" Bella figura"- Die Wiederkehr der Moriskentänzer
Verdammt, sie schauen schon gut aus, diese jungen Herren, diese Moriskos: die Mauren, Bewohner des Magreb, schlankgliedrige Nordafrikaner, schmale lange Gesichter, scharfgeschnittene Nasen, , knochige Jochbögen, von edlem Hellbraun die Haut, glattrasiert bis auf einen kleinen schmalen Schnurbart, glatte feinporige Haut und mit eleganter Kleidung.
Geben Sie zu werte Dame, wenn Sie in galantem Französisch mit weicher aber entschiedener Stimme angesprochen werden, läuft Ihnen schon ein leichter Schauder über den Rücken. Sie erröten?
Passen Sie auf, dass man dieses nicht fehl deutet, als schüchterne Zustimmung!
Ich denke Vorfälle, wie zu Silvester 2015, zwischen Kölner Bahnhof und Dom, gehen auf ein Missverständnis zurück. Unsere nordafrikanischen Asylbewerber sahen es ja an den Stränden Tunesiens und Marokko. Deutsche Frauen fühlen sich schnell geschmeichelt. Was Pataya für deutsche Männer ist, das sollen Senegals Badeküsten in den 80-ger Jahren für Europäerinnen gewesen sein – nein natürlich nicht so ordinär und derb.
Unsere Morisken hier tanzen, vollziehen hoffähige Knickse, vollziehen Schlangenbögen mit den Armen, umgarnen, weben ihre unsichtbaren Fäden wie Spinnentiere um die leere umtanzte Mitte des Kreises.
Hier mittendrin erwartete man die hohe Dame des Hauses, zu deren Verehrung sich all die Herren mit galanter Bewegung drehen.
Erasmus Grasser hat sie am Ende des 15. Jhdts., am Beginn der Neuzeit, geschnitzt und bunt elegant bemalt. Am Hofe waren die Fremden gern gesehen, wenn sie über Südfrankreich und Spanien bis in die neue bayerische Hauptstadt kamen. Ein bunter Trupp aus Händlern, Akrobaten, Tänzern, Musikern, Heilern und Zauberern zog mit Ihren Wagen von Stadt zu Stadt, Markt zu Markt, um dann schließlich hinter die Schlosstüren eingeladen zu werden.
Sie waren die letzten einer hohen Kultur, die unter der Schirmherrschaft des Islam sowohl dem Christentum, wie auch den Juden in Nordafrika und Spanien Heimat geboten hatte und all die großen Wissenschaften der Antike weitergeführt hatte, die auch wir heute zum Teil noch mit arabischem oder griechischem Namen aussprechen: Al Chemie, Arythmetik, Al Gebra, Medizin, Anatomie, Astrologie, Astronomie. Unter der Herrschaft der christlichen Kaiser und Päpste waren bis weit ins Mittelalter andere Wissenschaften außer der christlichen Glaubenskunde verboten gewesen und all die antiken Kenntnisse und ihre Bücher tief in den Kellern des Vatikan versperrt. Im 13. Jhdt. wurde das islamische Spanien erobert und all seine Bürger zurück nach Afrika gejagt.
Jetzt im 14. Und 15. Jhdt. kommen sie langsam zurück und helfen auf begierigem Boden den weltlichen Teil der Kultur zu Beginn der Neuzeit wieder auf zu bauen. Aber Vorsicht und Misstrauen war angesagt: hier kommen Fremde mit anderem Verhalten und mit anderem vielleicht verbotenem Wissen.
Passt auf ihr Nordafrikaner behaltet eure Verkleidung an, tragt Maske, bleibt tänzerisch immer auf der Lauer, gleich wieder vor der gestellten Verpflichtung zu entwischen! Auch der Begriff Maske kommt über das Italienische Maschere und langobardische Maska von mascaras, vom arabischen Wort für Verkleidung und Gaukler.
Walter Stöhr, mein 2006 verstorbener Vater, hat mit elegantem Strich diese Figuren der Moriskentänzer von Erasmus Grasser in eines seiner kleinen grünen Notizbücher gezeichnet. In einer Neuen Jahresausstellung im Haus der Kulturen in Diedorf werden ab dem 1. Mai 2017 50 seiner kleinen Blöckle zum Thema: Fremde und Heimat zusammen mit anderen Objekten im Vergleich von heimatlichen und fremden Sehweisen digital aufgearbeitet und real auch zum Betasten und Durchblättern vorhanden gezeigt werden.
Bürgerreporter:in:Haus der Kulturen michael stöhr aus Diedorf |
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