KERNENERGIE UND ERDGAS: WAS IHRE AUFNAHME IN DIE TAXONOMIE RECHTFERTIGT

Um die EU-Klima- und Energieziele für 2030 und die Ziele des europäischen Umweltabkommens zu erreichen, ist es lebenswichtig, in nachhaltige Projekte und Aktivitäten zu investieren. Der Aktionsplan für nachhaltige Wachstumsfinanzierung forderte die Schaffung eines gemeinsamen Klassifizierungssystems für nachhaltiges Wirtschaften oder einer „EU-Taxonomie“. Die Taxonomie-Verordnung ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten. Sie legt 4 übergeordnete Bedingungen fest, die eine Wirtschaftstätigkeit erfüllen muss, um als nachhaltig zu gelten.
Im Januar 2021 schlug die EU-Kommission vor, Erdgas und Kernenergie als grüne Quellen einzustufen. Nach dem Vorschlag der EU-Kommission sollen Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke vorübergehend für umweltfreundlich gehalten werden, da sie Europa dabei helfen, von einer schmutzigen fossilen Vergangenheit in eine grüne Zukunft zu gelangen und das Ziel zu erreichen, die CO2-Emissionen bis 2050 zu verringern.
Die meisten Fragen und Streitigkeiten wurden durch die Kernenergie verursacht. Die meisten europäischen Länder setzen sich Atomausstieg im Rahmen einer grünen Übergangsstrategie zum Ziel und wollen CO2-Neutralität erreichen. In Deutschland haben sich die meisten Politiker und Minister bereits gegen den EU-Vorschlag ausgesprochen, doch unter Atomforschern herrscht eine ganz andere Meinung.
Nicolas Wendler, Sprecher von KernD (Zentrum für öffentlichen und staatlichen Dialog über Kerntechnik), äußerte seine Meinung in Bezug auf die Aufnahme der Kernenergie in die Taxonomie: „Die Nutzung der Kernkraft trägt neben dem UN-Nachhaltigkeitsziel des Klimaschutzes auch zu den Zielen des bezahlbaren Zugangs zu sauberer Energie, der Entwicklung von Industrie, Infrastruktur und Innovation, guter Arbeit und wirtschaftlichem Wachstum, Verringerung der sozialen Ungleichheit und zur Erhaltung der Biodiversität bei. Nicht zuletzt ist die Kernkraftnutzung auch Gegenstand intensiver internationaler Kooperation.“
Es ist ein Wunder, dass man in vielen Ländern nur im Zusammenhang mit der Stromerzeugung über Kernenergie spricht und ihre andere ebenso wichtige Anwendungsbereiche vergisst. „ Die Anwendung der Kernenergie in anderen Bereichen als der Stromerzeugung ist weniger umstritten, mit Ausnahme natürlich der militärischen Nutzung, die in den meisten Staaten auf noch deutlich stärkere Ablehnung stößt. Insoweit sind der Einsatz von kerntechnischen Verfahren oder radioaktiver Strahlung in der Pflanzenzucht, bei der Schädlingsbekämpfung, der schonenden Sterilisation von Medizinprodukten und Lebensmitteln, bei Diagnose und Therapie in der Medizin, bei zerstörungsfreien Prüfungen und anderen industriellen Anwendungen, bei der Boden- und Grundwasseranalyse sowie in Forschung und Entwicklung von der Archäologie bis zur Luft- und Raumfahrttechnologie meist nicht Gegenstand politischer Behinderungen und können sich entfalten. Diese Anwendungen der Kerntechnik leisten wichtige Beiträge zur Bekämpfung von Armut und Hunger, zur Gesundheit und Wasserversorgung, zur industriellen Entwicklung und zur Infrastruktur. In Deutschland wird allerdings von manchen sogar der Betrieb von Forschungsreaktoren in Frage gestellt, obwohl diese für Grundlagenforschung und angewandte Forschung unverzichtbar sind und oft wichtige Radioisotope - etwa für die Medizin - erzeugen.“ sagt Wendler.
Trotz heftiger Kritik behördlicherseits vieler EU-Mitgliedsstaaten hat die EU-Kommission im Februar 2022 beschlossen, Erdgas und Kernenergie als „grüne“ Energieträger einzustufen. Der verabschiedete Gesetzgebungsakt entspricht jedoch nicht einmal dem ursprünglichen Projekt und mildert die Anforderungen an Gaskraftwerke. Insbesondere wurden die Forderungen der Bundesregierung erfüllt, die auf eine Flexibilisierung der Kriterien für Gas bestanden.

Bürgerreporter:in:

Dagmar Vogt aus Augsburg

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