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Das Märchen von der Varusschlacht - Teil 1 (Wie ein Märchen entsteht)

Eine Geschichte nannten unsere Vorfahren früher eine Mär, eine Kleine Geschichte war deshalb ein Märchen. Spätestens seit den Gebrüdern Grimm wissen wir auch, dass jedem Märchen eine tatsächliche Begebenheit zugrunde liegt. Und alle Märchen beginnen mit "Es war einmal".

Genug der Vorrede, lasst uns mit dem Märchen von der Varusschlacht beginnen.

Es waren einmal drei Herren. Alle drei hatten studiert und waren Lehrer geworden. Und alle drei kannten sich bestens in Latein aus (meinten sie jedenfalls), was ihrem gemeinsamen Hobby sehr dienlich war. Ihr Hobby war nämlich die Entdeckung der Varusschlacht.

Einer der drei Herren war Friedrich Knoke. Er wurde am 9. Januar 1844 in Schmedenstedt geboren, besuchte das Lyzeum in Hannover und studierte Philologie und Geschichte an der Universität Erlangen sowie der Georg-August-Universität Göttingen. 1871 legte Knoke das Staatsexamen ab. Anschließend war er zunächst als Hauslehrer der Kinder eines Gutsherrn im Baltikum tätig, unterrichtete 1872 am evangelischen Gymnasium Andreanum in Hildesheim und wechselte 1873 an das Gymnasium in der Residenzstadt Dessau.

1875 wechselte Knoke an das Karlsgymnasium in Bernburg und wurde dort zwei Jahre später zum Oberlehrer ernannt. In dieser Zeit widmete sich Knoke in seiner Freizeit besonders den Moorbrücken an Dümmer. Er hielt sie für die in der Literatur erwähnten pontes longi des römischen Feldherrn Ahenobarbus. In den Sommerferien unternahm er mit Gleichgesinnten Ausgrabungen an diesen Moorbrücken am Dümmer. Wieder in Bernburg angekommen berichtete er natürlich im Kollegenkreis von den Ausgrabungen und den dort gemachten Funden.

Einer seiner Zuhörer war Paul Höfer, der seit 1882 an einer benachbarten Schule unterrichtete. Er beschäftigte sich ebenso mit der Varusschlacht und hatte so seine eigene Theorie. Paul Höfer wurde am 11. März 1845 in Craja (Eichsfeld) geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Mühlhausen studierte er in Halle und Göttingen. 1870 wurde er zum Dr. phil. promoviert. Danach erfolgte seine Anstellung zum Gymnasiallehrer in Göttingen. 1871 wechselte er nach Spandau und 1877 als Oberlehrer nach Zerbst (Francisceum). 1882 ließ er sich in Bernburg nieder.

Hier hörte er in den Vorträgen von Friedrich Knoke von den am Dümmer gefundenen römischen Münzen. Knoke selbst hatte nicht die Mittel, diese Münzen, die dort von den Bauern gefunden wurden, zu erwerben. Er hatte von seinem Geld schließlich schon die Ausgrabungen am Dümmer finanziert. Da sich Höfer dieser Sache nicht sicher war, wandte er sich vertrauensvoll an Theodor Mommsen, mit der Bitte um ein unabhängiges Urteil.

Theodor Mommsen galt in Deutschland als der bedeutendste Altertumswissenschaftler des 19. Jahrhunderts. Der schickte einen Vertrauten an den Dümmer nach Gut Barenau und ließ von diesem die gefundenen römischen Münzen aufkaufen. Nach genauer Prüfung der Fundstücke kam Mommsen zu dem Schluss, hier Münzen mit einem Stempel des Varus gefunden zu haben und begründete damit seine These von der Varusschlacht bei Barenau.

In einem Vortrag "Die Örtlichkeit der Varusschlacht", den er am 15. Januar 1885 vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin hielt, veröffentlichte er seine Theorie. Diese Theorie wurde später anerkannte Lehrmeinung und wird bis heute in unseren Schulen gelehrt.

Als Paul Höfer davon erfuhr, war er sehr enttäuscht von dem durch Mommsen vorgenommenen Vertrauensbruch. Er kam nicht darüber hinweg, dass ein so anerkannter Wissenschaftler und Abgeordneter des Deutschen Reichstages sein Vertrauen so missbrauchte. Höfer wurde so krank, dass er 1887 den Lehrerberuf aufgab und zur Erholung nach Nöschenrode bei Wernigerode übersiedelte.

Friedrich Knoke kämpfte vergeblich gegen die von Mommsen vertretene These. Er verließ 1889 Bernburg nach Zerbst und zog schließlich 1892 nach Osnabrück. Dort lehrte er am Ratsgymnasium bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand.

Theodor Mommsen wurde 1902 für seine Römische Geschichte mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt.

Alle drei haben uns ihre eigene Varusschlachttheorie hinterlassen.
- Knoke verortete die Schlacht in einem Waldstück in Bad Iburg, Landkreis Osnabrück.
- Höfer sah die Varusschlacht in Neuhaus bei Paderborn.
- Mommsen sah die Gegend nördlich des Kalkrieser Berges im Wiehengebirge als Schlachtort.

Aber kann das stimmen? Mehr dazu im zweiten Teil des Märchens von der Varusschlacht.

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6 Kommentare

Tolles Märchen!
Wann kommt T2 ?

Sehr interessant! GA

Auch auf die Gefahr hin, mich unendlich unbeliebt zu machen, halte ich die "Varusschlacht" als ein Märchen, das erfunden wurde, um einen Legionen-Aufstand zu "maskieren". Was mich zu diesem Schluss bringt, ist die Tatsache, dass auf germanischer Seite keine Erwähnung zu finden sei. Wie kann es nur sein, dass so eine bedeutende Schlacht von allen germanischen Stämme jahrhundertlang ignoriert wird und sich in keiner Saga oder ähnliches widerspiegelt? Erst mit der Entdeckung des ominösen Büchlein des Tacitus, fängt man an, sich "daran zu erinnern". Schade nur, dass auch vom Tacitus keine originale Texte erhalten geblieben sind.

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