Die Tafelrunde tanzt Disco-Fox: König Artus vom "Saturday Night Fever" in Tecklenburg infiziert
Die Tecklenburger Freilichtspiele rüsten auf – programmatisch wie baulich. Deutschlands größte Freilicht-Musical-Bühne hat schließlich einen (guten) Ruf zu verteidigen. Und nach der überaus erfolgreichen Saison 2015 mit fast 100.000 Zuschauern sehen Intendant Radulf Beuleke und die Seinen die Zeit gekommen, ein kleines Sümmchen in die Infrastruktur zu investieren. Gut, es sind gleich 400.000 Euro, die der Schatzmeister locker gemacht hat – oder hat müssen. Man(n) gönnt sich ja sonst nix. Und dabei haben die Verantwortlichen vor allem bedacht, dass ihre Gäste gut bedacht sein und ein Dach über dem Kopf haben wollen. Deshalb wurde der in die Jahre gekommene den Zuschauerraum überspannende Wetterschutz, unter dem die Theatergänger seit 1993 bei Sonne, Wind und Regen Zuflucht fanden, abgerissen. Er soll durch eine neue, modernere Konstruktion ersetzt werden. Die ein oder andere Verbesserung an Sound- und Lichtanlage ist da auch noch drin.
Die Hausherren und –frauen müssen das alles freilich aus eigener Kraft stemmen. Öffentliche Zuschüsse gibt es dafür nicht. Sonst subventioniert das Land Nordrhein-Westfalen jedes Kasperl-Theater. Aber für kulturelle Stätten, deren Glanz weit über die Landesgrenzen hinaus strahlt und die Besucher aus allen Teilen Deutschlands anlockt, ist allen Sonntagsreden zum Trotz kein Geld da. Für den laufenden Spielbetrieb jeweils auch nicht. Das verstehe, wer will.
Aber das ist eine grundsätzliche Frage der Kulturförderung. Während Stadt- und Staatstheater ohne immense öffentliche Stütze gar nicht existieren könnten, müssen die freien, privaten und vereinsgebundenen Einrichtungen sehen, wie sie klar kommen. Aber gerade hier, wie im Falle Tecklenburg, spielt die Musik. Hier finden die eigentlichen Innovationen des Musiktheaters statt, hier wird nicht am Geschmack des Publikums vorbei geplant. Die große Open-Air-Bühne am Randes des Teutoburger Waldes ist immer wieder für eine deutsche oder gar europäische Erstaufführung gut. Und das können die gesponserten staatlichen und kommunalen Spielstätten nicht von sich behaupten.
Fast 100.00 Besucher in der abgelaufenen Saison
In der abgelaufenen Saison hatten neben dem Familienmusical "Die Schöne und das Biest" Sir Andrew Lloyd Webber‘s mit mehr als sieben Leben ausgestatteten CATsen sowie, als Deutschland-Premiere, "Zorro" auf dem Spielplan gestanden. Wobei die Miezen mit knapp 44.000 Besuchern dem maskierten Rächer der Enterbten (für letzteren wurden 22.000 Tickets verkauft) den Rang abmiauten und sogar das Ergebnis von "Joseph" aus dem Vorjahr noch toppen konnten.
Und die Weichen für die Spielzeit 2016 sind längst gestellt – in die richtige Richtung, wie es aussieht. Manero-Tony lässt grüßen. Das ist bzw. war so eine Art Fred Astaire des Disco-Booms im weißen Angeber-Anzug. Der Typ mit den "elastischen" Beinen, eine modernere Version von "Schmidtchen Schleicher", hatte sich regelmäßig das Samstagnacht-Virus eingefangen. Und im "Saturday Night Fever" wird der hüftschwingende Casanova nach längerer Pause auch im kommenden Jahr wieder schwelgen. Das gleichnamige Bee-Gees-Musical ist das erste Stück, das im Rahmen des neuen Tecklenburger Theatersommers 2016 auf dem Spielplan steht. "SNF" wird erstmals überhaupt als Freilicht-Inszenierung präsentiert, weshalb Regisseur Ulrich Wiggers irgendwie schon Pionierarbeit leisten kann und darf. Premiere: 22. Juli 2016. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Klaus Hillebrecht, die Choreografie besorgt (erstmals in Tecklenburg) Hakan T. Aslan.
Wieder eine deutsche Erstaufführung
Und dann Partitur-Change. Nach den Notenblättern der Gibb-Brothers breitet der Dirigent - in diesem Fall allerdings in Gestalt von Tjaard Kirsch - etwas ganz anderes auf seinem Pult aus. Etwas, das "der gute alte Frank" ersonnen und zu Papier gebracht hat: eingängige, spannende und dramatische Melodiebögen. Dem US-Amerikaner verdanken die Freilichtspiele schon solche Produktions-Hits wie "Jekyll & Hyde" und "Der Graf von Monte Christo". Der kreative Erfolgskomponist ist ein Garant für volle Ränge. Sein Name: Frank Wildhorn. Dessen jüngstes Kabinettstückchen, "ARTUS Excalibur", erlebt das Tecklenburger Publikum als deutsche Erstaufführung.
Das packende Stück war 2014 in St. Gallen (welt-)uraufgeführt worden. Eine deutsche Erstinszenierung sollte, so der ausdrückliche Wunsch des dortigen Intendanten Werner Signer, wennschon dann in Tecklenburg über die (Freilicht-)Bühne gehen. So sei es. Es geht um Visionen und um Freundschaft, um Liebe, Magie, Glück, Hass und Verrat. Da laufen König Artus und die Ritter der Tafelrunde zu Höchstform auf. Merlin, der zwielichtige Zauberer, aber auch. Die Location in "Teck" mit ihren frühmittelalterlichen Ruinenfragmenten und Mauerresten scheint wie geschaffen für diesen Stoff, aus dem die Sagen sind… Premiere ist am 18. Juni. Auch in diesem Fall hält Ulrich Wiggers als Hausregisseur die Fäden in der Hand. Für die Choreografie steht Kati Heidebrecht gerade.
Erste Garde der deutschen Musicalszene am Start
Wer in beiden Inszenierungen auf der weitläufigen Freilichtbühne als wer oder was agieren wird, nun ja, da haben die Beuleke und Co.ziemlich genaue Vorstellungen. Und sie sind sich auch schon mit "ihren" Künstlern einig. Aber erst wenn die Verträge unterschrieben sind, werden die Personalien aus dem Sack gelassen. Der Intendant sagt aber: "Bei uns geht die erste Garde der deutschen Musicalszene an den Start!" Nach den Erfahrungen der Vorjahre glauben wir ihm das unbesehen.
Der Kartenvorverkauf für die neue Saison beginnt übrigens am 18. November. Als Kinder- und Familienstück sind „Die 3 Musketiere“ gesetzt. Weitere Infos zur neuen Spielzeit unter: http://www.buehne-tecklenburg.de