Die Römer an der Lechleite. Lichtbildervortrag von Professor Dr. Czysz am 26. Juni 2012, 19:30 Uhr im Museum im Wittelsbacher Schloß Friedberg

26. Juni 2012
19:30 Uhr
Museum im Wittelsbacher Schloss Friedberg, 86316 Friedberg
Blick in die Ausstellung "Ausgegraben. Archäologie am Friedberger Lechrain" - Römerzeit - mit der Nachbildung einer römischen Ruheliege
  • Blick in die Ausstellung "Ausgegraben. Archäologie am Friedberger Lechrain" - Römerzeit - mit der Nachbildung einer römischen Ruheliege
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Im Rahmen der Ausstellung "Ausgegraben. Archäologie am Friedberger Lechrain" hält Professor Dr. Czysz (Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege) im Museum im Wittelsbacher Schloß Friedberg einen Lichtbildervortrag mit dem Titel "Die Römer an der Lechleite".

Die „Römer an der Lechleite“ spiegeln das Auf und Ab der römischen Geschichte in der Provinz Raetien wie in einem Brennglas wider, von den ersten Spuren des römischen Militärs in Rederzhausen über die reiche Wohnkultur suburbaner Villen bis zu den letzten Versuchen, den Einfluss der römischen Staatsmacht gegenüber den eindringenden Germanen zu erhalten.
Als Landschaftselement prägte die in den Eiszeiten geformte Lechleite mit ihrem Höhensprung von 30 und mehr Metern die Verkehrs- und Siedlungsverhältnisse. Alle Straßen orientierten sich an dieser Leitlinie, einige, vor allem die wichtigen Ost-West-Verbindungen mussten Auffahrten für den Wagenverkehr schaffen. Einer der ältesten Aufstiege lag bei Stätzling; neue Forschungen an der Römerstraße im Unterzeller Bachtal haben zum ersten Mal gesicherte Baudaten aus der frühen Kaiserzeit geliefert. Von hier aus schlängelte sich die Straße durch die Moore des Münchner Nordens bis hinüber ins Isartal und weiter zur nächsten Römerstadt nach Ovilava/Wels.
Wie an einer Perlenkette aneinander gereiht, säumten zahlreiche Trümmerstellen von Gutshöfen und vornehmen Landvillen die Lechleite. Sie nutzten die besondere Wohnqualität der Terrassenkante mit ihrem weiten Blick über das Lechtal. Hier suchte vor allem die Provinzaristokratie geeignete Grundstücke für ihre Landsitze in Besitz zu bekommen. Wie so eine „Luxusvilla“ aussah, zeigten die Ausgrabungen am Hagelmühlweg in Friedberg, wo 1975 und 1980 das reich ausgestattete Wohnhaus und ein Wirtschaftsgebäude ausgegraben wurden. In der Derchinger Pfarrkirche fand man die Grabinschrift eines hoch besoldeten Steueranwalts der Provinzregierung, der hier in der Nähe seinen Wohnsitz oder eine Dienstvilla besaß.
Über zwei Jahrhunderte hielt die friedliche Entwicklung an. Seit der Regierungszeit des Kaisers Caracalla zu Beginn des 3. Jahrhunderts kündigten Germaneneinfälle schwierige Zeiten an: Sie brachten Zerstörung und Not über die Landsiedlungen und führten zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Grundversorgung in Raetien. Bald durchzogen germanischer Plünderer das Lechtal; sie drangen bis nach Oberitalien vor und machten reiche Beute in den ungeschützten Landstädten. Der Druck germanischer Wanderbewegungen führte schließlich zum Verlust des Limesgebiets und zur Aufgabe zahlreicher Dörfer und Gutshöfe diesseits und jenseits der Donau. Erst den Kaisern um die Jahrhundertswende gelang es, eine neue Grenzlinie an der Donau aufzubauen, durch die sich die Situation zumindest im Kern der Provinz und in der Hauptstadt erholte. Damals entstanden in den Wäldern des Friedberger Hinterlands neue Ziegeleien (und Töpfereien), die Neubauten in der Augusta Vindelicum mit Baukeramik für Haus und Heizung belieferten. Mächtige Ziegelöfen konnten in Stätzling und Rohrbach ausgegraben und näher untersucht werden.
Überall in den Grenzprovinzen begann der Lebensstandard zu sinken, die Wirtschaft erholte sich nicht mehr von der Unruhe und der ständigen Bedrohung vor den Grenzen. Der römische Einfluss wurde schwächer und die Siedlungsstrukturen auf dem offenen Land begannen sich nach und nach aufzulösen; in der Zeit um 400 verschwinden sie aus dem archäologischen Fundbild. Nur die Städte hatten eine Chance, die Krisenzeiten zu überstehen. Vereinzelte Funde des späten 4. und 5. Jahrhunderts belegen die Anwesenheit von Romanen und ostgotischen Militärbeauftragten, bevor die Herrschaft an alamannische Fürsten überging, die das Land ins germanische Mittelalter führten.

(Prof. Dr. Wolfgang Czysz)

Bürgerreporter:in:

Dr. Alice Arnold-Becker aus Friedberg

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