Während der Krieg in Gaza gerade in brutalster Form, die seit Jahrzehnen verfehlte Nahost-Politik demaskiert und – entgegen allen Beteuerungen nie verschwundenen – Antisemitismus neu befeuert, bleibt das Schicksal einer, seit Jahrhunderten schon geschundenen Ethnie weiter außen vor.
Die Münchner Rroma Community erinnert am 19. Dezember 2023, 19.00, im Großen Saal des EineWeltHaus, Schwanthaler Straße 30, 80336 München mit Rromanó Kidipé an einen der schändlichsten Momente dunkelster Zeit.
Vor bulgarischen, deutschen, rumänischen und ukrainischen Rroma schlägt Roland Hefter – der Münchner Grafik-Designer und Liedermacher und Musiker ist als SPD-Stadtrat ordentliches Mitglied und stv. Sprecher des Kulturausschusses, gehört zudem IT-, Sozial-, sowie Ausschuss für Verwaltungs- und Personalangelegenheiten an – in seiner Rede den Bogen von damals zur heutigen, noch immer Problem behafteten Situation.
Otilia Voigt, Percussion, als Gastmusikerin und Adrian Coriolan Gaspar, Klavier und künstlerische Leitung des Abends, gewährleisten die musikalische Umrahmung, die in gemeinsames Musizieren übergeht.
Iovanca Gaspar, Academia Rromai – Verein für Rroma zu Rroma führt – auch auf rromanes – durch den Abend.
Gedenken ist von Zukunftsorientierung: der Freude am Leben geprägt, sodass auch eine vorweihnachtliche Feier die Münchner Rroma Communitys zusammenführt, zu der sie herzlichst einlädt.
Gehen Sie bitte diesen kleinen, konkreten und doch so entscheidenden aktiven Schritt als Beitrag zu einem gelingenden Miteinander, das damit pragmatisch Früchte trägt – ganz im Gegensatz zum bsw. oberflächlichen Pseudo-Aspekt, das Zigeunerschnitzel umzubenennen!
Als Auschwitz-Erlass wird der Erlass des Reichsführers SS Heinrich Himmler vom 16. Dezember 1942 bezeichnet, mit dem die Deportation der innerhalb des Deutschen Reichs lebenden Sinti und Roma angeordnet wurde, um sie als Minderheit – anders als bei vorausgegangenen individuellen oder kollektiven Deportationen – komplett zu vernichten.
Er bildete die Grundlage für die Deportation von 23.000 Menschen aus fast ganz Europa (darunter etwa 13.000 aus Deutschland und Österreich) in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Dort richtete die SS im Lagerabschnitt B II e ein so genanntes Zigeunerfamilienlager ein.
Der Erlass selbst ist nicht überliefert. Auf ihn wird jedoch in einem geheimen Schnellbrief Arthur Nebes an die Kriminalpolizeileitstellen vom 29. Januar 1943 Bezug genommen: Auf Befehl des Reichsführers SS vom 16. Dezember 1942 – Tgb. Nr. I 2652/42 Ad./RF/V. – sind Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft nach bestimmten Richtlinien auszuwählen und in einer Aktion von wenigen Wochen in ein Konzentrationslager einzuweisen. Dieser Personenkreis wird im nachstehenden kurz als zigeunerische Personen bezeichnet. Die Einweisung erfolgt ohne Rücksicht auf den Mischlingsgrad familienweise in das Konzentrationslager (Zigeunerlager) Auschwitz.
Der Schnellbrief trug den Titel Einweisung von Zigeunermischlingen, Rom-Zigeunern und balkanischen Zigeunern in ein Konzentrationslager und ging nachrichtlich unter Anderem an das sog. Eichmannreferat (Amt IV Ref. B 4) im Reichssicherheitshauptamt. Mit der Verhaftung wurde das Eigentum aller Personen, wie mitgebrachte Kleidung, Lebensmittelvorräte, Barmittel, Wertpapiere sowie Ausweise konfisziert. Nach Überstellung in das Lager sollten die zuständigen Einwohnermeldeämter zur Berichtigung der Melderegister von dem Wegzug verständigt werden.
Gleichartige Deportationsanordnungen ergingen am 26. und 28. Januar 1943 für die Donau- und Alpenreichsgaue sowie am 29. März 1943 für Belgien, den Bezirk Bialystok, das Elsass, Lothringen, Luxemburg und die Niederlande. Gegenüber den Burgenlandroma und den ostpreußischen Sinti und Roma verwies das RKPA auf ähnliche Anweisungen vom 26. Mai bzw. 1. Oktober 1941 sowie vom 6. Juli 1942.
Eine entscheidende Vorstufe des Erlasses war das Himmler-Thierack-Abkommen vom 18. September 1942. Es betrifft die Aufgabenteilung zwischen den NS-Behörden und wurde zwischen Reichsjustizministerium (Thierack) und dem obersten Polizeichef (Himmler) vereinbart. Es lautete: Asoziale Elemente aus dem Strafvollzug, Juden, Zigeuner, Russen, Ukrainer sollen an den Reichsführer SS zur Vernichtung durch Arbeit ausgeliefert werden.
Darin werden die Justizbehörden (Gefängnisse, Untersuchungshaftanstalten, etc.) angewiesen, Gefangene direkt und ohne Verfahren an die SS zu überstellen. Die Tötungsabsicht durch Zwangsarbeit ist in kaum einem anderen offiziellen Papier so offen dargestellt worden.
Die Deportation nach den Vorgaben des Erlasses setzte die Kategorisierung und reichsweite Erfassung der zu Deportierenden voraus. Zu der Frage, wer Zigeuner sei, gab es im NS-Zigeunerdiskurs im Wesentlichen drei Meinungen:
1) Vollzigeuner und Mischlinge mit vorwiegendem zigeunerischen Blutsanteil, so die Ehebestimmungen nach dem Blutschutzgesetz, einem der beiden Nürnberger Gesetze von 1935
2) stammechte Zigeuner und Zigeunermischlinge, so Rassenhygienische und bevölkerungsbiologische Forschungsstelle (RHF) und Reichskriminalpolizeiamt (RKPA), insgesamt als Zigeuner bezeichnet
3) Zigeuner ohne weitere Unterscheidungen, die als Spitzfindigkeiten angesehen wurden, so z. B. Goebbels, Bormann, Thierack.
Gemeinsam war diesen Zuschreibungsvarianten die sowohl ethnische als auch soziale Interpretation der rassenideologischen Grundposition. Demnach verlief die rassische bzw. völkische Demarkationslinie zwischen Vollzigeunern und Zigeunermischlingen, die zusammen die fremdrassige und kollektiv asoziale Gruppe der Zigeuner ausmachten, auf der einen und einer Vielzahl von vor allem subproletarischen Sozialgruppen deutschblütiger Asozialer auf der anderen Seite. In diesem Sinn waren bereits im Gefolge der Nürnberger Gesetze seit 1936 wie bei den Ehevorschriften gegen Juden Heiraten zwischen Deutschblütigen und Vollzigeunern bzw. Zigeunermischlingen genehmigungspflichtig.
Am 08. Dezember 1938 hatte Himmler in einem Runderlass eine Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse angekündigt. Bestimmend für dessen Umsetzung in operative reichszentrale Vorschriften wurden die Vorstellungen von RHF und RKPA. 1937 nahm die RHF ihre Erfassungstätigkeit auf. 1940 ging deren Leiter Robert Ritter von 32.230 Zigeunern im Deutschen Reich aus (einschließlich Österreich und Sudetenland, aber ausschließlich Elsaß-Lothringen). Bis zum November 1942, d. h. bis kurz vor dem Auschwitz-Erlass entstanden in der RHF nach Angabe ihres Leiters 18.922 Gutachten. 2.652 davon ergaben Nichtzigeuner, wie sie für ein gesondertes Landfahrersippenarchiv erfasst wurden. Dessen Bezugsraum beschränkte sich im Wesentlichen auf bestimmte Teilregionen im Süden des Reichs. Die Arbeiten daran wurden 1944 eingestellt, ohne dass es bis zu diesem Zeitpunkt zu Deportationen wie nach dem Auschwitz-Erlass gekommen wäre.
Eine Teilgruppe der Nichtzigeuner bildeten nach Zigeunerart lebende Jenische. Es gelang der RHF nicht, die Verantwortlichen für die Normierung der nationalsozialistischen Rasse- und Asozialenpolitik davon zu überzeugen, dass die Jenischen eine relevante rassenhygienische Gruppe und Bedrohung darstellen. Das erklärt, dass sie als Fallgruppe im Auschwitz-Erlass bzw. in dessen Ausführungsbestimmungen vom 29. Januar 1943 und demzufolge, soweit erkennbar, im Hauptbuch des Zigeunerlagers in Birkenau nicht oder kaum vorkommen.
Der RHF und dem RKPA galten Zigeuner insgesamt als eine in einem langen Zeitraum entstandene Mischrasse. Die Unterscheidung zwischen stammechten Zigeunern und Mischlingszigeunern wurde pseudowissenschaftlich mit sich aus der Abstammung ergebenden gemischten Blutsanteilen begründet, wodurch die Bindung der Mischlinge an traditionelle Stammesnormierungen reduziert oder aufgegeben worden sei. Die Teilgruppe der Mischlinge galt der RHF nicht zuletzt aufgrund einer angeblich ungewöhnlichen sexuellen Hemmungslosigkeit als besonders gefährlich. Ihre Angehörigen würden danach streben, in den deutschen Volkskörper einzudringen.
Ähnlich sah es die Führung der SS, wenngleich sie von rassereinen statt von stammechten Zigeunern sprach, die sie als noch ursprüngliche Arier und Forschungsobjekte in einem Reservat unterzubringen beabsichtigte, in dem ihnen zugestanden werden sollte, ein ihnen unterstelltes archaisches Nomadentum auszuleben.
Der Erlass zur Auswertung der rassenbiologischen Gutachten über zigeunerische Personen vom 07. August 1941 differenzierte stärker als bislang im Sinne des ethnischen Rassismus und ließ den alten Begriff des nach Zigeunerart umherziehenden Landfahrers fallen. Er unterschied zwischen Vollzigeunern bzw. stammechten Zigeunern, Zigeuner-Mischlingen mit vorwiegend zigeunerischem Blutsanteil (1. Grades, 2. Grades), Zigeuner-Mischlingen mit vorwiegend deutschem Blutsanteil und Nicht-Zigeunern: NZ bedeutet Nicht-Zigeuner, d. h. die Person ist oder gilt als deutschblütig. Diese Aufgliederung lag den Gutachten und den Auflistungen der RHF zugrunde, nach denen ab Frühjahr 1943 von regionalen und lokalen Instanzen die Selektionsentscheidungen getroffen wurden. Den ganz überwiegenden Teil der Zigeuner stufte die RHF als Mischling ein. Insoweit Zigeuner-Mischlinge mit vorwiegend deutschem Blutsanteil als Nicht-Zigeuner geltend eingestuft werden konnten, legte eine gemeinsame Besprechung von RHF, RKPA und Reichssicherheitshauptamt (RSHA) Mitte Januar 1943 fest, dass sie zwar polizeilich wie Deutschblütige anzusehen, im Übrigen aber zu sterilisieren seien.
Steht auch der Auschwitz-Erlass im allgemeinen Zusammenhang nationalsozialistischer Rassenpolitik und -hygiene, so verweist doch der Zeitpunkt auf einen weiteren Kontext: den des verstärkten Arbeitseinsatzes von KZ-Häftlingen in der Industrie, weshalb die Zahl der Inhaftierten gesteigert werden sollte.
Der Schnellbrief vom 29. Januar 1943 sah die Herausnahme einiger Gruppen aus der Deportation vor. Alle anderen über Zigeuner verhängten Verfolgungsmaßnahmen blieben auch für sie in Kraft.
So wie einerseits Nicht-Zigeuner bereits vom Auschwitz-Erlass selbst ausgenommen waren, sollten andererseits nach dem Schnellbrief vom 29. Januar 1943 die reinrassigen oder als im zigeunerischen Sinne gute Mischlinge kategorisierten Angehörigen der Sinti und Lalleri – von der Umsetzung des Erlasses ausgenommen sein. Die Zahl der von Zigeunerhäuptlingen, die das RKPA eingesetzt hatte, auf diesem Weg von der Auschwitz-Deportation Ausgenommenen war verschwindend gering. Sie betrug weniger als ein Prozent der rund 30.000 bei Kriegsbeginn im Deutschen Reich Lebenden.
Als weitere Ausnahmegruppen nannte der Schnellbrief mit Deutschblütigen Verheiratete, Wehrmachtssoldaten, Kriegsversehrte, mit Auszeichnung aus der Wehrmacht Entlassene, sozial angepasste Zigeunermischlinge und Solche, die von den Arbeitsämtern oder den Rüstungsinspektionen als wehrwirtschaftlich unverzichtbare Arbeitskräfte bezeichnet wurden. Die Ausnahmebestimmungen eröffneten den unteren staatlichen Instanzen, der Wirtschaft und der Wehrmacht erhebliche Handlungsspielräume, die auf sehr unterschiedliche Weise genutzt wurden.
Der Schnellbrief sah vor, sie mit Ausnahme der Reinrassigen und der im zigeunerischen Sinne guten Mischlinge unfruchtbar zu machen.
Ziel der Deportation war das Vernichtungslager Auschwitz II in Birkenau. Dort entstand im Lagerabschnitt B II e als abgetrennter Bereich das Zigeunerlager. Ein erster Transport traf dort am 26. Februar 1943 ein. Bis Ende Juli 1944 waren es etwa 23.000 Menschen, die entsprechend dem Schnellbrief vom 29. Januar 1943 als Familien möglichst geschlossen in das Familienlager verbracht worden waren.
Über die Zusammensetzung der Transportlisten entschieden vor allem die lokalen und regionalen Behörden. Dabei bildeten die Gutachten der RHF – soweit solche vorlagen – die Leitlinie. Lokalstudien, aber auch Aussagen von Rudolf Höß und anderen Verantwortlichen belegen, dass die Vorschriften über Ausnahmefallgruppen nur begrenzt Beachtung fanden. Demnach habe der Mischlingsgrad bei der Einweisung nach Auschwitz keine Bedeutung gehabt. Hunderte Soldaten, darunter Kriegsversehrte und Ausgezeichnete, seien eingewiesen worden. Aus der Wittgensteiner Kleinstadt Berleburg wurden 134 Personen deportiert, die als sozial angepasst zu gelten hatten und sich nach 200 Jahren Sesshaftigkeit so gut wie ausnahmslos nicht als Zigeuner sahen. Da die Selbsteinschätzung der Betroffenen kein Auswahlkriterium war, wurde mutmaßlich auch eine nicht bestimmbare, jedenfalls aber geringe Zahl von Nicht-Sinti und Nicht-Roma die auf Grund verwandtschaftlicher Beziehungen zu Sinti und Roma als Zigeunermischlinge eingestuft waren, deportiert.
Insgesamt wurden an die 15.000 Menschen aus Deutschland zwischen 1938 und 1945 als Zigeuner oder Zigeunermischlinge umgebracht, davon etwa 10.500 in Auschwitz-Birkenau.
Den Verfolgten stand nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 07. Januar 1956 eine Wiedergutmachung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) erst für den Zeitraum ab dem 01. März 1943 – dem Wirkungsdatum des Auschwitz-Erlasses – zu. Das Gericht hatte in Übereinstimmung mit der damals herrschenden Literatur entschieden, dass insbesondere die Umsiedlungsaktion von Sinti und Roma nach dem Generalgouvernement auf Grund eines Schnellbriefs des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei vom 27. April 1940 nicht allein aus Gründen der Rassenpolitik der nationalsozialistischen Gewalthaber durchgeführt worden sei, sondern zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens, ihrer asozialen Eigenschaften und durch die Zigeunerplage hervorgerufener Missstände, daher nicht entschädigungspflichtig nach § 1 BEG. Auf Grund neuer historischer Erkenntnisse sowie Veränderungen im gesellschaftlichen Klima und im Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit hob der BGH diese Rechtsprechung 1963 auf.
Zum Gedenken an den Erlass hat der Künstler Gunter Demnig in Kooperation mit dem Verein Rom e. V. am 16. Dezember 1992, dem 50. Jahrestag des Erlasses, einen Stolperstein vor dem historischen Kölner Rathaus in das Pflaster eingelassen. Auf dem Stein zu lesen sind die ersten Zeilen des den Erlass zitierenden Schnellbriefs. Demnig mischte sich mit diesem Stein in die Diskussion um das Bleiberecht von aus Jugoslawien geflohenen Roma ein.
Erich Neumann, freier investigativer Journalist www.cmp-medien.de
über MVFP Medienverband der freien Presse www.mvfp.de
Medienunternehmer im Justiz- und Gesundheitsbereich
Ambassador world peace day Berlin der Vereinten Nationen www.worldpeace-berlin.com
Postfach 11 11, 67501 Worms
GSM +49 160 962 86 676 | e-Mail e.neumann@cmp-medien.de
© Bild: https://academiarromaiorg.com CC – Flyer Veranstaltung
© Bild: www.abendzeitung-muenchen.de CC – Roland Hefter
Bürgerreporter:in:Erich Neumann aus Kempten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.