Grundschule Burgau
Ein modernes Lernkonzept: Lernen mit allen Sinnen in einem kindgerechten Umfeld

In der 1d der Grundschule Burgau wird mit allen Sinnen gelernt | Foto: Ramona Nahirni-Vogg
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7:45 Uhr vor der Grundschule Burgau und der Außenstelle Unterknöringen: Wo eben noch getobt und gespielt wurde, begeben sich nun rund 400 Schülerinnen und Schüler in ihre Klassen.

Die vierzügige Grundschule in der Markgrafenstadt hat eine lange Geschichte. Nicht wenige „Ur-Burgauer“ sind entzückt, wenn sie ihre Kinder oder gar Enkelkinder zu Schule bringen und sich an ihre eigene Schulzeit erinnern.

Unter der Leitung von Rektorin Sabine Maar und Konrektorin Kathrin Lattus hat sich die Schule jedoch zu einem modernen Lernort entwickelt. Das Leitbild verbindet Tradition mit Offenheit für neue Ansätze. „Wir möchten, dass das Gelernte auch in die Lebenswirklichkeit der Kinder übertragen wird“, beschreibt Maar das Ziel.

Lernlandschaft, statt starrer Sitzreihen

Im Klassenzimmer der 1d zeigt sich, wie dieses Konzept umgesetzt wird: Anstelle traditioneller Sitzordnungen gibt es eine vielseitige „Lernlandschaft“, angelehnt an das Churer Modell. Flexible Arbeitstische, Rückzugsorte für konzentriertes Arbeiten und ein zentraler Sitzkreis prägen das Raumkonzept. Ergänzt wird dies durch eine Leseecke und projektbezogene Arbeitsplätze. Dieses Umfeld berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse der Kinder und schafft Raum für Kreativität und Bewegung.
Mit durchdachten und liebevoll gestalteten Einführungsstunden arbeiten sich die ABC-Schützen in neue Themen ein. Spielerisch nähern sie sich einem neuen Thema. Später wird das Gelernte in Lernspaziergängen, Lerntheken, Stationenarbeit, individuellen Differenzierungen und weiteren Methoden verfestigt.

In einer Übungsstunde zur „Silbentrennung“ wird deutlich, wie weit der Unterricht von klassischem Frontalunterricht entfernt ist. Inspiriert von der Geschichte der „Silbenprinzessin“ wird das Lernen zu einem Erlebnis: ein handlungs- und schülerorientierter Unterricht. In Verbindung mit analoger und digitaler Lernaktivität wird der Unterricht geöffnet. Reale und analoge Materialien, der Einsatz von Tablets oder animierten Bildern - teils mit Akustik unterstrichen - am Whiteboard sowie ein individualisiertes Lernangebot fördern die Motivation der Kinder und das Lernen mit allen Sinnen. Der Unterricht ist so gestaltet, dass Teamarbeit, Bewegung und Kreativität ineinandergreifen.

Abenteuer im Silbenwald

Noch herrscht Trubel in der Klasse, doch plötzlich setzt beruhigende Akustikmusik ein. Die Kinder horchen kurz auf und begeben sich ohne weitere Aufforderung auf ihre Plätze. Lehrerin Katrin Hackenberg lobt Kinder persönlich, die sich auf ihrem Platz eingefunden haben und beginnt mit der Geschichte über die „Silbenprinzessin“. Dafür dürfen sich die Kinder in ihrem Sitzkreis versammeln.

Es folgt ruhige Musik kombiniert mit animierten Bildern und einer - jahreszeitlich bezogenen -Erzählung, die mit viel Liebe zum Detail am Whiteboard bebildert ist. Sie soll die Kinder einstimmen und auf das Thema hinführen. Sie befinden sich im herbstlichen Wald der Silbenprinzessin. Die Kleinen dürfen sich nun spontan zum Thema und dem herbstlichen Wimmelbild äußern und - wie die Silbenprinzessin - Wörter aus dem Wald in Silbensprache nennen. Um die Silben zu visualisieren, brachte die Silbenprinzessin reale Gegenstände aus ihrem Wald in einem Herbstkörbchen in die Klasse. Diese entnehmen die Kinder jeweils, sprechen den Begriff mit verschiedenen Bewegungen in Silben und ordnen sie entsprechend ihrer Anzahl an Silbenbögen. Somit wurden die Kinder und ihr Vorwissen aktiviert und auf den nächsten Schritt vorbereitet. Nun sollen die Schüler der Silbenprinzessin in ihrem großen Herbstwald helfen und daher geht es zur Übung und Anwendung in die „Herbstliche Silbenstraße“.

An neun Stationen lernen die Kinder in verschiedenen Sozialformen aktiv, selbstbestimmt und kooperativ, um ihr Wissen über die Silbentrennung zu vertiefen. Sie arbeiten - thematisch immer am Herbst orientiert - mit Klammerkarten, Klettmappen, einem Silbenkasten, klopfen die Silben melodisch am Xylophon, hüpfen in Silbensprache durch Koordinationsleitern, aber arbeiten auch digital am Whiteboard oder am Tablet. Auf einem Protokoll wird abgehakt, was bereits erledigt ist und die Aufgabe je mit einem Smiley reflektiert. Die Kinder stärken so nicht nur ihr Gefühl für Silbentrennung und strukturiertem Arbeiten sondern üben sich auch in Teamwork, indem sie sich gegenseitig unterstützen, beratschlagen und helfen. Gerade für die Erstklässler ist auch die Bewegung wichtig, wie Felix bestätigt: „Ich dachte immer, in der Schule sitzt man nur rum. Aber hier macht es mir richtig viel Spaß!“. Sein Sitznachbar Elias bekräftigt ihn: „Lesen und Schreiben lernen ist richtig cool. Die Schule macht mir insgesamt viel mehr Spaß, als ich es mir früher vorgestellt habe.“

Auch der sinnvolle Umgang mit einem Tablet wird in der Silbenstraße beigebracht. „Diese Station finde ich am besten. Aber eigentlich mag ich alle Stationen, weil wir super viel lernen und es sich aber wie ein Spiel anfühlt“, erklärt Paulina begeistert. Magdalena pflichtet ihr bei: „Ja, Lernen macht hier total viel Spaß.“

Individuelle Förderung

Lehrerin Katrin Hackenberg hat die gesamte Klasse immer im Auge und erkennt sofort, wenn einem Kind eine Aufgabe schwerfällt. Sie kann sich die Zeit nehmen, Fragen direkt zu klären und die Übung gemeinsam zu meistern. Das funktioniert so gut, weil alle Kinder in ihre Aufgaben vertieft sind und diese besonders gut vollenden wollen. Überhaupt ist die positive Motivation in der gesamten Klasse spürbar.

Als wieder leise Akustikmusik einsetzt, sammeln sich die Silben-Trenn-Meister in ihrem Sitzkreis. Katrin Hackenberg fordert sie nun auf, über das Gelernte zu reflektieren. Je nachdem, wie schwer oder leicht ihnen eine Aufgabe gefallen ist, dürfen sie eine Kastanie auf das entsprechende Symbol legen. Auch hier herrscht eine ehrliche und wertschätzende Stimmung.
Zur Sicherung des Gelernten darf die Klasse zum Abschluss ein „Silbenrennen“ bestreiten. Sie ziehen Bildkarten und gehen in die Ecke des Klassenzimmers, die mit der korrekten Silbenzahl beschriftet ist. Die Kinder beraten sich untereinander, geben Tipps und schieben sich auch gegenseitig in die „richtige Ecke“, damit jeder ein Erfolgserlebnis hat.

Die Belohnung folgt direkt: Da alle Kinder der Silbenprinzessin so fleißig geholfen haben, dürfen sie nun zum Abschluss der Stunde selbst in den herbstlichen Silbenwald einziehen. Im Kinositz versammelt, „fliegt“ nun jedes Kind am Whiteboard - nachdem der Vorname in Silben gesprochen und geklatscht wurde - in den Silbenwald ein. Auch diese Aufgabe lösen sie mit Bravour und Katrin Hackenberg macht es spannend: „Die Silbenprinzessin liebt alle Buchstaben – aber manche ganz besonders. Welche das sind und was es damit auf sich hat – das erfährst du nächstes Mal!“ Die Aufmerksamkeit der Erstklässler ist ihr damit sicher, denn jeder will nun wissen, was es mit diesen Lieblingsbuchstaben auf sich hat.

Vorbereitung mit Liebe zum Detail

Um einen solch lebendigen Unterricht halten zu können, bedarf es intensiver Vorbereitung. Katrin Hackenberg und ihre Kolleginnen investieren viel Zeit in die Vorbereitung und Ausarbeitung ihrer Materialien: „Der Lehrplan gibt die Kompetenzen und Inhalte vor und wir bilden aus den Sequenzen die einzelnen Unterrichtseinheiten. Die Lerninhalte bereite ich mir so auf, dass ich bei den Kindern Impulse setze und sie zum selbstständigen und schüleraktivierten Lernen motiviere. Der Stundenablauf wird unter Berücksichtigung der Sozialformen, der Methoden, der Medien sowie der vielfältigen Unterrichtsmaterialien dann individuell entwickelt und ausgearbeitet.“ So entstand auch die „Prinzessin im Silbenwald und die Königsbuchstaben“. Ein weiteres Element im Unterricht, sind feste Rituale. Der Morgenkreis, die gemeinsame Besprechung des Kalenders und des Tagesablaufs, Gefühlsampel, die Werteerziehung und vieles mehr helfen den Kindern, anzukommen und fördern die Allgemeinbildung.

Handlungsorientiertes, interaktives Arbeiten, Umgang mit digitalen Medien, Reflexion über den eigenen Lernfortschritt, Teamarbeit und vieles mehr, bereitet die Kinder schon früh auf ein selbstbestimmtes Leben vor. Zu Klischees über eine Generation, die nichts bewegen wird, meint Katrin Hackenberg: „Ich denke, dass wir mit unserem Unterricht - der multimedialen Aufbereitung von Lerninhalten, dem selbstständigen, schüleraktiviertem und interaktiven Lernen - viele Fertigkeiten und Fähigkeiten der Kinder anbahnen können, um sie auf das Erwachsenwerden vorzubereiten.“ Wenn sie zurückdenkt an ihre eigene Schulzeit, bewertet sie die Entwicklung der Schule positiv. Statt autoritärem Frontalunterricht, arbeitet man heute handlungsorientiert, digital unterstützend und differenziert. Kinder mit hoher Begabung werden gefordert, Kinder die langsamer lernen, gefördert. „Wichtig ist mir, dass die Kinder gerne zur Schule gehen und mit Freude lernen“, fasst die Lehrerin zusammen.

Ein Blick in die Zukunft

Die Grundschule Burgau steht, wie viele andere Schulen, vor wachsenden Anforderungen: Der Ausbau offener Ganztagsschulangebote, die Integration von Kindern unterschiedlicher Leistungsniveaus und die Wünsche der Eltern nach zusätzlicher Förderung – etwa in Musik oder Sport – prägen den Alltag. Doch auch für diese Themen haben Rektorin Sabine Maar und Konrektorin Kathrin Lattus ein starkes Konzept entwickelt. Deutsch-Klassen, der Verbund mit der Musikschule Mindeltal und ein engagierter Förderverein sind Elemente davon.

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