Kaffeekränzchen
Wißt ihr was ein Kaffeekränzchen ist? Geht nach Thüringen und hospitiert. Das sind jene nachmittäglichen Frauenveranstaltungen, wo bei einem Schälchen Kaffee ehrlichen Leuten das Genick gebrochen, wo kein Ruf unangetastet bleibt, wo alles verrathen wird, Freund und Feind, Vater, Sohn und heiliger Geist! Man will doch sprechen, Unterhaltung haben! Da wird gehorcht und gefragt, erzählt und geklagt, da weiß jede ein Steinchen zum Bau zu tragen und jedes Steinchen hat einen Stachel. Da wird Gericht gehalten über die Männer und verfehmt, was sich mit Wort und tat widersetzt, Haus für Haus wird vorgenommen und Alles – Alles wird zerhackt. Die Liebe hat dort kein Plätzchen.
Da sitzt die Frau Hofrätin und die Frau Assessorin und dazwischen glühen die jungen Kinder von 18 Jahren, und die Frau Hofrätin erzählt von ihrer Köchin, die so grob sei, und die Frau Assessorin von ihrer letzten Wäsche, und die armen Mädchen sprechen mit von der groben Köchin und den schlechten Wäscherinnen, als wären sie längst ehrbare Frauen und hätten nichts im Kopfe, als Kochen und Waschen und Zanken und geifern. Ach und gestern ist doch der Ball gewesen, und der hübsche Referendar hat ihr so zärtlich die Hand gedrückt und lange davon gesprochen, wie er nun bald sein Examen machen wollte, und wie es nun nicht mehr lange dauern werde, dass er eine Anstellung mit so und so viel hundert Talern erhalte und ob er vielleicht hof… Und die Frau Hofrätin spricht noch immer von ihrer Köchin!
„Der Thüringer Bote“1843
Bürgerreporter:in:Rita Schwarze aus Erfurt |
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