, der ehelichen Tochter der Eltern Dominikus Weinhart, Schullehrer von hier, und Theresia, im Beisein von Andreas Strixner und Sebastian Stadler.
Joseph Wörndle hatte eine schwere Kindheit und Jugend. Mit 11 Jahren war er Vollwaise geworden. Seine Eltern Georg und Margarethe Wörndle, geb. Kompatscher, Saltner zu Ums, wohnhaft im Brunnergütl, waren früh verstorben. In Pressburg lernte er bei seinem Bruder Georg das Uhrmacherhandwerk. Es ist anzunehmen, dass Joseph als Geselle nach Friedberg gekommen ist, bevor er sich in Donauwörth als Uhrmachermeister niederlassen konnte, nachdem sich dazu in Friedberg keine Gelegenheit bot. In Friedberg lernte er Francisca Weinhart kennen, geboren am 13. Mai 1761 als Tochter des ludimagister und Scholiarcha (Schulleiter) Dominikus Weinhart und seiner Ehefrau Theresia, geborene Erhard. So feierten Joseph Wörndle und Franziska Weinhart, wie anfangs schon ausgeführt, am 23. Februar 1748 ihre Hochzeit. Obwohl die Braut weder eine Uhrmacherstochter noch eine Uhrmacherswitwe war, war es doch eine richtige Uhrmacherhochzeit. Waren doch alle Trauzeugen Uhrmacher, die Friedberger Andreas Strixner und Sebastian Stadler wie auch Franziskas Bruder Johannes Joseph und ihr Schwager Franz de Paula Schuster.
Musical „Liebe auf Uhrwegen“
Das Leben, die Liebe und die Hochzeit von Franziska und Joseph Wörndle wird im Musical „Liebe auf Uhrwegen“ besungen und dargestellt. Das Gymnasium Friedberg hat das Musical zum Altstadtfest 2003 zur Urauffühurung gebracht.
Die junge Frau, die sich während des Stadtfestes Friedberger Zeit trauen lassen will, kann sich so schön und besonders gewanden wie Maria Franziska Weinhart als Braut im Musical.
Das Besondere am Brautgewand für die Friedberger Zeit
Die Bluse aus feinem weißen Spitzenstoff hat weite, lange Ärmel. Dazu können Stutzer in Weiß getragen werden. Aus dem gleichen Spitzenstoff besteht die Schürze. Das Schürzenband, breit und bodenlang, meist rot gemustert, wird vorne in der Mitte über der Schürze getragen.
Das Besondere macht der Goller (lateinisch collum = Hals) aus. Über dem normalen Friedberger Gewand (Rock und Mieder mit Stecker) wird es um den Hals und über den Schultern getragen und bedeckt teilweise auch Brust und Rücken. Als Hochzeitsgoller, reich verziert mit Rüschen und Spitzen, wird er aus dem gleichen Spitzenstoff genäht. Die zwei Gollerketten werden im Rücken überkreuzt und vorne verknotet. Die Enden können mit Gollerbollen verziert werden.
Als Brautkrone (Blumenkränzchen waren in der Friedberger Zeit nicht üblich und passen nicht zum Friedberger Gewand) wurde der pompöse Potzenhafen getragen. Die Braut Maria Franziska trug im Musical das kleinere Granl.
„Unter die Haube kommen“ bedeutet „heiraten“. Obwohl auf den alten Votivtafeln auch schon die ganz kleinen Mädchen Hauben zum Friedberger Gewand tragen, zeichnet alle Frauen im Friedberger Gewand die Haube aus. Zur Hochzeit bietet sich eine besonders üppig geschmückte Haube an.
Den passenden feinen Stoffe, die Schnitte für Gewand, Goller, Armstutzen hält die Stoffstube bereit, ebenfalls die „Gollerbollen“ für die Gollerketten. Schneidermeisterin Gabriele Gail hat den Schnitt für den Goller nach einer historischen Vorlage gezeichnet und einen ganz feinen Goller genau nach dem Bild der Friedbergerin Maria Francisca Steinhardt gefertigt.
Text: Gabriele und Hubert Raab
Fotos: Hubert Raab