Umfangreiches Tarifpaket in der Chemiebranche:
Mehr Freizeit, Geld und Sicherheit im Alter für die Beschäftigten
Entlastung, Sicherheit im Alter, Weiterbildung und mehr Geld: Nach zweitägigen Verhandlungen haben sich IG BCE und Arbeitgeber am Freitag in Wiesbaden auf ein umfangreiches Tarifpaket für die 580.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie geeinigt.
Es sieht die Schaffung eines Zukunftskontos im Gegenwert von fünf freien Tagen pro Jahr vor. Über die Verwendung kann jeder Einzelne im Rahmen unterschiedlicher Wahloptionen, die Betriebsvereinbarungen regeln sollen, frei entscheiden. Gleichzeitig vereinbarten die Tarifparteien die Einrichtung der bundesweit ersten tariflichen Pflegezusatzversicherung, die durch die Arbeitgeber finanziert wird und die Finanzierungslücke bei Eintritt des Pflegefalls weitgehend schließt. Hinzu kommen Entgelterhöhungen in mehreren Schritten. Dem durch die Digitalisierung wachsenden Bedarf an Weiterbildung wollen die Tarifparteien mit einer Qualifizierungsoffensive begegnen.
Das Tarifpaket entspricht einem Gesamtvolumen von 6 Prozent Entgeltsteigerung.
„Der Abschluss zeigt, dass sich mit einer starken und kompetenten IG BCE in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten tarifpolitische Innovationen für die Beschäftigten durchsetzen lassen“, sagte der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis. „Mit dem Zukunftskonto und der tariflichen Pflegezusatzversicherung gehen wir einmal mehr neue Wege und gestalten wichtige Themen für eine sichere und gute Zukunft unserer Mitglieder.“
„Wir haben einen kräftezehrenden Verhandlungsmarathon hinter uns“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der IG BCE, Ralf Sikorski – gleichzeitig Verhandlungsführer. „Aber es hat sich gelohnt, bis zuletzt für die Belange der Beschäftigten zu ringen. Nichts brennt ihnen derzeit so auf den Nägeln wie die wachsende Arbeitsverdichtung und die Frage finanzieller Sicherheit im Alter.“
Der Abschluss sieht im Einzelnen vor:
• Die Schaffung eines individuellen Zukunftskontos für jeden Beschäftigten und Auszubildenden. Es startet 2020 mit zwei freien Tagen und wächst bis 2022 auf fünf freie Tage pro Jahr oder 23 Prozent eines tariflichen Monatseinkommens. Dazu haben beide Seiten den Tarifvertrag „Moderne Arbeitswelt“ entwickelt, der eine Verwendung des Guthabens für unterschiedliche Zwecke vorsieht: Freie Tage können beispielsweise jährlich genommen, auf Langzeitkonten angespart oder für die Altersvorsorge verwendet werden. Auch eine Auszahlung der Tage in Geld ist möglich. Die konkreten Wahloptionen regeln die Betriebsparteien. Dabei soll die Möglichkeit, das Guthaben für zusätzliche Freizeit zu verwenden, Bestandteil sein. Auszubildenden wird das Guthaben auf dem Zukunftskonto in Geld ausgezahlt.
• Die Einrichtung der bundesweit ersten Pflegezusatzversicherung zum 1. Juli 2021, die für alle Arbeitnehmer ab sechs Monaten Beschäftigung greifen soll. Die Versicherungsprämie tragen die Arbeitgeber. Bei Eintritt des Pflegefalls deckt die Versicherung bei stationärer Pflege bis zu 1000 Euro, bei ambulanter Pflege bis zu 300 Euro der Kosten. Die Pflegeversicherung wird ohne Gesundheitsprüfung abgeschlossen, sie kann privat aufgestockt oder auf Familienmitglieder ausgeweitet werden.
• Entgelterhöhungen in mehreren Stufen: Die Löhne und Gehälter steigen zum 1. Juli 2020 um 1,5 Prozent für zwölf Monate und um 1,3 Prozent zum 1. Juli 2021 für weitere neun Monate. Den Zeitraum bis Juli 2020 decken Einmalzahlungen ab, die aufgrund einer Harmonisierung der Gültigkeitszeiträume der Tarifverträge regional differieren. Sie liegen für Tagschicht-Beschäftigte zwischen 4 und 6 Prozent des Monatsentgelts. Von 2021 an steigt zudem die tarifliche Jahresleistung von derzeit 95 auf 100 Prozent eines Monatsgehalts.
• Die „Qualifizierungsoffensive Chemie“, mit der die Tarifparteien die Beschäftigten für neue Anforderungen durch die Digitalisierung weiterbilden wollen. Dazu gehört unter anderem die Programmierung eines Tools, mit dem notwenige Qualifizierungsbedarfe ermittelt werden sollen sowie eine Weiterbildungsberatung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter anderem durch die Bundesagentur für Arbeit.
Die Laufzeiten der Tarifverträge variieren nach Regionen, sie liegen zwischen 27 und 29 Monaten. Damit werden die Gültigkeitsdaten für die Zukunft harmonisiert. Alle Tarifverträge enden am 31. März 2022. Die Tarifkommission der IG BCE hat das Verhandlungsergebnis einstimmig angenommen.
Weitere Statements der Verhandlungspartner finden Sie zeitnah unter https://igbce.de/igbce/presse.
Bürgerreporter:in:Torsten Falke aus Augsburg |
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