Kaum eine andere Stadt kann sich wie Friedberg auf ein Stadtgründungsdokument berufen. Mit dem „Schutzbrief“ König Konradins und Herzog Ludwigs des Strengen von Bayern an die Augsburger Bürger vom 6. Februar 1264 liegt für Friedberg jedoch solch ein entscheidendes Dokument vor. Es begründet nicht zuletzt die Feierlichkeiten zum 750. Jubiläum der Stadt in diesem Jahr.
Eine hervorragende Gelegenheit das Pergament im Original zu sehen, bietet die Ausstellung „Friedberg 750“ (bis 15. Juni 2014), denn dankenswerterweise stellt das Staatsarchiv Augsburg das mittelalterliche Dokument dem Museum im Wittelsbacher Schloss in Friedberg für drei Monate als Leihgabe zur Verfügung.
Als Gründer treten in dem Verfassungsdokument zwar der staufische und der wittelsbachische Herrscher gemeinsam auf, da Konradin jedoch mit 12 Jahren noch sehr jung und Ludwig der Strenge sein Vormund war, ist Friedberg den wittelsbachischen Städtegründungen zuzuordnen (Alois Schmid). Die bei der bereits bestehenden Burg erbaute Stadt diente zur Absicherung der westlichen Landesgrenze des Herzogtums Bayern und als „Gegenstadt“ zu Augsburg. Heute ist es kaum mehr vorstellbar, dass hier die westliche Grenze des Herzogtums Bayern verlief, und Berichte von Reisenden, wie der von Kardinal Giuseppe Garampi aus dem 18. Jahrhundert muten erstaunlich an, wenn es heißt: „Kaum daß man Augsburg verlassen hat, beginnt Bayern und man kommt durch Friedberg…“. Die Grenzsituation war aber bis Anfang des 19. Jahrhunderts für die Stadt prägend.
Daher liegt auch ein Hauptaugenmerk der Ausstellung, die in drei Sälen aufgebaut ist, auf der Frage nach der „Grenzstadt Friedberg“. Darüber hinaus geht es um die Planung der Stadt als schachbrettartige Anlage und die städtebauliche Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte.
Die Lage an bedeutenden Handelsstraßen war für die Gründung Friedbergs ein weiterer wichtiger Aspekt, insbesondere ihre Lage an der Salzstraße wurde relevant. Ein Plan der Salzstraße aus dem frühen 17. Jahrhundert aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München führt dies plastisch vor Augen. Das „weiße Gold“ ‒ in früheren Zeiten so wertvoll, weil es insbesondere zum Konservieren von Lebensmitteln diente ‒ mußte in Friedberg niedergelegt und gehandelt werden. Das Herzogtum machte damit vor allem bei der Ausfuhr an der Zollstation (Hochzoll) hohe Einnahmen.
Neben vielen Risiken – als Grenzstadt wurde Friedberg vielfach angegriffen und geplündert, bzw. auch zerstört ‒ brachte die Grenzlage weitere Vorteile mit sich. Als Beispiel mögen die Friedberger Uhrmacher dienen: Wäre die Stadt nicht so nah an der Grenze gegenüber der damals so immens wichtigen Freien Reichsstadt Augsburg gelegen ‒ mit ihren berühmten Goldschmieden und Uhrmachern, mit den Reichstagen, die bedeutende und wohlhabende Persönlichkeiten und damit Käufer anzog ‒ hätte sich wohl Friedberg auch nicht zu einer Uhrmacherstadt entwickelt. So aber konnte man ‒ die Grenzlage ausnutzend ‒ Veränderungswillige und Uhrmacher, die in Augsburg aufgrund der strengen Zunftregeln keinen Platz fanden, nach Friedberg locken. Vom 16. bis Anfang des 19. Jahrhunderts waren weit über 300 Uhrmachermeister hier tätig. Sie verkauften ihre Werke an die schwäbische und bayerische Oberschicht, aber auch innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, bis nach Venedig oder in das Osmanische Reich hinein.
Mit der Erhebung Bayerns zum Königreich kam Schwaben zu Bayern, und Friedberg verlor seine Rolle als Grenzstadt. Die Stadt lag nun inmitten Bayerns und hatte sich auf allen Ebenen neu zu orientieren.
In der Ausstellung – sie wurde von Stadtarchiv und Museum gemeinsam konzipiert – stehen für die Zeit des 19. Jahrhunderts „Stadtbildfotografien“. Diese wurden im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Lupe“ genommen. Alltägliches der damaligen Zeit rückt in den Fokus, so zum Beispiel die Postkutsche oder die Pumpbrunnen in der Stadt.
Über viele Jahrhunderte verblieb die Stadt in ihren Mauern; erst im 20. Jahrhundert begann sie deutlich darüber hinauszuwachsen, nicht zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg, als Heimatvertriebene und Flüchtlinge nach Friedberg kamen.
Einen enormen Wachstumsschub erhielt Friedberg aufgrund der Gebietsreform und der Vereinigung der Stadt mit den umliegenden Orten in den 1970er Jahren. Ein ca. 2 Meter langes, dreidimensionales Geländemodell veranschaulicht den Status quo in der Ausstellung.
Die Präsentation steht unter der Schirmherrschaft S.K.H. Herzog Franz von Bayern.
Der Eintritt ist zum Jubiläum für alle Besucher auf 3,- € ermäßigt. Kinder/Jugendliche bis 14 Jahre sind frei. Für die jungen Besucher wurden eigene Mitmachstationen und ein kostenloser Kinderführer entwickelt, mit dem sie sich auf eine spannende Zeitreise in die Vergangenheit der Stadt begeben können.
Öffnungszeiten:
Di-Fr 14-18 Uhr
Sa, So, Feiertage 11-17 Uhr
Bürgerreporter:in:Dr. Alice Arnold-Becker aus Friedberg |
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