Alarmierender Bericht zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention
Alarmierender Bericht zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention
Meldung vom 25.03.2013
Vor vier Jahren wurde die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen durch ein eigens dazu erlassenes Gesetz der damaligen Großen Koalition zu Deutschem Recht - Einem Bundesgesetz, an das sich auch Länder und Kommunen zu halten haben. Was inzwischen geschah, um diese Konvention auch in Deutschland umzusetzen, oder besser nicht geschah, zeigt die BRK-Allianz in einem alarmierenden Bericht.
Dr. Sigrid Arnade, Sprecherin der aus rund 80 zivilen Organisationen bestehenden Allianz fasst es in einem Satz zusammen:
"Wenn einer unbekannten Zahl von Menschen mit Behinderungen pauschal das Wahlrecht verweigert wird, wenn Menschen gegen ihren Willen zwangsbehandelt und zwangseingewiesen werden, wenn Frauen und Mädchen mit Behinderungen zwei bis drei mal häufiger von sexueller Gewalt betroffen sind und mehr als 140.000 pflegebedürftige Menschen ans Bett fixiert werden, dann sind das gravierende Menschenrechtsverletzungen."
Das geschieht wohlgemerkt in keiner exotischen Bananenrepublik, sondern tagtäglich hier in unserem Land.
Der Bericht wurde ursprünglich für den Überwachungsausschuss der UN verfasst. Dr. Detlef Eckert, ein weiterer Sprecher der Allianz betont, dass es im Wahljahr 2013 wichtig sei, dass die Bevölkerung erfahre, wie die Konvention in Deutschland ungesetzt werde.
Der Bericht stellt auch dar, dass nur 29% der Kinder mit Behinderungen eine Regelschule besuchen, besonders behinderte Kinder mit Migrationshintergrund. Viele Menschen mit Behinderungen können ihren Wohnort oder die Wohnform nicht frei wählen, sondern müssen gegen ihren Willen in Einrichtungen leben.
Der 80-seitige Bericht der BRK wurde in Zusammenarbeit mit der Aktion Mensch erstellt. Eine Prüfung vor der UN-Kommission wird frühestens im Jahr 2014 erfolgen.
Eine Kurzfassung des Berichtes, wie auch die ausführliche Fassung liegen zum Download auf der Internetpräsenz der BRK-Allianz bereit.
Quelle: Pressemitteilung 3-13 der BAG Selbsthilfe
Homepage der BRK-Allianz
Doris und Fred-Dieter, ich hoffe auch auf Eure Hilfe für mehr Gerechtigkeit.
Hier ein offener Brief:
Guten Morgen liebes MMB Team,
gerne möchte ich der Aufforderung von Heinrich nachkommen und mich und meine kleine Familie vorstellen.
Ich selber, bin Katrin, bin 47 Jahre alt und komme aus Berlin. Ich selber bin zwar erkrankt und zu 50% schwerbehindert, jedoch in meiner eigenen Mobilität nicht eingeschränkt. Ich bin ausgebildete Wirtschaftskauffrau, Bilanzbuchhalterin und Personalreferentin und arbeite seit 9 Jahren als Verwaltungsleiterin bei der DOV. Die DOV ist der Berufsverband, die Gewerkschaft der Orchestermusiker Deutschlands. Ich betreue in meiner Verwaltung ca. 13.400 Mitglieder. Ich bin hier bei der DOV für die gesamte Buchhaltung und Mitgliederverwaltung und Finanzverwaltung zuständig. Die DOV hat auch eine Stiftung, diese jedoch hat den Stiftungszweck, Schul- und Kinderprojekte sowie Notleidende Künstler zu unterstützen.
Mein Mann, Klaus ist 49 Jahre alt und ist seit 2009 an dem Devic Syndrom erkrankt. Das Devic Syndrom ist eine seltene neurologische Erkrankung, die bis vor einigen Jahren als schwere Sonderform der Multiplen Sklerose zählte. Dazu kommen schwere Herzinfarkte mit einer derzeitigen Herzleistung von nur noch 37%. Klaus war Berufskraftfahrer, zuletzt bis zum Ausbruch seiner Erkrankung bei der Charité Berlin. Er war dort für die Versorgung der Stationen zuständig.
Wie kam ich zum MMB?
Um Ihnen unsere Situation zu schildern zu können muss ich eine Vorgeschichte erzählen.
Ich und mein Klaus sind seit Ende 2007 verheiratet und meine Tochter Daniela lebte bis zu Ihrem Studium bei uns. Bis zu einem sehr schweren Schicksalsschlag der sich in unserer kleinen jungen Familie ereignete, waren wir glücklich uns sehr zufrieden.
Doch dann ereignete sich folgende Situation: Im Januar 2009 klagte mein Mann öfters mal über Kopfschmerzen oder Augenschmerzen. Was wir jedoch mit der Tätigkeit als Berufskraftfahrers erklärten. Im März 2009 kamen Gangstörungen und Wortfindungsstörungen hinzu. Alles war für uns erklärbar, jeder hat mal einen Tag wo er sich nicht 100 Prozent fit und gesund fühlt.
Im Juni 2009 brach mein Mann zusammen, noch in der Notaufnahme wurde ein Neurologe hinzugezogen. Nach langen Behandlungen, Untersuchungen ein permanente Klinikaufenthalte wurde im Oktober 2009 die Diagnose VD Devic- Syndrom (Neuromyelitis Optica) diagnostiziert. Diese Krankheit stellt sich wie eine schwere Art Sonderform der Multiplen Sklerose dar von dem Symptomen ist es fast gleich, nur es gibt bei meinem Mann keine Basistherapie so wie bei MS. In Deutschland sind derzeit ca. 130 (so uns bekannt) an dieser Krankheit erkrankte Menschen bekannt. Das Schicksal wollte es, dass mein Mann im November 2009 einen sehr schweren Schub erleidet, dieser Schub zerstörte ein Teil seines Rückenmarks. Die einzige Behandlung die in diesem Moment noch schlimmeres zu verhindert, war eine Plasmapherese eine sogenannte Blutwäsche. Mein Mann sah’s von diesem Schub an im Rollstuhl, er erlitt kognitive Störungen sowie Störungen der Motorik und Sensibilität und Schädigungen in den Augen. Mein Mann war nun von heute auf morgen 100% Schwerbehindert, Erwerbsunfähig und ist ständig auf fremde Hilfe angewiesen.
Gelähmt von dem was dort passierte, angetrieben von dem was an Hilfe benötigt wird, und Ohnmächtig von dem was mich als Ehefrau nun erwartet begann mit einem Fingerschnips ein komplett neues Leben.
Durch die Behinderungen musste ich von heute auf morgen unser Leben neu organisieren, Nicht nur behindertengerechtes Wohnen und Pflege musste organisiert werden, nein auch die Versorgung. Wir beschafften Hilfe in Form von Rampen, Haltengriffen im gesamten Wohnbereich, Wege und Umbauten die allen, jedoch vor allem meinem Mann eine gewisse Selbstständigkeit gaben. Ich ließ zum Beispiel Bodenbelege wechseln, damit eine Unfallgefahr minimiert wird. Eine wichtige Hilfe jedoch war die Anschaffung eines Autos, welches diesen behindertengerechten Anforderungen gerecht wird. Ich kaufte ein gebrauchten Citroën C8 HDi Baujahr 2005. Diesen ließen wir auf den Namen meines Mannes aus steuerrechtlichen Gründen zu und ich selber fahre diesen Wagen. Allen behindertengerechten Anforderungen wird dieses Auto gerecht. Ich kann mit diesem Auto, den normalen Rollstuhl aber auch den E-Rolli transportieren. Ich bin stolz eine solche Lösung gefunden zu haben.
Dieses Auto stellt für mich eins der wichtigsten Dinge in unserem Leben dar. Die Begleitung meines Mannes zu Therapien, Ärzten, Behörden oder Gutachten. Die alleinige Versorgung meiner Familie, aber auch der Weg zur Arbeit wird mir damit erleichtert. Auch die noch bleibenden schönen Dinge des Lebens wie Ausflüge erledige ich mit meinem treuen Begleiter Auto.
Denn mein Leben sah nun wie folgt aus: Der Kampf mit Krankenkasse, Pflegekasse, Therapeuten, Ärzte, ehemaliger Arbeitgeber meines Mannes, Versorgungsamt, Rentenanstalt bestimmten nun mein Leben. Ich war mit vielen Dingen beschäftigt um unser Leben aufrecht zu halten. Ich gehe Vollzeit arbeiten und habe noch zusätzlich einen Minijob. Ich trage alle anfallenden Kosten alleine. Zusätzlich kümmere ich mich um meinem Mann und deren Pflege und Gesundheit.
Bis vor zwei Jahren hat mich bei diesen vielen neuen Aufgaben meine Tochter unterstützt, da jedoch in Berlin kein Studienplatz für Sie frei war und auch die Härtefallregelung auf sie nicht angewendet werden konnte, denn mein Mann ist ihr Stiefvater und nicht der leibliche Vater, musste ich sogar auf die Wertvolle Hilfe meiner Tochter verzichten. Sie studiert heute in Halle.
Wir sind jung, gerade wegen dem jungen Alters stoßen wir auf Unverständnis aber auch auf Ablehnung, weil ein junger Mann nicht aus heiterem Himmel schwer krank werden kann. Doch wie wir heute wissen, ja man kann. Wir erreichten aber auch unsere Medizinischen Grenzen. Alles was wir bis heute wissen, es ist neurologisch sehr selten und kaum erklärbar, sowie für uns unfassbar.
Mein Mann gab nicht auf, zweimal die Woche Therapie, Ärzte und viele Informationen nehmen wir auf. Heute kann er wieder ein paar kleine Schritte laufen – je nach Tagesform, auf die wir so stolz sind. Wir schlossen uns in der Achse e.V. eine Vereinigung für Menschen mit seltenen Erkrankungen deren Schirmherrin Frau Köhler an, wir wurden Mitglied der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft wo wir von Sozialarbeitern, Wissenschaftlern und Ärzten gut betreut werden, sowie der Transver Myelitis e.V. wo wir Informationen über die neuesten Wissenschaftlichen Erkenntnisse und dadurch auch persönlichen Kontakt zu den Wissenschaftlern der Nemos erhalten.
Wir besuchen Vorträge, Symposien um immer auf dem neusten Stand zu bleiben, sowie weiter nach Lösungen zu suchen. Wir besuchen Betroffene und Erkrankte in Form von Selbsthilfegruppen. Meine Tochter nahm nach Amerika Kontakt auf, wo derzeit die größte Studie dieser Krankheit durchgeführt wird. Von dort aus erhalten wir nun regelmäßig die neusten Informationen. Immer mit dem Ziel, es muss eine Lösung des Problems geben. Ich sage immer, ich bin ständig unterwegs auf der Suche nach einer Lösung für meine kleine so junge Familie. Gleichzeitig kämpfte ich um die Rechte aus der sozialen Absicherung für meinem Mann, Angefangen vom Rollstuhl und deren Zubehör bis hin zu Haltegriffen oder Plastik Stuhl für eine Dusche.
Der Kampf mit dieser seltenen Erkrankung sollte jedoch nicht unsere einzige Aufgabe in unserem Leben bleiben. Am 18. Januar 2012 begab sich mein Mann in eine Klinik. Dort sollte ein kleiner chirurgischer Eingriff der Schulter gemacht werden, damit er seinen Rollstuhl wieder alleine fahren kann. Der Eingriff war ein voller Erfolgt, dementsprechend freuten wir uns nach der Operation. Doch ca. drei bis vier Stunden nach der OP, erlitt mein Mann einen schweren Herzinfarkt. Aufgrund der Zunahme des Ausmaßes eines zweiten Infarkts wurde mein Mann dann in die Herzklinik Berlin Buch verlegt. Dort wurde er intensivmedizinisch versorgt. Mir erklärte man, dass wir nun 72 Stunden warten müssen um zu sehen ob sich weitere Komplikationen oder sogar das Herzversagen, von dem man noch am 19.01.2012 ausging bestätigt und er diesen Infarkt nicht überlebt.
Wochenlang, in Angst und Bangen. Mein Mann überlebte auch diese beiden schweren Infarkte. Worüber ich so unendlich dankbar bin. Wieder waren da die neuen Aufgaben, wieder die Umstellung auf die zusätzliche Krankheit. Hausnotruf und andere Versorgung musste nun organisiert werden.
Ich weiß das ich einen schwer kranken Mann habe, seit Januar wissen wir, das nun noch zwei Bandscheibenvorfälle im Halswirbel und Brustwirbel ihn weitere gesundheitliche Schwierigkeiten bereitet. Auch meine eigene Befunde sehen im Moment nicht rosig aus.
Warum erzähle ich euch meine Lebensgeschichte? Im September 2012 ging meine aller wichtigste Hilfe in meinem Leben- mein Auto – kaputt. Ich war mit meinem Mann zu einem Ausflug am Sonntag, den 23.09.2012 unterwegs. Mein Mann hatte einen guten Tag und das Wetter war wunderschön. Immer wenn es meinem Mann gut geht, nennen wir solche Tage *gute Tage* und diese werden dann auch von uns voll genutzt um wunderschöne Dinge zu erleben, wir unternehmen dann Ausflüge oder besuchen mal Freunde. Doch an diesem Tag mitten auf der Autobahn, nahm der Wagen kein Gas mehr an. Nachdem wir vom ADAC abgeschleppt wurden, wurde mir noch im Abschleppauto bewusst, ohne mein Auto ist mein Leben mehr als eine Katastrophe, ich musste den ganzen Weg bis zur Autowerkstatt weinen. Meine Gedanken waren nur ohne mein Auto bekomme ich diese vielen Aufgaben nicht mehr bewältigt. In der Werkstatt erklärte man mir nun folgendes:
„ der Zahnriemen ist gerissen, das bedeutet Motorschaden „ Der blanke Horror“. Die Reparaturkosten für diesen sehr schweren Schaden an meinem Auto betrugen insgesamt 4.801,21€.
Geld welches ich nicht habe. Ich habe mir privat Geld bei Freunden, Bekannten und Verwandten leihen müssen um meine wichtige Hilfe- Auto- wieder zurückzubekommen.
Bei dem Recherchieren ob es doch Möglichkeiten gibt Finanziell unterstützt zu werden wurde ich auf den MMB aufmerksam. Ich verfolgte, was der MMB Verein macht, wo er mitwirkt und ich bekam immer mehr das Bedürfnis mitmachen zu wollen. Ich will helfen. Aber nicht nur helfen, sondern auch aktiv sein. Bis zum Eintritt in den MMB war ich ein allein Kämpfer und bin der festen Überzeugung, dass man gemeinsam stark ist.
Ich finde es darf nicht sein, dass Familien die sich noch zusätzlich ihrer Aufgaben der Pflege ihrer Angehörigen hingeben, schief in der Gesellschaft angeschaut werden. Ich denke, es darf nicht sein, dass die Bevölkerung weiter den Eindruck vermittelt bekommt, die Kranken und Behinderten Menschen bekommen doch alles von Staat geschenkt und die Unterstützungen liegen fast schon auf jedem Konto bereit. Die Aufklärung, was passiert mit einer Familie wenn ein Angehöriger, krank oder sogar pflegebedürftig wird, muss endlich erfolgen. Es kann nicht sein, das der Staat sich hier auf die Arbeit der Angehörigen und dessen Einkommen ausruht und dabei eine Menge an Geld spart. Sich feiern lässt für Gesetzte die den Familien nicht förderlich sondern ehr hinderlich in ihrer täglichen Höchstleistung im Weg stehen. Es kann nicht sein, das Menschen auf Grund einer solchen Familiären Situation sich überschulden müssen. Es darf nicht sein sich ein bisschen Mobile Freiheit durch Schulden nur erkaufen können. Mein Mann wird nie staatliche Hilfe erhalten, denn er wird definitiv nie mehr in den Arbeitsprozess zurückkehren.
Ich habe schon mit vielen Stellen Kontakt (als Einzelkämpfer) aufgenommen. Mein Name ist beim regierende Bürgermeister von Berlin bekannt. Auch der Landes und Behindertenbeauftragte bekamen schon Post von mir. Zusammen mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes habe ich schon Rechte erfochten. Ich bin es schon fast gewohnt immer wieder Schreiben aufzusetzen auch wenn ich nicht mit allen mein Ziel erreicht habe. Ich kämpfe weiter, so kann und darf es nicht sein!
Erst heute Früh habe ich meine zweite Horror Nachricht erhalten. Mein Fahrzeug ist wieder in der Werkstatt, diesmal der Rußpartikelfilter, Kosten bei ca. 1.500€ - also gehe ich mal wieder auf Finanzierungsfragen bei Freunden und Bekannten. Wieder abhängig von der Gunst anderer, wieder Schulden die ich Mühsam abtragen muss, wieder tagelang keine Mobilität. Wieder die Therapien absagen, wieder weniger Zeit für mein Mann, da die Wege nun mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln weiter und länger sind. Wieder die Fremde Dienstleitung des Transports einkaufen. Ich sag euch ich könnte Bücher füllen.
Ich, Katrin möchte bei euch aktiv mitarbeiten. Ich würde mich freuen, wenn ich darf.