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Philipp Scharri live – ein Bericht über „Der Klügere gibt Nachhilfe“ am 14.04.2011 in der Kresslesmühle Augsburg

Philipp Scharrenberg ist Slam-Poet. Zumindest hat „Scharri“, wie er sich nennt, auf der Bühne von Poetry Slams angefangen. Er hat auch Philosophie studiert. Oder, wie er sagt: „Magister auf Hartz IV“. Inzwischen hat „Scharri“ genügend Texte aus seiner Slam-Zeit beisammen, um einen Abend alleine zu füllen.

Was er macht ist weder Kabarett in seiner typischen Form, noch eine Dichterlesung. Aber ein Solo-Poetry Slam ist es eben auch nicht. Denn er spielt auch ein bisschen Klavier. Oder Gitarre ohne Corpus, Saiten und den ganzen sperrigen Schnickschnack – sondern mit einer Art Zeichenstift auf einer Art Minicomputer. Außerdem benutzt er Requisiten. Wurstgläser mit politischem Etikett beispielsweise. Oder eine unterhaltsame und gleichzeitig lehrreiche Beziehungstafel.

Scharri macht Kabarett-Poesie
„Scharri“ nennt seine abendfüllende Performance „Kabarett-Poesie & Stand up-Poetry“. Wie das bei vielen Größen der Slam Poetry Szene so ist, die ein eigenes Programm auf die Beine stellen – er spielt vor wenigen Zuschauern. In der Kresslesmühle in Augsburg waren es am Donnerstag, 14.04.2011, gerade einmal 31 Leute, die zuhörten und zusahen, wie sich Philipp Scharrenberg auf der Bühne abrackerte. „Der Klügere gibt Nachhilfe“ hieß das Programm. Intellektuell, anspruchsvoll, wortgewaltig, mit viel Gestik. Mal lehrreich, mal lustig, mal lyrisch, mal persönlich und oft auch eine Mischung aus alledem.

Wurzeln im Poetry Slam
Nicht jede Pointe zündete. Es dauerte ein bisschen, bis sich die Zuschauer trauten, zu lachen. Wie das in Augsburg oft so ist, wenn das Publikum zahlenmäßig in eine familiäre Atmosphäre „gezwungen“ wird. Wofür weder „Scharri“, noch die Kresslesmühle etwas können. Mit einem Reimgewitter zum Thema „krank“ startete er mit sprachgewaltiger Performance seinen Auftritt in der „Mühle“. Beim anschließenden, gestenreichen „Dichterduell“ gab er einen Einblick in seine Bühnen-Herkunft – den Poetry Slam. Anschließend analysierte Philipp Scharrenberg, wie gefährlich doch Sprache ist und bemerkte treffend, dass sich durch Begriffe permanent jemand diskriminiert fühlt.

Political Correctness für die Deutsche Bahn
Ein Beispiel: Bei „Personen mit Mobilitätseinschränkung“ denkt „Scharri“ nicht an Behinderte, sondern in erster Linie an die Deutsche Bahn. Ein anderer Fall: Einst wurde es unkorrekt, „Neger“ zu sagen. Brave Bürger benutzten dann das Wort „Schwarzer“ bevor „Farbiger“ draus wurde. Jetzt sagt man „Maximalpigmentierter“. Irgendwann gehen diese Wortänderungen im Zuge der political correctness doch nicht mehr weiter, meinte Philipp Scharrenberg und sponn den Faden für die Zukunft weiter, machte unter anderem aus Kleinwüchsigen „vertikal Benachteiligte“.

FDP-Würstchen und Diktatoren durch den Kakao gezogen
Anschließend hackte „Scharri“ auf der FDP herum. Er illustrierte mit einem authentisch gestalteten Wurstglas, dass FDP-Politiker – Ansage von Philipp Rösler hin oder her – eben doch Würstchen seien und kam mit seinem Slam-Text „Kochen bei Kants“ zum Schluss, dass Philosophen den Brei verderben. Schließlich sprang er in Sachen Artenschutz zurück zu den „Maximalpigmentierten“. „In Nordafrika sterben die Diktatoren aus“, leitete Philipp Scharrenberg ein Lied „aus der Werkstatt“ ein. Endlich lachte das Publikum in Augsburg – und zwar wie. Die Bärte der Diktatoren hatten es den Zuhörern in der Kresslesmühle angetan.

Reime von der Kresslesmühle ins Radio
Auch die Aufschlüsselung der „Was is’n das jetzt mit uns beiden?“-Tafel fand in Liedform großen Anklang – trotz vieler Formeln nicht nur bei Mathematikern. Nach der Pause spielte Filmvorführer „Scharri“ einen Trailer ab. Natürlich keine visuellen Filmausschnitte, sondern eine onomatopoetisch und gestisch dargebotene Kino-Ankündigung zum Blockbuster „Marihuana Jones“. Danach ließ Philipp Scharrenberg das Augsburger Publikum per Applaus darüber entscheiden, ob sein nächstes Gedicht es als „Philipp Scharri macht sich seinen Reim auf die Woche“ in die heutige Radiosendung von „SWR 2 am Morgen“ schafft. Nun wurde mit Politikern, einer Sandwich-Kette und der Verdummung der Jugend abgerechnet. Gleichzeitig.

Demo-Song als Mitmach-Zugabe
Was das alles mit „Der Klügere gibt Nachhilfe“ zu tun hat? „Scharri“ ist ein kluger Kopf, wortgewaltig. Nachhilfe-Elemente in Sachen Beziehungsphilosophie und Political Correctness bot er auch an. Aber letztendlich musste doch nur ein Titel für das Programm her. Denn Unterricht machte „Scharri“ nicht, wie er ziemlich am Anfang betonte, um die Stimmung etwas aufzulockern. Als Zugabe gab’s die Kurzgeschichte „Der Briefträger von Fabuland“, in der Philipp Scharrenberg Kindergarten-Erlebnisse mit dem „langen Lars“ und selbstgebasteltem Spielzeug mit einem Augenzwinkern verarbeitete. Obendrein philosophierte er im phyikalischen Tiergedicht „Katze mit Brot“ noch über Gesetzmäßigkeiten und animierte das Publikum beim „Dagegen“-Song „Ich bin das Volk!“ zum Ausklang des Programms noch zum Mitmachen.

Die weiteren Tourdaten von Philipp Scharri gibt's bei superscharri.de, das Programm der Kresslesmühle auf der Website der "Mühle".

"Ich bin das Volk!" als Video:

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