Seelenstrom Nr.56
Im letzten Seelenstorm war angekündigt, über künftigen Sozialismus zureden. Er wird kommen – morgen oder in einhundert Jahren. Er wird vielleicht anders heißen und ganz bestimmt
anders sein als jener, den wir zur Unzeit probierten. Doch dieser Versuch war das Allerwichtigste, was im vorigen Jahrhundert geschah. Denn er zeigte uns: Ja, es ist möglich, ohne Klassenunterschiede, ohne Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu leben. Was haben wir Ostdeutsche seinerzeit gestöhnt und genörgelt, wenn man uns diese zu abgedroschenen Worthülsen abgewerteten Begriffe eintrichtern wollte. Heute wissen die meisten, w a s wir 1989 leichtfertig egen
die D-Mark eingetauscht haben. Aber es waren ja objektive Gründe genug vorhanden, weshalb dieser Versuch scheiterte. Man kann lange Reden halten über Schuld – und irgendwann wird sogar aufgearbeitet sein, welche Dolchstöße der Westen seinen Brüdern und Schwestern in der DDR interrücks versetzte, eine Erkenntnis haben wir dennoch gewonnen: es gibt Alternativen zu einem System, wo ausschließlich Geld menschliche Vernunft und Moral ersetzt. Unseren westdeutschen
Landsleuten blieb es bislang unvergönnt, gleichwertige Erkenntnisse aus der Geschichte zu lernen. Auch wenn sie (noch) – so aus Gesprächen zu hören – scheinbar komplikationslos mit diesen Defiziten leben, werden sie andere Erfahrungen machen mit ihrem System, das sie gesetzmäßig ausplündert.
Ihnen zu helfen, die richtigen Schlüsse zu ziehen, wollen wir ehemaligen sogenannten Unrechtsstaat unterdrückten gerne tun. Nein, Geld haben wir nicht, dafür hat die Treuhand umfassend gesorgt, doch haben wir andere Werte bewahrt, die eines Tages gefragt sein werden, wenn es nämlich
gilt, aus den Trümmern, die uns dieser geistesgestörte Kapitalismus hinterlässt, eine normale menschliche Gesellschaft zu zimmern. Wahrscheinlich erlebe ich nicht mehr, dass diese Werte bei mir abfragt werden. Doch in vielen persönlichen Gesprächen mit meinem Sohn glaube ich, dass er sie aufgreift und weiterträgt und sie an seine Kinder vermittelt.Herrgott, wenn er doch nur welche erzeugen wollte! Es geht nicht in dieser Gesellschaft, sagt er. Und wann
soll ich sie erzeugen? Ich bin weit weg, sie ist wie eine Witwe allein, wann sehen wir uns schon mal? Und will ich eigentlich Kinder haben unter diesen Umständen?
Aber wir brauchen doch aufrichtige Leute, die jung sind und voller Leidenschaft und bereit anzutreten gegen eine Horde von Psychopaten, die – weil krank – nicht mehr erkennt, dass sie längst dabei ist, unsere Welt zum Teufel zu jagen. Doch konkret: Presseklub, ARD, 15. 7.2012. Hochgezüchtete elitäre Journalisten klüngeln, welcher SPD-Kandidat Chancen im nächsten Wahlkampf wohl am ehesten hätte. Wir hören jene Schreiber auf das geschickteste manipulieren;
es sind von ihren Brotherren ausgewählte talentierte Günstlinge, die für viel Geld die gesetzmäßige Unzucht des Kapitals schönreden. Nicht hier und auch sonst nie ein Sterbenswörtchen davon, dass das System fault und stinkt und das Problem selbst ist.
Natürlich sind diese Leute nicht blöd und wissen genau Bescheid, warum ihre eigene Lebensuhr so angenehm tickt. Die Arbeitgeber ihrer Arbeitgeber zu kennen, ist weder nötig noch ratsam.
Wenn ein Herr Plasberg pro Monat über 40.000 Euro Salär erhält, wird es seinen Grund haben. Man braucht ihn, um uns geistreich wie charmant zu verarschen. Beileibe ist er kein böser
Mensch, er macht nur das, was er kann, und das scheint mehr, als zum Beispiel meine gute Bekannte Susanne leistet. Sie kämpft darum das Ihre über dreißigjährige Arbeit nicht so abrupt in
Hartz-4-Hungerei endet. Sie ist doch nicht urplötzlich ein Faultier geworden! Aber kann Plasberg wirklich mehr als Susanne? Ist Geld tatsächlich alles? Wollen wir denn in aufgeklärter Zeit wirklich so leben, dass ein Herr Plasberg 40.000 Euro erhält und meine Bekannte lediglich 350? Und sie soll sich am Ende womöglich noch auf den Rücken legen, wenn ein dienstgeiler
Staatsdiener ausheckt, damit vielleicht die Staatskasse entlasten zu können?
Glauben wir denn im Ernst, mit solchen Unterschieden können wir dauerhaft auch nur annähernd friedvoll leben? Wir Narren! Wir werden schlimmer als reißende Wölfe unter dieser kapitalistischen Drangsal. Aus Unmut wird Hass. Bald werden jeden Tag Milliarden Menschen ein Stück ihres Leibes geben, um Vernichtungs-Drohnen zu finanzieren, die ihre Peiniger töten; sie auch hinter stählernen Mauern erreichen, denen gegenüber dem sogenannten Führerbunker die Stabilität einer Streichholzschachtel hatte. Ja, so wird es kommen.
Jetzt präsentiere ich meinen Sozialismus. Ach, wird der schön! Ich bin dann hin, denn ich beuge mich bereits dem Alter, was macht das schon aus?
Schiller hat einmal im Tell geträumt:
Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern..., lieber den Tod als in der Knechtschaft leben ...
Es klappte bei ihm nicht, auch nicht davor bei den Römern und jetzt nicht in verordneter Demokratie. Im zukünftigen Sozialismus muss ein wenig Diktatur zugegen sein – wenn
wir das wohl erst einsehen wollten! Wahrhaftige Freiheit – nicht die des Spinners Gauck – ist immer Einsicht in Notwendigkeiten. Demokratie heißt für mich, das Bündnis von Überzeugungen voller Vertrauen in die Hände kompetenter Regierender zu legen. Meine
Verantwortung nehme ich dann wahr, indem ich solange Kontrolle übe, bis ich sicher bin, dass die Menschen reif sind, ihre Erde nachhaltig zu verwalten. Sicher, das mag dauern – deswegen:
schön wachsam sein!
Es ist doch absurd und höchst verlogen, einer armen Kirchenmaus Freiheit zu predigen und deren Vorzüge zu preisen, wenn das Vieh nie auf der Kanzel Platz nehmen und vom Messwein saufen darf. Diese Freiheit ist Gaucksches BlaBla. Solche Freiheit macht uns arm, und man schämt sich seines Bundespräsidenten. Ergo: kapitalistische Freiheit ist Lug und Trug!!
Sozialismus heißt für mich zum Beispiel:
Weiß ich viel, befähige ich einen Roboter, unser aller Brot zu backen, dann kann der alte Bäcker seinen kranken Rücken pflegen und den Kindern vorlesen. Doch setzt dieses winzige Beispiel voraus, dass der Acker, auf dem Korn für das Brot wächst, keinem Spekulanten gehört, der Geld verdient, gereicht aus dubiosen Töpfen dafür, dass er das Land verbrachen lässt. Unser Brot kommt danach von dort, wo der Pfeffer wächst – und die Steine für den Schweriner Marienplatz aus China. Beides ist Schwachsinn und kapitalistischer Gier geschuldet. Und was Kommunen angeht: Jene Gier verschlingt deren letzte Mittel. Ja, so ist es.
Gottlob wird in meinem Sozialismus so ein Unfug keine Rolle mehr spielen. Also wissen Sie, sehr geehrter Seelenstormleser, wer in Schwerin Pflastersteine aus China holt, weil sie dort billiger
zu haben sind als um die Ecke, der zieht auch seine Hosen mit der Kneifzange an. Demmler hatte sich beim Bau des Schlosses übrigens eine Ziegelei nahe und griffbereit angelegt.
Das Schaufensterblatt "Seelenstorm" erscheint alle 14 Tage im Wiedenverlag.Alle 56 Ausgaben finden Sie unter http://www.seelenstorm.de