Gemeinsam gegen Antisemitismus
Jugendliche aus vier Kontinenten mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen diskutieren respektvoll miteinander
Bereits zum siebten Mal kamen Jugendliche mit sehr unterschiedlicher Herkunft in den Räumen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Hochzoll zusammen und diskutierten friedlich zu Themen des aktuellen Weltgeschehens. Mit diesem respektvollen Gespräch setzten sie wieder ein positives Zeichen für ihre Generation, für die Zuhörer und die Öffentlichkeit in der Friedensstadt Augsburg.
Erneut hat Gottfried Morath vom Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ es geschafft, sieben Jugendliche im Alter von 17 bis 28 Jahren aus verschiedenen Kontinenten in einer Gesprächsrunde zusammenzubringen, um mit Respekt miteinander zu diskutieren. Diesmal drehte sich alles um das wichtige Thema „„Was können wir gegen den Antisemitismus tun?“
Alle drei Weltreligionen waren vertreten. Die Runde war damit wieder international, multikulturell und interreligiös. Moderiert hat diesen Abend der 25-jährige Daniel Leichtle, der in Augsburg Juso-Mitglied ist. Die Jugendlichen diskutierten im Anschluss noch sehr kontrovers mit den Zuhörern. Darunter waren der Vorstand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Gerhard Schröder, und Kyra Schneider vom Friedensbüro der Stadt Augsburg. Über ihre guten Kontakte und ihre positiven Erfahrungen mit Israelis sprachen Günter und Benedikt Wurm. Passend zum Thema Antisemitismus hat Michael Mumba aus Sambia die Veranstaltung auf seiner Gitarre mit einem afrikanischen Lied zur Freiheit eröffnet.
Der 18 Jahre alte Austauschschüler Sebastian Arroyo aus Bolivien hatte diesmal die weiteste Anreise. Der 17-jährige Sam Longlet, der schon letztes Mal beim Gespräch mitwirkte, stammt aus den USA. Zudem sitzen die Deutsche Theresa Nowak, eine 17 Jahre alte Schülerin am Stetten-Gymnasium, der Asylbewerber Michael Mumba aus Sambia, Rasta, der 20 Jahre alte katholische Benedikt Wurm aus Mering und der Nahost- wissenschaftler Maximilian Feldmann in der Runde.
Feldmann ist deutscher Jude aus München. Der 28-Jährige berichtete über seine umfangreichen Erfahrungen mit dem Antisemitismus und wo es ihn gibt. „Er ist überall. Schon als Kind habe ich damit Erfahrungen gemacht. Falsche Berichte und massive Hetze von der linken Seite sind gefährlich“, sagt Feldmann. „Nach dem zweiten Weltkrieg sah man auf die Juden herab, aber viele Menschen sind gute Menschen. Er forschte zum Zwecke seines Studiums in Israel. Auch die Juden haben ein Recht auf eine Heimstätte. Doch was sind die Gründe für diesen Hass gegen die Juden? Es sei mehr Rassismus und Antizionismus. Denn Juden dürften nicht tun, was andere dürfen. Es gebe Verschwörungstheorien, Angst und Unbehagen würden geschürt und das Recht auf Leben werde abgesprochen“, weiß Feldmann.
„Die Menschen wollen es nicht verstehen“, sagt Sam Longlet. Asylbewerber Michael Mumba spricht von Neid, Eifersucht und Vermögen. In seiner Heimat sei Antisemitismus aber kein großes Problem. Sebastian sieht das genauso für sein Heimatland Bolivien.
Lange Zeit waren die Juden nur die Minderheit in vielen Ländern. Sie hatten keinen eigenen Staat. „Die Kritik an der israelischen Regierung ist zulässig. Wir haben Demokratie“, so Feldmann. Doch was können die jungen Menschen gegen den Antisemitismus tun?
Der Deutsche Benedikt Wurm sucht den Austausch mit Israel und redet mit den Juden. Man müsse sie verstehen. „Denn nur wenn wir uns verstehen, können wir miteinander arbeiten und leben“. „Hier müssten aber auch Wissenschaften und die Politik helfen“, sagt Michael Mumba. Theresa Nowak fordert mehr Aufklärung, und zwar bereits in der Schule, wo die Grundlagen der Geschichte mit den Juden vermittelt werden müssten. Sam Longlet aus den USA ist der Meinung, dass man den Anfängen wehren müsse, sich mutig gegen antisemitische Äußerungen wenden solle und Grenzen aufzeigen müsse. Sebastian Arroyo aus Bolivien ist dafür, Vorurteile zu bekämpfen. „Es müssen positive Erfahrungen vermittelt werden. Man muss sich austauschen, viel reisen und die Menschen kennenlernen“, so Arroyo.
Miteinander sprechen, sich begegnen und gegen Vorurteile wehren
„Letztendlich sei die Schule wichtig für die Vermittlung der Tatsachen und der Geschichte. Denn die Namen der Opfer sind weniger bekannt als die der Täter“, weiß Maximilian Feldmann. „Die Minderheiten müssen geschützt werden und die Lebensgeschichten der Opfer vermittelt werden“.
Fazit des Gesprächs: Man muss sich begegnen und gegen Ungerechtigkeiten und Vorurteile aufstehen.
Mit ihrem hebräischen Friedenslied, das von einem Menschen handelt, der Gutes tun möchte, sorgte Annemarie Wurm aus Mering für einen emotionalen Schlusspunkt dieses Abends. Michael Mumba hat das Lied „Dankeschön“ gesungen und auf der Gitarre gespielt. Zusammen mit seinem Freund Ajuba, der dazu getanzt hat, haben auch beide für einen begeisternden emotionalen Abschluss gesorgt.
„Die Grundlage für die Lösung von Problemen ist ein respektvolles Gespräch mit gutem Willen. Für Jugendliche gibt es bisher nur wenige Gespräche dieser Art, schon gar nicht in dieser bunten Zusammensetzung. Jeder soll erkennen, dass ein konstruktives und interessantes Gespräch möglich ist. Und das ist den Jugendlichen heute Abend wieder hervorragend gelungen“, sagt Gottfried Morath. Damit werde ein wichtiges öffentliches positives Zeichen gesetzt.
Das war vorerst das letzte Jugendgespräch, das er selbst organisiert hat. Das Friedensbüro der Stadt Augsburg möchte dieses Format im Rahmen des Friedensfestes übernehmen.
Simon Jacob von der Organisation „Project Peacemaker e. V.“ hat im Anschluss an das Gespräch seine Arbeit vorgestellt und Maximilian Feldmann interviewt. Er bereist viele Länder auch außerhalb Europas und will in seinem Film zeigen, dass Menschen trotz der Unterschiede sehr wohl miteinander friedlich leben können. Sein Film wird voraussichtlich am 11. Mai 2019 im Zeughaus der Stadtbücherei Augsburg gezeigt.
Bürgerreporter:in:Sabine Roth aus Friedberg |
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