"Ich bleib' dann mal daheim" (Teil 85)
Friedberger Stadtteile kennenlernen: Haberskirch (Teil 1)
Der Stadtteil Haberskirch liegt etwa 4 Kilometer nördlich von der Altstadt mit einer Fläche von etwa 412 Hektar. Der Kernort hat 275 Einwohner und die Wochenendsiedlung 191.
Der älteste schriftliche Beleg für den Ort ist eine Urkunde des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg, die in die Jahre zwischen 1162 und 1167 datiert wird. In ihr tritt ein Eppo de Hadeprehteschirchun als Zeuge auf. Ein Hadepreht oder Hadupreht gab also wohl als Stifter der Kirche dem Ort den Namen. 1359 finden wir erstmals den Namen Haberskirchen. Bis zur Neugliederung eines Landgerichts Friedberg bald nach 1400 gehörte Haberskirch zur Herrschaft Mühlhausen, die bis zu ihrem Aussterben die Marschälle von Schiltberg innehatten. Im Jahre 1554 wurden 17 Feuerstätten, darunter 4 Bauern, genannt, 1750 waren es 18 Anwesen.
Bei der Gemeindebildung zu Anfang des 19. Jahrhunderts war Haberskirch zunächst ein Teil von Stätzling. Mit seinen 18 Familien war der Ort zu klein, um eine eigene Gemeinde zu bilden. Die Wohnbebauung begann damals erst unmittelbar vor der Abzweigung der Hadubertstraße von der St. Stefan-Straße. 1821 entschied die Regierung, dass Haberskirch unter Hinzunahme des Weilers Unterzell nunmehr eine eigene Gemeinde werden könne.
Unterzell gehörte nun bis 30. Juni 1972 zur Gemeinde Haberskirch und wurde mit dieser am 1. Juli 1972 nach Stätzling eingegliedert. Zum Abschluss der Gemeindegebietsreform wurde die Gemeinde Stätzling zum 1. Mai 1978 fast vollständig in die Stadt Friedberg eingegliedert, nur Unterzell wurde mit gleicher Wirkung in die Gemeinde Dasing umgegliedert.
Das Bild von Haberskirch hat sich nach dem 2. Weltkrieg wesentlich verändert. Zuerst wurde v. a. am westlichen Ortsrand gebaut. Dann entstand auch im Südosten ein ausgedehntes Neubaugebiet.
Beginnen wir unsere Kennenlerntour am westlichen Ortseingang von Haberskirch, wo die St. Stefanstraße an der AIC 25 beginnt. Sie führt durch den Ort, am Schulhaus vorbei, zum Hofbauer, der von 1920 bis 2007 Klostergut St. Scholastika des Benediktinerklosters St. Stephan in Augsburg war, zur Kirche St. Peter und Paul mit dem Pfarrhaus, und endet bei der Gastwirtschaft Lindermayr.
Wegkapelle
An der Stelle eines Grenzsteines, der im Urkataster vom Anfang des 19. Jahrhunderts eingezeichnet ist, steht ein „Wahrzeichen“ von Haberskirch, die Wegkapelle. Sie stammt aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. In der Nacht zwischen dem 6. und 7. Januar 1976 wurde aus ihr die aus der Entstehungszeit der Kapelle stammende thronende Muttergottesfigur gestohlen. Trotz diesem Verlust wird die Kapelle auch heute noch von der Einwohnerschaft von Haberskirch in Ehren gehalten und gepflegt. Der Rechteckbau mit seinen barockisierenden Bauelemanten innerhalb der kleinen gepflegten Anlage fällt auch dem eilig Vorbeifahrenden auf. Die Pilaster außen sind fein marmoriert. Im Giebeldreieck ist ein Dreieck im Strahlenkranz zu sehen, Symbol der Dreieinigkeit Gottes. Im Innern befindet sich eine neuzeitliche trauernde Maria. Bei der Restaurierung 1990/91 kamen Überreste einer ehemaligen Bemalung zum Vorschein. Links erkennen wir den Kopf eines Heiligen und rechts ein Wandbild des hl. Johannes Nepomuk. (Text aus G. und H. Raab, Kapellen im Wittelsbacher Land, S. 72) Die Kapelle verdient es, bei der seit 5 Jahren geplanten Neugestaltung des Ortseingangs von der Stadt Friedberg beachtet zu werden.
Das Schulhaus
Wo die Hadubertstraße von der Stefanstraße abbiegt, steht das Schulhaus (St. Stefan-Straße 35). Das Gebäude soll unter Denkmalschutz gestellt werden und die Stadt Friedberg will es kaufen. Der Stadtrat beschloss, das Gelände um das desolate Schulhaus zu einem Dorfmittelpunkt umzugestalten. In Haberskirch gab es schon früh eine Schule. Um 1810 wird Johann Schwegler als „Schulmeister“ im Haus Nr. 15, 1/16 Hof der Gemeinde, (heute Hadubertstraße 16) genannt. Als weitere frühe Lehrer sind genannt Franz Xaver Baumann aus Schrezheim, der 1834 in Haberskirch heiratete, Leonhard Ursprung aus Wertingen 1843 und Joseph Eckert aus München 1847. Sie wohnten im Haus Nr. 20 unmittelbar südlich der Kirche, das heute nicht mehr existiert und wo nun der Friedhof liegt. 1842 wurde eine Armen- und Schulstiftung ins Leben gerufen, bei der vermögende Leute zur Aufbringung des Schulgeldes einen Beitrag leisten sollten. Nach 1850 wurde das Schulhaus mit Lehrerwohnung für die Kinder der 106 Einwohner gebaut. 1964 schlossen sich Stätzling, Haberskirch und Wulfertshausen zu einem Schulverband zusammen. Das Schulgebäude in Haberskirch wurde als Schule nicht mehr gebraucht.
Hofbauer
Die Stefanstraße führt weiter zum Hofbauer, früher Nr. 6, heute Hofberg 2. Er wird schon um 1460 als Hof genannt, außerdem werden im selben Jahr das Widdum, zwei Gütlein und fünf Hofstätten, darunter eine Schmiede und eine Badstube erwähnt (Stadtbuch Friedberg, S. 230). Der in der Region einst größte Hof, ein sog. Ganzer (1/1) Hof, besaß um 1812 noch 276 Tagwerk. Grundherr war das Kastenamt Friedberg. Nach dem 30-jährigen Krieg bewirtschaftete Georg Härtl mit seiner Ehefrau Anna den Hof. Bei seiner Hochzeit um 1661 (STA Mü Steuerbuch STB 137) besaß er „7 Roß 5 Fohlen 12 Kühe 1 Stier 7 Jungrinder 7 Kälber 1 Geiß 1 Impen (Bienenstock) 9 Schweine“, was einen großen Reichtum zu damaliger Zeit bezeugt. Später muss auch im Hofbauernanwesen eine Wirtschaft gewesen sein. Denn in den Matrikeln werden im 19. Jahrhundert mehrere Namen von Wirten der Hausnummer 6 genannt. Leider sind in den Matrikeln vorher keine Berufsangaben verzeichnet. Eventuell war mit der Wirtschaft sogar eine kleine Brauerei verbunden. Eine Ansichtskarte von ca. 1910 zeigt das Hofbauernwohnhaus als „Gast- u. Tafernwirtschaft v. X. Stemmer“, der vermutlich aus dem Hof Haberskirch Nr. 4 stammt. Ihr Ende muss 1920 mit der Übernahme durch das Kloster St. Stephan in Augsburg gekommen sein. Das Gut mit seinem stattlichen Wohnhaus war nun von 1920 bis 2007 Klostergut St. Scholastika des Benediktinerklosters St. Stephan in Augsburg. 1934 wird ein Erweiterungsbau mit einer Hauskapelle eingeweiht. Die Denkmalliste spricht beim Hofgut von einem „zweigeschossigen Satteldachbau, im Kern 17./18. Jahrhundert, später verändert, im nördlichen Ökonomiegebäude ehemaliger Stall mit Gewölben des 19. Jahrhunderts. Heinz Gruber kaufte 2007 das Gut. Er gilt als der Retter des uralten Hofgutes und Klostergutes von St. Stephan. Für die großartige Instandsetzung erhielt er 2010 den Denkmalpreis der HYPO-Kulturstiftung. Schon 2002 hatte er die bayerische Denkmalschutzmedaille verliehen bekommen für die Renovierung des Marxbauernhofes in Unterbergen.
Text: Gabriele und Dr. Hubert Raab
Fotos: Dr. Hubert Raab