In der Lokalredaktion steht der Duden auf dem Index - Wenn Journalisten im Sprachsumpf versacken
Es ist unglaublich, wie viel stilistischer und grammatikalischer Mist sich in 46 in der Lokalzeitung veröffentlichte Druckzeilen packen lässt. Doch dem Redakteur ist nix zu schwer! Ein Manuskript derart zu veredeln, dass so gut wie nix mehr zusammen passt – inhaltlich und orthografisch –, zählt zu seinen leichtesten Übungen. So etwas muss man/frau aber gelernt haben.
Am Beispiel eines eingedampften und von professioneller Hand "getunten" Textes über eine Spendenübergabe der Breitscheider Fallschirmspringer an zwei gemeinnützige Hilfswerke lässt sich belegen, dass der Duden in der Redaktion "meiner" pfiffigen Heimatzeitung auf dem Index steht. Sollte ein Exemplar dort auftauchen, muss es sich die Frage "Wer bist Du-den?" gefallen lassen. Aber das ist offenbar nicht nur im Lahn-Dill-Kreis so. Im Kfz-Handwerk würde man von "kaputt reparieren" sprechen. Im aktuellen Fall pflegt die Linguistik dieses Phänomen als "Hyperkorrektion" oder auch "Hyperurbanismus" zu bezeichnen.
Den Unterschied zwischen "das" und "dass" haben die redigierenden Sprachkünstler immer noch nicht verinnerlicht. "Charity" schreiben sie ohne „h“, meinten aber dann vermutlich eher „Clarity“, was aus dem Englischen übersetzt so viel wie Übersichtlichkeit und/oder Klarheit bedeutet. Aber so ganz klar kann der Kollege bei seinem Tageswerk nicht gewesen sein.Und wenn dann auch noch Vergleichspartikel aus den Untiefen des Sprachsumpfes auftauchen, verlieren die lokalen Edelfedern komplett die Nerven – und den Überblick. Solche und ähnliche Sternstunden aus dem Zauberreich der investigativen Lokaljournalistik haben natürlich ihren Preis. 419,80 EUR kostet das Zeitungs-Abo den schmerzfreien Leser im Jahr. Dafür bekommt er täglich ein Update der Rubrik: "German for Beginners". Eine kleine Textanalyse:
http://www.rotorman.de/wer-bist-du-den-wo-stumpfe-...
P.S.:
Eine Wand in der Schreib- und Kreativstube der hiesigen Lokalredaktion ziert ein gerahmtes Zitat von Hans Blix:
"Ich gebe zu, dass mein Verhältnis zur deutschen
Sprache wie mein Verhältnis zu meiner Frau ist:
Ich liebe sie, ich bewundere sie, ich verstehe sie meistens,
aber ich beherrsche sie nicht."