Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind
Landratsamt startet Kampagne
Die Friseurin verzweifelt – das kleine Mädchen will sich partout die Haare nicht kürzer schneiden lassen. Das Mädchen den Tränen nahe – es hat Angst, alle seine schönen Locken zu verlieren. Die Mutter ganz entspannt – sie ist so intensiv mit ihrem Smartphone beschäftigt, dass sie von dem kleinen Drama überhaupt nichts mitbekommt.
Diese Geschichte erzählt Brigitte Maly-Motta, Leiterin der Fachstelle Frühe Hilfen im Landratsamt Augsburg. „Für mich war in dem Moment klar, wir müssen uns über das Simsen, Surfen und Telefonieren von Eltern Gedanken machen“. Denn das sei ja kein Einzelfall. Immer häufiger hingen Väter und Mütter auch beim Kinderwagenschieben oder auf dem Spielplatz am Smartphone.
Ein guter Vorsatz für 2017
Das Amt für Jugend und Familie will deshalb mit Plakaten, Postern und Postkarten Eltern im Landkreis Augsburg zum Nachdenken anregen. „Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind!“ ist das Motto einer Kampagne, die zum Jahresanfang 2017 startet.
Die Initiatoren der Aktion erhoffen sich einen bewussteren Umgang mit dem Smartphone in Gegenwart von Kindern. Klar sei: Alle Eltern wollen gute Eltern sein. Aber die Dauerpräsenz von Medien in unserem Alltag lässt Mütter und Väter leicht das Bedürfnis ihrer Kinder nach Aufmerksamkeit, Blickkontakt und Zuwendung aus den Augen verlieren. Der Jahresbeginn könnte ein guter Anlass sein, um das zu ändern. 5.000 Postkarten und mehr als 1.000 Plakate sollen den Impuls dazu liefern.
Es tut nicht gut!
Welche Wirkung die Nutzung von Smartphones in Gegenwart von Kindern hat, ist noch nicht erforscht. Aber Fachleute sind sich einig: Es tut nicht gut!
Kleine Kinder können überhaupt nicht einschätzen, mit wem die Mama oder der Papa spricht und warum sie dabei lachen, weinen oder böse sind. Kinder denken, das hat etwas mit ihnen zu tun. Dass die Beziehung zwischen Eltern und Kind darunter leidet, liegt auf der Hand.
Kinder brauchen in den ersten Lebensjahren engen Kontakt und eine intensive Kommunikation mit einer erwachsenen Bezugsperson. Das gibt ihnen Sicherheit und ist wichtig für ihre Entwicklung. Kommunikation läuft von Anfang an über Blickkontakt und ungeteilte Aufmerksamkeit. Wenn Eltern ständig mit ihrem Smartphone beschäftigt sind, verpassen sie viele schöne und wichtige Gelegenheiten, um aufzugreifen, was ihr Kind gerade erlebt.
Mütter und Väter sind Vorbilder, auch was den Um-gang mit Medien betrifft. Wenn Kinder ihre Eltern von klein auf online erleben, dann wird Online-Sein auch für sie zu etwas Selbstverständlichem im Leben. Sinkende Konzentrationsfähigkeit und die ständige Angst, etwas zu verpassen, sind zwei Beispiele, wie sich das im Schulalter auswirken kann.
Zeit und Aufmerksamkeit
„‘Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind‘ ruft dazu auf, Kindern mehr Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken“, bringt Landrat Martin Sailer das Anliegen dieser Initiative auf den Punkt. Für ihn ist diese Kampagne ein weiteres Mosaiksteinchen, um den Landkreis Augsburg wieder ein Stückchen kinder- und familienfreundlicher zu machen.
Die Geschichte im Frisiersalon ist am Ende übrigens gut ausgegangen. Telefongespräch beendet, Kind getröstet und von pfiffigem Haarschnitt überzeugt, Friseurin entspannt, alle glücklich – allein mit etwas Zeit und Aufmerksamkeit.