Der Humanität verpflichtet
Vom Leben mit Asylsuchenden - Die Pfarrei lädt zum Dialog ein und kann viele Fragen klären
Asylheime? Ja sicher, aber bitte nicht vor meiner Haustür. Diese Denkweise ist wohl auch in Friedberg verbreitet, wo Ende April eine Infoveranstaltung über die geplante Unterkunft an der Afrastraße für etwa 70 Asylbewerber zu einem großen Aufreger wurde.
Dabei wollte es die Pfarrei St. Jakob nicht bewenden lassen und griff das umstrittene Thema mit einem weiteren Gesprächsabend nun noch einmal auf. Pater Markus Hau hatte ein breites Spektrum an Rednern zur Diskussion eingeladen, die möglichst viele Facetten rund um das Leben mit Asylsuchenden beleuchten sollten. Zum Auftakt wünschte sich der Stadtpfarrer eine „tolerante Streitkultur“, auf die Meinung anderer zu hören, aber keinen „Kuschelabend für Gutmenschen“ .
In drei Gesprächsrunden – hervorragend moderiert von Supervisorin Andrea Schmid, kamen Vertreter der Polizei, Ehrenamtliche, Anwohner und Verantwortliche zu Wort und mit den Besuchern ins Gespräch. Sie alle trugen dazu bei, dass viele der Fragen und Befürchtungen, mit denen rund 150 Besucher zur Veranstaltung gekommen waren, geklärt und entkräftet werden konnten. Was das Publikum vor allem überzeugte, war die Glaubwürdigkeit, mit denen die Inhalte vermittelt wurden. Da wurde Berührendes angesprochen, um Verständnis gebeten, aber auch Vorbehalte oder mögliche Probleme kamen zur Sprache. Das machte die Debatte rund.
So erklärte etwa Hauptkommissar Max Baumann, dass sich die Polizei auf die Situation einstellen müsse. „Nicht weil hier eine Gefahr zu erwarten ist, sondern weil es Aufgabe der Polizei ist, die Grund- und Bürgerrechte der Anwohner und Asylanten zu schützen.“ Dass man die Situation im Auge behalten müsse, liege nicht an den Asylsuchenden, sondern an möglichen Ausschreitungen von Gegnern. Zu den großen Problemen im Umgang mit Asylsuchenden gehören Sprachbarrieren – hier sind zum Teil Vierfachübersetzungen nötig – und die mangelnde Beschäftigung. Wie trostlos das Leben im Asylbewerberheim ist, erklärt Flüchtlingsbetreuerin Rosy Lutz: „Das Leben hat keine Tagesstruktur, es ist kein wünschenswertes Leben. Die Asylbewerber dürfen nicht arbeiten, und sie wünschen es sich so sehr.“
Doch nicht nur Problematisches, sondern auch Bewegendes wird angesprochen. Wie freundlich und dankbar die Asylsuchenden seien, berichtet Monika Treffler aus Tattenhausen, wo 37 Asylbewerber mit 80 Einheimischen leben. „Die Lebensqualität hat sich bei uns nicht verschlechtert. Jeder sagt Hallo und es einfach mehr los in Tattenhausen.“ Erst kürzlich wurde ein Fußballturnier mit den Flüchtlingen organisiert, bei dem alle viel Spaß miteinander hatten. Auch in Ottmaring, wo neun Erwachsene und acht Kinder dezentral untergebracht sind, funktioniert das Miteinander gut. „Das Verhältnis ist zu den Familien ist gewachsen“, erzählt Marlene Winkler. „Die Familien sind sozial integriert und in der Pfarrei gut aufgenommen worden.“
Beeindruckend ist vor allem das große Engagement vieler ehrenamtlicher Unterstützer, das in dieser Dimension vielen Besuchern nicht bewusst war und echten Applaus verdient. Sie opfern viel Zeit und manchmal auch Nerven, um sich für Asylsuchende einzusetzen. Sie geben Deutschkurse, leisten Unterstützung bei Behördengängen und vieles mehr. Manchmal sind sie einfach nur da. „Ich habe gemerkt, wie dankbar sie für einen Blick und Offenheit sind, für Respekt – auch wenn sie eine andere Hautfarbe haben.“
Die meisten der Asylbewerber sind schwer traumatisiert. Sie haben ihre Heimat verlassen und Schlimmes erlebt. Folter, Misshandlungen, Mord. „Das Gros der Flüchtlinge kommt hierher, um zu leben – nicht um besser zu leben“, erklärt die Ärztin Dr. Christine Dittmann, die sich freiwillig engagiert, mit Nachdruck.
Über die verwaltungsrechtlichen Aspekte der Aufnahme von Asylbewerbern erklärt Sabine Ahlers als zuständige Abteilungsleiterin im Landratsamt viel Wissenswertes. Sie erläutert, wie die Zuweisung der Regierung von Schwaben funktioniert, welche Vor- und Nachteile dezentrale Unterbringung und Gemeinschaftsunterkünfte haben und dass der Landkreis händeringend nach Wohnungen sucht.
Friedbergs Erster Bürgermeister Dr. Peter Bergmair bestätigt, wie schwierig es sei Unterkünfte zu finden. Doch man müsse sich der Problematik stellen. „Es geht hier um das Grundrecht auf Asyl“, so der Bürgermeister, „Es ist nicht unsere Aufgabe, dies in Zweifel zu ziehen. Von diesem Grundrecht ist unsere Demokratie elementar geprägt.“ Am Ende der Veranstaltung zeigt sich Dr. Peter Bergmair froh, dass nach der ersten unerfreulichen Infoveranstaltung wieder Hoffnung keimt, „dass wir in Friedberg eine Stadt haben, die sich in besonderer Weise der Humanität verpflichtet fühlt.“ Stadtpfarrer Markus Hau unterstrich diesen Tenor, indem er die Friedberger Bürgerinnen und Bürger aufforderte, sich der Verantwortung zu stellen und sie nicht einfach abzuschieben.
Mit der Debatte hat die Pfarrei einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Sie hat zum Dialog aufgefordert und mit vielfältigen Meinungen zu mehr Aufklärung beigetragen, Ängste genommen und Vorbehalte aufgeweicht. Das beweisen nicht zuletzt viele Gespräche, die auch nach der Veranstaltung noch geführt werden, und Abstimmungsplakate im Pfarrzentrum, die ein deutliches Votum zeichnen: Diese Veranstaltung war für mich hilfreich.
myheimat-Team:Dagmar Weindl aus Friedberg |
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