„Weniger Sitze im Lauterberger Stadtrat“ und „Weiterer Demokratieverlust“
Leserbrief des Bad Lauterberger parteilosen Ratsherrn Volker Hahn vom 28.5.2015
Man kann ja versuchen den Beschluss zur Reduzierung des Stadtrates in Bad Lauterberg irgendwie schön zu reden oder auch berechtigte Befürchtungen damit verbinden.
Und man kann sich aber auch darüber wundern, dass die Verwaltungsspitze, also der Bürgermeister und sein hauptamtlicher Vertreter und Kämmerer die Reduzierung des Stadtrates beantragen. Salopp betrachtet beantragen sie doch, dass in der nächsten Wahlperiode ihr richtungsweisendes Haupt- und Kontrollorgan verkleinert werden soll.
Wer jetzt denkt, dass sich der Rat der Stadt so etwas verbitten würde und solche Dinge, wenn überhaupt selbst beantragen würde, der irrt sich gewaltig.
Stattdessen folgt der ehrenamtliche Stellvertreter des Bürgermeisters aus den Reihen der CDU dem Antrag gleich und schlägt selbst die höchstmögliche Reduzierung um sechs Sitze vor.
Und da kann dann auch die Verwaltungsspitze im Nachgang zu dem Beschluss ganz beruhigt noch verharmlosende Erläuterungen abgeben, die aber über den Verlust an bürgerlicher Mitbestimmung und Teilhabe an kommunalpolitischen Prozessen nichts beinhalten.
Leider treffen die, in den Erläuterungen angestellten Beispiele nicht die wichtigen Kerninhalte dieses Beschlusses. Denn wenn man schon besondere Städte wie Nürnberg oder München für die unterschiedlichen Mitgliederzahlen in Stadträten anführt, dann sollte man vollständigerweise auch erwähnen, dass gerade in Bayern eine Reduzierung eines Stadtrates gar nicht möglich ist und dass eine gleichgroße Stadt wie Bad Lauterberg dort zwingend aus 24 Ratsmitglieder bestehen muss.
Auf das besondere Gewaltverhältnis und die damit verbundene bzw. notwendige bürgerliche Mitbestimmung wird gerade in Bayern besonders geachtet.
Und man sollte ehrlicherweise auch erwähnen, dass es in München z. B. noch 25 Stadtteilräte – also Ortsräte gibt, die man in unserer Stadt als unnötig und entbehrlich abgelehnt hat.
Auch in unserem niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz steht nichts davon, dass Stadträte wegen rückläufiger Einwohnerzahlen reduziert werden können. Diesem Umstand hat dem Gesetz bereits durch eine entsprechende Staffelung entsprochen und dies berücksichtigt. Auch von einer angespannten Haushaltslage als Grund steht dort nichts. Leider aber wurde laut Protokoll genau die Begründungen mal wieder angeführt.
Dass der Stadtrat in Bad Lauterberg in der laufenden Wahlperiode gemäß dem Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz aus 28 Ratsmitgliedern hätte bestehen müssen und schon zuvor für diese Wahlperiode um 4 auf heute 24 Sitze verkleinert wurde, das ist derzeit Fakt.
Fakt ist nun auch, dass für die kommende Wahlperiode laut Gesetz dem Rat 26 Mitglieder angehören müssten, er nun aber aufgrund des gefassten Beschlusses um die maximal erlaubte Anzahl von 6 Sitzen verringert wird und es dadurch nur noch das absolute Minimum an mitbestimmenden Bürgervertretern geben kann bzw. soll. Nur ein Sitz weniger wäre schon verfassungswidrig!!
An dieser Stelle sind wir also schon einmal ganz unten angekommen. Hoffentlich kein böses Omen!
Von Glaubwürdigkeit, von den Aufgaben eines Ratsmitgliedes und von einem offenen Dialog sprach im Rahmen der letzten Versammlung des Bartolfelder Ortsvereins auch ein sehr kompetenter und erfahrener Bürger, der selbst lange Jahre im Rat für die SPD mitgearbeitet hat. Er merkte auch zu anderen Dingen kritisch an, dass die richtige Zeit zum Reden wohl verpasst worden sei.
Ich glaube leider mittlerweile, dass weder die Verwaltungsspitze noch die Fraktionsspitzen von SPD und CDU überhaupt ernsthaft und kontrovers reden wollten oder wollen. Im kleinen Kreise so wie bisher, so soll es weitergehen und das soll auch in Zukunft so sein.
Und da passt dann gleich der nächste Vorstoß, die Geschäftsordnung des Rates zu ändern bzw. neu zu verfassen, sehr gut ins Bild. Dass dabei „rein zufällig“ unter anderem auch das Rede- und Antragsrecht ein wenig begrenzt werden soll und dass davon in erster Linie die sogenannten kleinen Parteien und Initiativen betroffen sein werden, das ist dann wohl auch kaum ein Zufall.
Ja, der Wähler wird entscheiden, wer im nächsten Rat vertreten sein wird und ob es Ratsleute sein werden, die hinschauen und nicht hinterher laufen, die mitarbeiten und nicht nur mitmachen, für die der Bürger im Vordergrund steht und nicht die Verwaltung.
Denn da, wo der demografische Wandel und die Finanzsituation es erfordern, dass Schulen geschlossen, Jugendpflege und Vereinsförderung eingestellt und die Stadtratsfrauen und -herren reduziert werden müssen, da braucht es dann aber auch weniger Verwaltung und eine gute und verbesserte Zusammenarbeit, die gewollt und praktiziert wird.
Ich hoffe jedenfalls sehr, dass die Wählerinnen und Wähler nicht aus Enttäuschung und/oder Protest heraus der Wahl am 11. September 2016 fernbleiben oder ihre Kreuzchen bei einer extremen Randgruppierung machen. Lange haben wir in Bad Lauterberg dafür gearbeitet, ein unschönes Image loszuwerden. Es wieder zu bekommen, würde uns als Gesundheits- und Touristenstadt so sehr schaden, dass es keine Einsparung wieder ausgleichen könnte. Daran sollten wir alle im Rat auch immer denken und nicht noch weiter Steilvorlagen für diese Gruppierungen geben und das politische Handeln dem Bürger gegenüber immer unverständlicher werden zu lassen.
Volker Hahn, Ratsherr
Foto: Archiv Bernd Jackisch
Bürgerreporter:in:Bernd Jackisch aus Bad Lauterberg im Harz |
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