Behindert - und Spaß dabei!

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Behindert - und Spaß dabei!
Kolumne vom 29.07.2011von Robert Schneider

"Im Zeitalter der Inklusion, einer Zeit, in der Behinderte - Entschuldigung, Menschen mit Behinderungen - schon lange auf ihrem gleichwertigen Platz in der Gesellschaft bestehen, glaubt die Mehrheit der Menschen immer noch, dass wir Behinderten tagtäglich mit verdrießlichem Gesicht durch die Gegend geschoben werden und die Bosheit des Lebens beklagen. Für die Allgemeinheit sind Menschen mit Behinderungen Wesen, die mit der Kommunikationsfähigkeit und Mobilität eines Blumenkohls gerade so am Leben gehalten werden, weil man ja schließlich für die immer wieder aufflammenden Euthanasiediskussionen Argumente braucht.

Dass Menschen mit einer Vielfalt von Behinderungen schon lange wertvolle Mitglieder unserer Gemeinschaft sind, das fällt den wenigsten auf, weil viele Behinderungen eben nicht so offensichtlich sind.

Behinderte mit Spaß am Leben sind für viele schlichtweg unvorstellbar. In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder der Werbespot der Caritas ein, den ich in einer früheren Kolumne bereits erwähnt habe. Nur, weil uns die eine oder andere Funktion fehlt, müssen wir nicht unbedingt gleich Totalausfälle sein.

Am schlimmsten sieht es im zwischenmenschlichen Bereich aus. In einem Internetforum hat eine junge Rollstuhlfahrerin folgende Geschichte erzählt: "Ich saß mit meiner Mutter im Cafe. Es war Zeit für mein Medikament. Die Bedienung sah, wie ich mit meinem Kaffee eine Tablette hinunterspülte. Sie sah meine Mutter an und meinte: 'Ah, Schmerzmittel'. Meine Mutter antwortete mit todernstem Gesicht: 'Nein, Verhütung'. Ungläubig sagte die Bedienung: 'Aber SIE doch nicht'."

In einem amarikanischen (Behinderten!)-Forum wurde letzte Woche die Frage diskutiert, ob Menschen, die eine Beziehung mit Behinderten eingehen, abartig sind. Erst hielt ich es für einen reichlich geschmacklosen Scherz, aber die Ernsthaftigkeit der Antworten belehrte mich schnell eines Besseren. Man einigte sich darauf, dass Menschen die unterschiedlichsten körperlichen Attribute anziehend finden, Waschbrettbauch, große Dekolletées, kleine Dekolletées, lange Beine, kurze Beine, Vollbart, Glatze, um nur einige zu nennen. Manche finden wohl auch die Abwesenkeit von körperlichen Attributen attraktiv.

Ich kenne viele behinderte Menschen, die nicht behinderte Partner haben. Das hat etwas mit Freundschaft, Zusammengehörigkeit, Liebe zu tun, bei manchen vielleicht auch mit Pflichterfüllung. Aber dass eine Beziehung nur deswegen entstand, weil einer der Prtner behindert ist, hat noch keiner gesagt, jedenfalls nicht zu mir.

In meinem Ort begegne ich, wenn ich mit dem Handbike unterwegs bin, öfter einem älteren Rollstuhlfahrer. Er sitzt meistens mit ernstem Gesicht da und wird geschoben, langsam und gemütlich. Ich rufe ihm dann immer ein fröhliches "Guten Morgen" oder "Guten Tag" zu. Beim ersten Mal sah ich in ein geradezu entsetztes Gesicht. Ich konnte es ihm fast von der Stirne ablesen: 'Was, der sitzt im Rollstuhl und lacht? Weiss der nicht, wo sein Platz ist?" Nach einiger Zeit erntete ich ein bedächtiges Nicken. Das letzte Mal verblüffte er mich mit einem zaghaften Winken.

Ich glaube, demnächst werde ich ihn zu einem Mobiltreffen einladen. Da wird er Leute kennenlernen, die behindert und nicht behindert sind. Leute, die gemeinsam Erfahrungen austauschen, die gemeinsam lachen, sich gegenseitig durch den Kakao ziehen und auch schon mal ablästern - natürlich immer nur über Abwesende. Einer der Gründe, warum ich versuche, immer da zu sein.

Ich habe meinen Computer die ganze Gesetzgebung durchsuchen lassen, die Sozialgesetzbücher, das BGB, das Strafrecht, sogar das Steuerrecht. In keinem einzigen Satz wurde festgelegt, dass Behinderte keinen Spaß haben dürfen. Weil wir nämlich soziale Wesen sind.

Menschen"

Bürgerreporter:in:

Klaus-Dieter Dingel aus Bad Wildungen

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