Die Kunst des Wartens: Telefonschleifen, Staus und mit der Sprechstundenhilfe alt werden
Warten ist die am weitest verbreitete und am wenigsten populäre Form des Zeittotschlagens. Der durchschnittlich gestrickte Homo sapiens verbringt 374 Tage seines Erdendaseins damit. Ob er nun auf den Bus, besseres Wetter, die Frau seiner Träume, das Christkind oder die längst fällige Gehaltserhöhung wartet. Oder wie die sechzehn blonden Damen vor dem Kino, die gespannt der Ankunft zweier weiterer Geschlechtsgenossinnen mit gleicher Haarfarbe harren, weil der Film erst ab 18 ist. Warten ist eng mit Hoffen verbunden. Beides sind nur verschiedene Schuhe desselben Paars.
Im öffentlichen Raum sind unzählige Zonen und Bereiche für diese erzwungene Form des Untätigseins reserviert: am Bahnhof, im Flughafen, auf dem Flur des Amtsgerichtes oder beim Onkel Doktor. Hier kann man, mit etwas Glück, sogar mit der Sprechstundenhilfe alt werden. Mitunter kostet es sogar richtig Geld. 144 Millionen Euro haben die Bundesbürger allein im vergangenen Jahr in Telefonwarteschleifen verblasen, in der oft trügerischen Hoffnung, dass am Ende der gebührenpflichtigen Service-Hotline mal ein kompetenter Gesprächspartner abhebt.
Deutsche Autofahrer haben 2016 durchschnittlich 36 Stunden im Stau gestanden und darauf gewartet, dass der Verkehr endlich weiter rollt. Die Stuttgarter brachten es sogar auf 58, die Kölner auf 57 zwischen Blech eingekeilte Stunden. Nicht allen ist es dabei gegeben, ihr Leiden mit und in Geduld zu ertragen. Während der Aphoristiker Erhard Horst Bellermann "Warten als Einblick in die Ewigkeit" definiert, gelangte die österreichische Erzählerin Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach einst zu der Erkenntnis, "dass wir Menschen das Warten gewöhnlich erst dann lernen, wenn wir nix mehr zu erwarten haben". Da kann sich jetzt jeder was aussuchen. Worauf es sich lohnt zu warten und worauf nicht: http://www.rotorman.de/lebenslang-in-der-warteschl...