Die Kaufmannsdynastie der FUGGER / Augsburg:
Die Fugger „vom Lechfeld“ waren eine schwäbische Kaufmannsfamilie des ausgehenden Mittelalters im Übergang zur Neuzeit (14.-16.Jhdt). Der Begründer dieses Geschlechts – Hans Fugger ((? – 1408/09) stammte ursprünglich aus Graben/Lechfeld, der 1367 nach Augsburg auswanderte und sich dort als Weber niederließ. Er spezialisierte sich auf die Fertigung von Qualitätstischwäsche, übernahm dann wichtige Zunftmeisterämter dessen Geschäft dann 1377 nach Nürnberg expandierte. Zusammen mit seinem Bruder Ulrich Fugger einem ebenfalls erfolgreichen Geschäftsmann gilt er als einflussreichster Händler und schwört 1393 dem Augsburger Stadtrat eine „gerechte Steuer“ – einem Zeichen allgemeiner steuerrechtlicher Wertschätzung.
Nach der Ermordung Ulrich Fuggers fällt dessen Besitz an die Familie von Hans und Elisabeth Fugger. Hans und seine Frau Elisabeth haben 2 Söhne - Andreas (*1394/95 – †1457/58), der zum Stammvater der der Fugger „vom Reh“ wurde, sowie Jakob Fugger d. Ä. (nach *1398 – †1469), dem Stammvater der Fugger „von der Lilie“. Mit Andreas Fugger kommen Kontakte zur Metropole Venedig (damals ca. 200.000 Einwohner) der die „doppelte Buchführung“ dort kennenlernte, und dessen Geschäft sich danach von der Tuchmacherei zum Großhandel entwickelte.
Nach der Aufteilung des Familienvermögens im Jahr 1455 gingen die beiden Familien völlig getrennte Wege. Durch die Zahlungsunfähigkeit der Familienlinie Fugger „vom Reh“ endete dieser Familienzweig Ende des 15.Jhdt. Diese Fehlentscheidung wurde durch einen ungenügend abgesicherten Kredit an Erzherzog Maximilian I. verursacht, weshalb die Fugger „vom Reh“ deshalb in Zahlungsschwierigkeiten, kamen und deren Firma bankrott gingen.
Die Familie der „Fugger von der Lilie“ erlangte unter Jakob Fugger (*1459 - †1525) „dem Reichen“ und seinem Neffen Anton Fugger Weltgeltung. Das weitverzweigte Handelsnetz und die Niederlassungen des Fugger-Imperiums erstreckte sich zu diesem Zeitpunkt von Südamerika über Afrika bis Indien. Zu den bedeutendsten Kunden zählten u.a. 4 Päpste, sowie die Habsburger Dynastie mit Maximilian I., Karl V. und Ferdinand I., sowie Könige von Deutschland, Spanien, Portugal England, Dänemark, Ungarn, als auch der Medici in Florenz. Durch die weitverzweigten Handelsbeziehungen stieg dieser Familienzweig ab 1511 in den Adelsstand auf, ab Mitte des 16. Jahrhunderts hatten diese auch hohe kirchliche und weltliche Ämter inne.
Durch die primäre Unterstützung der Habsburger Monarchie mit Maximilian I. (*1459 – †1519), wurde insbesonders die europäische Politik durch die Augsburger Patrizierfamilie geprägt. Mit Beginn des professionellen Erzabbaus, insbesondere dem Silber- und Kupferbergbau, entstand damit auch das Montanunternehmen „Ulrich Fugger und Gebrüder von Augsburg“ zu denen u.a. Niederlassungen in Tirol, Ungarn, Thüringen und der heutigen Slowakei zählten.
Ebenso einzigartig waren auch die verschiedenen architektonischen Baugründungen der beginnenden Renaissance – der von Albrecht Dürer geplanten Fuggerkapelle St. Anna-Kirche, dem Dominikanerklosterkirche St. Magdalena (heutiger Sitz des römischen Museums in Augsburg, weiterhin heutigen Sehenswürdigkeiten im Augsburger Umland, dem „Neuen Schloss“ in Weißenhorn, als auch die Fuggerschlösser in Kirchheim und Babenhausen im Unterallgäu.
Einmalige Berühmtheit erlangte die Stiftung der 1521 -1523 errichteten Augsburger „Fuggerei“ dem ersten sozialen Wohnbau Europas. Hier entstanden in den ersten Jahren ca. 52 Häuser für bedürftige Handwerker und Tagelöhner. Ursprünglich geplant war diese Siedlung für Augsburger Mitbürger, die unverschuldet verarmt waren und einen Hausstand außerhalb der Sozialsiedlung gründen wollten. Mit der Jahresmiete von „1 rheinischen Gulden“ (Wochenlohn eines Handwerkers) verpflichtete sich der/die Bewohner zur Gegenleistung von 3 Gebeten (dem Vaterunser, dem Glaubensbekenntnis und dem Ave-Maria) für den Stifter Jakob Fugger und seiner Familie.
Der Enkel von Jakob Fugger (dem Reichen) - Hans Fugger (*1531 - †1598), Freiherr Fugger; Herr zu Kirchheim, Glött, Mickhausen, Stettenfels und Schmiechen, war der zweite Sohn des Anton Fugger (*1493 - †1560) und Anna Rehlingen, vergrößerte das Familienimperium., Durch seine profunde kaufmännische, kulturelle und philosophische Ausbildung entwickelte sich das Handelsunternehmen der Fugger in unterschiedlichsten Bereichen, dessen Einflussbereich sich nun von den Niederlanden über Spanien bis ins heimatliche Augsburg erstreckte. Zusammen mit der Familie „von Taxis“ wurde auch das Postwesen entwickelt, das mit zum Aufstieg der Handelsbeziehungen beitrug.
Bis Ende des 16. Jhdt. schuf die Fuggerdynastie einen einzigartigen Güterkomplex in Schwaben/Bayern bis ins Elsaß und nach Ungarn. Mit dem wachsenden Besitz der nachfolgenden Generationen änderte sich auch das soziale Umfeld und die Heiratspolitik. Die Familie wuchs in den Adelsstand, u. a. nach 1620 entstehenden Familiendynastien der „Grafen Fugger von Kirchberg und zu Weißenhorn“, der „Fugger von Glött“ sowie der „Fugger von Babenhausen“. Insbesonders das repräsentative „Kirchheimer Schloß“ war zu dieser Zeit wohl das berühmteste Kleinod für die damaligen Kaiser und Reich. Im Zedernsaal hing auch das Portrait des Kaisers und der div. Kurfürsten aus jener Zeit.
Das späte 16.Jhdt., bis zur Zeit des 30jährigen Krieges, war überwiegend geprägt durch Söldnerheere mit selbständigen Söldnerführern, dessen bekanntester Vertreter u.a. „Ott-Heinrich Fugger“ (Enkel von Hans Fugger) war. Man verzeichnete in dieser Periode bis zu 7 Fugger, im späteren 17.-18.Jhdt. bis zu 16 Fugger, die sich in militärischen Diensten befanden.
Graf Anselm Maria Fugger (*1766; †20. November 1821 in Babenhausen), Herr zu Babenhausen, Boos, Kettershausen und Heimertingen, Wellenburg und Biberbach, wurde vom letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, dem Habsburger Franz II., in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben. Die Herrschaften Babenhausen, Boos und Kettershausen bildeten gemeinsam das Fürstentum Babenhausen, das am 15. September 1806 besetzt und ins Königreich Bayern eingegliedert wurde
Heute leben von der Familie Fugger noch die Grafen Fugger von Kirchberg und zu Weißenhorn, Fürst Fugger von Glött (Fuggerschloss Kirchheim/Schwaben), sowie Fürst Fugger von Babenhausen (Schloss Wellenburg und Schloss Babenhausen). Zeugnisse dieser Familiendynastie sind heute noch die Fuggerschen Stiftungen, sowie die 3 Museen – das Fuggermuseum auf Schloss Babenhausen, das Fuggereimuseum in der Augsburger Fuggerei und das Museum im Weltkriegsbunker in der Fuggerei, die an die wechselhafte Geschichte von sechseinhalb Jahrhunderten der Familie Fugger „von der Lilie“ erzählen.
Gez. Alfred Platschka (Webmaster: Lechrain-Geschichte)
Weblinks:
http://www.lechrain-geschichte.de/SRV_Aktuelles.ht...
http://www.lechrain-geschichte.de/KSW_Reg_MDH%20Ki...
http://www.lechrain-geschichte.de/SDG_NZF_Fugger_D... http://www.fugger.de/de/l4_fuggerarchiv_materialie...
Quellenverzeichnis:
• Johannes Burkhardt (Die Fugger und das Reich), ISBN 978-3-89639-681-5; Augsburg 2008
• Mark Häberlein: Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367–1650). Kohlhammer, Stuttgart 2006
• Materialien zur Geschichte der Fugger (Hg. Fugger-Archiv)
Eine informative Ergänzung zur Stadtführung anlässlich des mh-Treffens in Augsburg