Straßenausbaubeiträge – Umfrage des Niedersächsischen Bündnis zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge bei den Kandidaten zur Landratswahl im Landkreis Göttingen

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Bad Lauterberg. Die für die Landratswahl im Landkreis Göttingen zugelassenen fünf Kandidaten Marcel Riethig (SPD), Marlies Dornieden (CDU), Marie-Christine Kollenrott (Bündnis 90/Die Grünen). Dr. Eckhard Fascher (Die Linke) und Marcel Orth (Die Partei) wurden am 2.8.2021 durch das „Niedersächsische Bündnis zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge (NBgS)“, vertreten durch den Regionssprecher Bernd Jackisch und dem Sprecher der IG STRABS-freies Walkenried Steffen Blau angeschrieben und gebeten, einige Fragen zum Thema Straßenausbaubeiträge zu beantworten. 

Leider nur mit mäßigen Erfolg, denn trotz nochmaliger Erinnerung an die Umfrage (15.08.2021) antworteten Marlies Dornieden (CDU), Marie-Christine Kollenrott (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Eckhard Fascher (Die Linke) nicht auf die Umfrage.

Sicherlich nicht ernst zu nehmen ist die kurze Antwort von Marcel Orth (Die Partei). Hier seine Statement: Grundsätzlich sind wir von der PARTEI gegen Straßen, wir werden gemeinsam mit der cSU ab nächstem Jahr Flugtaxis voranbringen. Wo wir hingehen braucht es keine Straßen! Darum interessiert mich das Thema nicht.

Marcel Riethig (SPD) beantwortete als einziger alle Fragen und erklärte u.a. „Abschaffung ja, Kompensation auf anderem Wege und verteilt auf alle.“ (Die einzelnen Fragen und Antworten sind diesem Bericht im Anschluss vollständig angefügt.)

CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke hatten es nicht einmal nötig überhaupt zu antworten!

Zusammenfassend aber erscheint das alles etwas verwunderlich. Als die „Wählergruppe im Rat (WgiR)“ im Stadtrat von Bad Lauterberg die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge beraten wollte, tat sich nichts. Dann legten alle anderen Fraktionen ebenfalls Anträge vor. Die CDU beanspruchte sogar für sich, dass Thema als erste eingebracht zu haben und wollte die Kosten über eine Grundsteuererhöhung decken. Bei einer Fusionswerbeveranstaltung im Kurhaus erklärte die SPD man wolle die Straßenausbeitragssatzung abschaffen, da Walkenried auch keine habe. Dann aber schloss sich die SPD der Meinung der Verwaltung an und hielt eine Abschaffung für unmöglich und zog ihren Antrag sofort wieder zurück.
Die BI wollte ein bisschen von allem, orientierte sich an der SPD und zog ihren Antrag zu Beginn der Debatte zurück. Die CDU erklärt, dass dieses Thema nicht für den Wahlkampf geeignet sei, hielt eine Petition plötzlich für ausreichend und zog ihren Antrag ebenfalls zurück.
Bereits im Vorfeld hatte die WgiR vorgeschlagen, die Petition der NBgS zu überarbeiten und diese an das Land zu senden. Das wurde gemeinsam beschlossen, aber auch gleich so interpretiert, dass nunmehr kein Beschluss bzw. keine Beratung über eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mehr erforderlich sei.
Daraufhin lehnten alle den als einzigen aufrechterhaltenden Antrag der WgiR auf Abschaffung der Ausbaubeiträge ab.
Die ersten, die jetzt mit dem Thema Strabs doch im Wahlkampf auf Stimmenfang gehen, ist die SPD. Sie will plötzlich die Straßen sanieren, ohne Beiträge zu erheben. Doch wie soll das ohne Abschaffung der Ausbausatzung gehen?

Kürzlich erklärte der Bürgermeisterkandidat der CDU plötzlich auch, dass es ein Fehler gewesen sei, ihren Antrag zurückgezogen zu haben. Damit holt sich die CDU das Thema nun doch in den Wahlkampf und möchte die Straßensanierungen folglich über eine Grundsteuererhöhung bezahlen. Allerdings zog dies sofort berechtigterweise einen vielfachen Protest der Haus-und Grundstücksbesitzer der Oderstraße nach sich. Für den Neuausbau ihrer Straße mussten sie zunächst im November 2012 eine Vorauszahlung leisten und erhielten im Mai 2014 den Bescheid mit der Restzahlung. Wie eine Anliegerin der Oderstraße dazu anmerkte, ist eine Umlegung der Kosten künftiger Straßensanierungen auf die Grundsteuer eine „bodenlose Frechheit“, da sie nicht nur ihre Straße bezahlt haben, sondern nun auch noch die Anderen mit finanzieren sollen, deren vernünftige Unterhaltung die Stadt seit Jahren versäumt hat.
Übrigens belegen die den Vertretern des NBgS vorliegenden Bescheide auch die bei der Fusionswerbeveranstaltung im Kurhaus (31.08.2020) getätigten Aussagen des SPD-Vorsitzenden Uwe Speit, wonach angeblich die Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Bad Lauterberg seit „Jahrzehnten“ nicht angewandt wurde.
Man kann nun zu dem Schluss gelangen, dass die sog. großen Parteien innerhalb ihrer Landes-, Kreis- und Stadtverbände keine klare Linie haben, aber trotzdem so tun, als ob sie Gebühren senken wollen.

Ehrliche Ratsarbeit sieht anders aus!

Eine Abschaffung jedenfalls hätten alle in Bad Lauterberg schon haben können, wenn sie dem Antrag der WgiR zugestimmt hätten. Jetzt aber wollen sie dem Wähler glaubhaft gemacht, dass sie es nach der Wahl tun. „Der Weihnachtsmann wird den Beschluss vermutlich bringen“ – wer es glaubt wird selig!.

Umfrage unter den Landratskandidaten

Folgendes Schreiben wurde an die Landratskandidaten verschickt, hinter den Fragen, jeweils die Antwort des SPD-Landratskandidaten Marcel Riethig.

Sehr geehrte Landratskandidaten für den Landkreis Göttingen

Das Thema „Straßenausbaubeiträge“ bewegt nicht nur im fast gesamten Landkreis Göttingen die Haus-und Grundstücksbesitzer, sondern im ganzen Bundesland Niedersachen. Landesweit haben sich inzwischen mehr als 90 Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften gebildet, die gemeinsam ein Ziel verfolgen: Die veralteten, ungerechten und unsozialen Straßenausbaubeiträge (Strabs) abzuschaffen, bei gleichzeitiger Kompensierung der ausfallenden Beiträge durch das Land. Zudem müssten die Bürger aller niedersächsischen Kommunen gleichbehandelt werden, denn rund 410 der reicheren Kommunen hat die Satzungen bereits abgeschafft, während die restlichen (ärmeren) ihre Bürger weiterhin zur Kasse bitten. Bei ihren Forderungen werden die BI und IG ua. vom Verband für Wohneigentum, ASK BISS, Bund der Steuerzahler, Haus & Grund, Landvolk und Mieterbund unterstützt und stellen damit ein riesiges Wählerpotential. Unter anderen werden sich wegen der Strabs, bei der anstehenden Kommunalwahl, viele Bürger im ganzen Land aus den BI und IG um Mandate bewerben.

Als Vertreter des „Niedersächsischen Bündnis gegen Straßenausbaubeiträge“ möchten wir im Vorfeld der Landratswahl im Landkreis Göttingen die Kandidaten zu dem Thema befragen und die Ergebnisse noch von der Wahl veröffentlichen.

Fragen:

1. Halten Sie es richtig, dass mit dem am 23.10 2019 vom Landtag verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes und anderer Gesetze und zur Flexibilisierung von Straßenausbaubeiträgen“ den Kommunen freigestellt wird, derartige Beiträge zu erheben?

Antwort Marcel Riethig: Nein. Das Land hätte hier seiner Verantwortung gerecht werden und mit der Abschaffung der Strabs in Nds. gleiche Verhältnisse in allen Kommunen schaffen sollen. Damit wären auch die Einnahmeausfälle auf kommunaler Seite gemäß dem sog. Konnexitätsprinzip durch das Land ausgeglichen worden.

2. Einige Kommunen im Landkreis Göttingen möchten ihre Straßenausbaubeitragssatzungen abschaffen um die Bürger von den ungerechten Beiträgen zu entlasten. Die Stadt-oder Gemeindevertretungen, zumeist mit Zukunftsvertrag trauen sich aber nicht derartige Beschlüsse zu fassen, da sie befürchten, von der Kommunalaufsicht gezwungen werden, erneut die Strabs einzuführen.
Werden Sie als künftige/r Landrat/rätin des Landkreises Göttingen ihre Kommunalaufsicht ebenfalls anweisen, Druck auf solche Kommunen auszuüben?

Antwort Marcel Riethig: Das kann ich so pauschal nicht beantworten. Entscheidend ist, dass die Kommunen andere Möglichkeiten ausschöpfen können. Stand heute ist mir keine Kommune im LK Gö bekannt, die keine anderen Möglichkeiten hätten, um die dauerhafte Leistungsfähigkeit wiederherzustellen und die nur auf die Strabs angewiesen wären.

3. Rund 410 der 943 Kommunen im Land Niedersachsen, zumeist die reicheren, haben inzwischen ihre Satzungen zur Erhebung der Strabs abgeschafft. Die ärmeren Kommunen, ohnehin oft schon mit hohen Grundsteuerhebesätzen, belasten ihre Haus-und Grundstücksbesitzer zusätzlich mit den Straßenausbaubeiträgen. Wie können nach ihrer Meinung, unter solchen Bedingungen, gleiche Verhältnisse für alle Haus-und Grundeigentümer im Land geschaffen werden?

Antwort Marcel Riethig: Dass gerade die ärmeren Kommunen auf Einnahmen angewiesen sind, steht außer Frage. Problematisch finde ich die Strabs als Instrument der kommunalen Einnahmeerhebung (vor allem Gerechtigkeitsproblem). Den Beschluss des Gemeinderates meiner Heimatgemeinde Bovenden halte ich für wegweisend: Abschaffung ja, Kompensation auf anderem Wege und verteilt auf alle.

4. Werden Sie die Kommunen im Landkreis Göttingen unterstützen ihre Strabs abzuschaffen, um zumindest hier gleiche Verhältnisse zu haben?

Antwort Marcel Riethig: Im Sinne des "Bovender Weges": Ja.

5. Nachdem die ehemalige Samtgemeinde Walkenried vor rund fünf Jahren zu einer Einheitsgemeinde umgewandelt wurde, ist keine gültige Straßenausbaubeitragssatzung mehr vorhanden. Werden Sie den Gemeinderat/die Verwaltung zwingen, erneut eine derartige Satzung einzuführen?

Antwort Marcel Riethig: Nein. Das wäre im Übrigen auch ohne Weiteres gar nicht möglich.

6. Wie kann es sein, dass zum Beispiel im direkt angrenzenden Landkreis Goslar, auch hochverschuldete Kommunen problemlos in den vergangenen Jahren ihre Straßenausbeitragssatzungen abschaffen konnten, bzw. teilweise noch nie Straßenausbaubeiträge erhoben haben?

Antwort Marcel Riethig: Diese Antwort müssten Sie aus dem LK Goslar bzw. direkt von den Kommunen erhalten.

7. Die Abschaffung der Straßenausbeiträge in ganz Niedersachsen kann nach Überzeugung aller BI und IG und deren Unterstützer nur gelingen, wenn die Mitglieder der Parteien auf ihre Vertreter im Landtag einwirken. Werden auch Sie sich als neuer Landrat/rätin bei der Landesregierung, oder ihrer Parteispitze im Land, für die landesweite Abschaffung der STRABS bei gleichzeitiger Kompensierung der ausfallenden Beiträge für die Kommunen durch das Land Niedersachsen einsetzen?

Antwort Marcel Riethig: Ja! Gerne können wir über gemeinsame Aktionen beraten.

Die Vertreter des NBgS bedanken sich beim Landratskandidaten Marcel Riethig für die Antwort. Leider ist der von Herrn Riethig favorisierte Beschluss des Gemeinderates des Flecken Bovenden die Straßenausbeitragssatzung zum 1.1. 2025 abzuschaffen und die wegfallenden Gebühren durch eine Erhöhung der Grundsteuer zu kompensieren für die meisten Kommunen keine gute Option. Zwar wird dieses Verfahren von einigen Kommunen in Niedersachsen erfolgreich angewandt, gerade aber für die Kommunen in unserer Region, die bereits Grundsteuerhebesätze von 450 v.H. und höher haben, würden die Hebesätze in unbezahlbare Höhen ausufern.

Bürgerreporter:in:

Bernd Jackisch aus Bad Lauterberg im Harz

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